Müller-Wohlfahrt schießt die Münchner – “Tief getroffen”

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Nach über 40 Jahren im Klub

“Tief getroffen” – Müller-Wohlfahrt schießt gegen Bayern


19.03.2025 – 15:46 UhrLesedauer: 2 Min.

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Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt: Der Ausnahmemediziner trägt den Spitznamen “Mull”. (Quelle: Bernd Müller/imago)

Müller-Wohlfahrt gehörte fast ein halbes Jahrhundert zum Inventar des FC Bayern. Seit seinem Abschied 2020 sieht er den Klub distanziert.

Die 125-Jahr-Feierlichkeiten sorgen beim FC Bayern München für große Emotionen. Doch wie schon bei einer offiziellen Veranstaltung Ende Februar fehlte erneut eine lange Jahre prägende Persönlichkeit des Klubs: Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Der ehemalige Mannschaftsarzt der Münchner beobachtete das Jubiläum aus der Ferne. In einem Interview mit dem “Münchner Merkur” erklärte der 82-Jährige die Gründe für seine Zurückhaltung.

Allem voran steht sein Abschied im Jahr 2020, der ungewöhnlich leise verlief. Es habe keine offizielle Verabschiedung, keine Ehrung und keine Geste des Klubs gegeben. “Wissen Sie, wie oft ich von Bayernmitgliedern die Frage gehört habe, warum es keine Standing Ovations, keine Blasmusik, kein Abschiedsgeschenk, kein Essen, keine Geste gegeben habe? Meine Reaktion darauf: die Antwort kann nur der Verein geben”, erklärte Müller-Wohlfahrt.

“Tief getroffen” hätten ihn derweil menschliche Enttäuschungen. “Ich habe von mir aus die Vereinsarzttätigkeit beendet. Der Verein war lange Jahrzehnte Teil meines Lebens”, führte er aus – und haderte im Anschluss mit der Entwicklung des deutschen Rekordmeisters in den vergangenen Jahren. Beispielsweise was das “Mia san Mia”-Gefühl angeht.

Dieses sieht Müller-Wohlfahrt heute nicht mehr so ausgeprägt. “Für mich gehört es eher der Vergangenheit an”, sagte der 82-Jährige und erinnerte an die Zeiten unter Ottmar Hitzfeld und Jupp Heynckes. Damals habe das Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb des Klubs noch stärker im Vordergrund gestanden.

Heute vermisst Müller-Wohlfahrt die enge Bindung vieler Spieler zum Verein. “Der FC Bayern war eine Familie, heute ist er aber mehr und mehr zu einem Großunternehmen geworden”, erklärte er.

Seinen Einstieg beim FC Bayern hatte Müller-Wohlfahrt im Jahr 1976 – und dieser verlief ungewöhnlich. Aufgrund langer Grenzkontrollen kam er aus Berlin zu spät zu seinem Vorstellungsgespräch in München. Doch der damalige Bayern-Manager Robert Schwan hielt das Gespräch kurz: “Machen wir es kurz. Wir suchen einen Arzt wie Sie, können Sie sich das vorstellen?” Mit einem Handschlag war die Zusammenarbeit besiegelt.

Schon früh erhielt Müller-Wohlfahrt Rückendeckung von Franz Beckenbauer. Der damalige Kapitän sprach ihm sein Vertrauen aus und sagte: “Du hast drei Jahre Zeit, dich zu entwickeln. Sieh’ zu, dass du der beste Sportarzt in Deutschland wirst.”

Auch mit Uli Hoeneß arbeitete Müller-Wohlfahrt eng zusammen. Der damalige Manager sei bei fast jeder Behandlung anwesend gewesen, um die Spieler zu unterstützen. “Ich habe das akzeptiert, weil Uli engagiert und interessiert war”, erklärte Müller-Wohlfahrt. Mit der Zeit entwickelte sich zwischen beiden ein enges Vertrauensverhältnis.

In seiner Zeit als Mannschaftsarzt musste Müller-Wohlfahrt immer wieder schwierige Entscheidungen treffen. So erinnert er sich an eine Szene mit Branko Oblak, der trotz eines Zehenbruchs trainieren sollte. Müller-Wohlfahrt holte den Spieler damals vom Platz und setzte sich in einer Vorstandssitzung durch: “Bei uns wird gemacht, was der Doktor sagt”, hatte Klubpräsident Wilhelm Neudecker damals klargestellt.

Nach einer vorübergehenden Pause kehrte Müller-Wohlfahrt im Jahr 2017 zum FC Bayern zurück, nachdem ihn Uli Hoeneß und Hasan Salihamidžić darum gebeten hatten. Die Mannschaft habe damals dringend Hilfe gebraucht, sagte der Arzt.