Die Wahrscheinlichkeit, dass die amerikanische Wirtschaft in eine Rezession abrutscht, ist in den zurückliegenden zwei Monaten zwar gestiegen – aber sie ist nicht hoch. Davon geht zumidest der Chef der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve, Jerome Powell, aus, wie er nun darlegte. Washingtons Notenbankdirektoren halten für realistisch, dass sich das Wirtschaftswachstums in der größten Ökonomie der Welt abschwächt. Tatsächlich sehen sie die Konjunkturentwicklung in den USA nun merklich pessimistischer als noch im Dezember: Für dieses Jahr erwarten sie bloß noch ein Wirtschaftswachstum von 1,7 Prozent, nachdem sie vor drei Monaten noch von einer Zuwachsrate von deutlich mehr als 2 Prozent ausgegangen waren.
Gleichwohl veranlasste sie dies aber nicht dazu, jetzt die Leitzinsen zu verringern. Diese bleiben zunächst weiter in der Bandbreite zwischen 4,25 und 4,5 Prozent. Dort verharren sie schon seit drei Monaten.
Das liegt auch daran, dass die Inflation immer noch leicht höher ist als die gewünschte Zielmarke von 2 Prozent. Und hier kommt das nächste brisante Problem: Die amerikanischen Zentralbanker rechnen in diesem Jahr damit, dass sich die Teuerungsrate erhöhen wird. Zwar nur leicht von 2,5 Prozent im Januar auf 2,7 Prozent. Doch der Anlass für die neuen Erwartungen hat es in sich – es sind die vom Präsidenten Donald Trump eingeführten Importzölle, sagte Notenbankchef Powell. Er hält für möglich, dass die Notenbank infolgedessen länger braucht, um die Teuerungsrate zu drücken.
Immigration, Deregulierung, Fiskalpolitik
Der wichtigste Grund dafür, dass Powell und seine Kollegen diesmal stillhielten, liegt indes darin, dass sie im Einklang mit nahezu allen professionellen Konjunkturbeobachtern keinen blassen Schimmer haben, wie sich die Wirtschaftsagenda der Trump-Regierung auf die Konjunktur und auf die Preisentwicklung auswirken wird. Die größte Prognoseunsicherheit herrscht in Bezug auf die Zölle, die Trump schon verhängt hat, noch verhängen will – und wie die Handelspartner diese vergelten.
Im Moment hält die Federal Reserve an dem Basisszenario fest, dass die Zölle nur vorübergehend auf die Preisentwicklung wirken würden. Das heißt nicht, dass Zölle keinen Effekt hätten, sondern nur, dass sie nicht zwangsläufig eine Preissteigerungsspirale auslösen. Powell sagte aber auch, dass es wirklich unklar sei, wie sich die Zölle auswirken werden.
Und seine Unsicherheit bezieht sich nicht auf die Handelspolitik allein. Die Folgen von Trumps Immigrationspolitik, der Deregulierung und der Fiskalpolitik sind für die Währungshüter ebenfalls schwer zu prognostizieren.
Ein genaues Augenmerk schenken Powell und seine Kollegen stets den Inflationserwartungen. Denn wenn diese ins Rutschen kommen, dann droht jene Entwicklung, die Zentralbanker am meisten fürchten: In Erwartung von höheren Preisen setzen Wirtschaftsakteure selbst höhere Preise und Löhne durch – und lösen damit die Inflation aus, die sie erwarten.
Kurzfristig weisen die Inflationserwartungen nach zwar oben, was ziemlich eindeutig durch Trumps Zollpolitik verursacht ist. Die mittel- und langfristigen Inflationserwartungen aber wirken immer noch stabil, sagt (und hofft) Powell.
Die Aktienkurse steigen leicht
Ein anderer Fokus der Währungshüter ist der amerikanische Arbeitsmarkt und hier besonders die Frage, wie sich die Entlassungen entwickeln. Seit rund einem halben Jahr beträgt die offizielle Arbeitslosenquote ziemlich stabil ungefähr 4 Prozent. Es werden im historischen Vergleich wenige Leute entlassen, aber auch wenige Leute eingestellt. Die durch die von Trumps Berater und Mitarbeiter Elon Musk geleitete DOGE-Einheit exekutierten Massenentlassungen in der Bundesverwaltung fallen bisher kaum ins Gewicht in dieser Statistik, führte Powell aus. Das könne sich aber ändern.
Die Anleger an den Finanzmärkten reagierten immerhin positiv auf die Aussagen des Notenbank-Präsidenten. Und dies vor allem deshalb, weil die Mehrheit der Zentralbanker immer noch zwei Leitzinssenkungen in diesem Jahr für wahrscheinlich hält. Die Kurse von Aktien und Staatsanleihen erholten sich, auch der Wert des Dollars stieg. Bislang.