Warum immer mehr ältere Frauen sterben

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Immer weniger Frauen sterben in Europa an Brustkrebs – mit einer Ausnahme. Bei den über 80-Jährigen steigen die Todeszahlen. Woran liegt das?

In diesem Jahr werden in Europa voraussichtlich rund 90.100 Frauen an Brustkrebs sterben – 5.000 mehr als noch 2020. Das geht aus einer aktuellen Analyse der Universität Mailand hervor, die im Fachjournal “Annals of Oncology” veröffentlicht wurde. Die gute Nachricht: Insgesamt sinkt die Brustkrebssterblichkeit bei Frauen. Die schlechte: Bei den Hochbetagten nimmt sie deutlich zu.

Während sich die Zahlen also insgesamt positiv entwickeln, zeigt sich ein deutlicher Altersunterschied: Bei jüngeren und mittelalten Frauen sinkt die Sterberate – in Europa insgesamt um 7,25 Prozent, in Deutschland sogar um 14,07 Prozent. Bei Frauen über 80 Jahren dagegen steigt sie: von 185,89 auf 204,14 Todesfälle pro 100.000 – ein Anstieg von 9,82 Prozent.

Eine Erklärung liefert Studienleiter Carlo La Vecchia: “Diese Altersgruppe wird beim Screening oft nicht mehr berücksichtigt.” Auch moderne Therapien wie zielgerichtete Medikamente (etwa Trastuzumab), neue Chemotherapien, Strahlentherapien oder schonendere Operationen kämen bei Hochbetagten deutlich seltener zum Einsatz. Gründe könnten altersbedingte Vorerkrankungen sein, eingeschränkte Belastbarkeit oder Therapieentscheidungen auf Basis des biologischen Alters.

Ein Hoffnungsschimmer: Deutschland hat bereits auf die steigende Lebenserwartung reagiert. Noch bis Mitte 2024 endete das Mammografiescreening mit 69 Jahren. Seit Juli können Frauen bis zum Alter von 75 Jahren daran teilnehmen. Das ist ein wichtiger Schritt – denn beim Screening lassen sich Tumoren oft in einem früheren Stadium erkennen, was die Heilungschancen erhöht. Mehr zur Untersuchungsmethode lesen Sie hier.

Langfristig könnte sich diese Maßnahme auch positiv auf die brustkrebsbedingte Sterberate bei Frauen über 80 auswirken. Denn wer früher diagnostiziert und behandelt wird, lebt im Schnitt länger – auch wenn die eigentliche Krebserkrankung erst im höheren Alter wieder aufflammt.

Trotz der steigenden Zahlen bei älteren Frauen ist Brustkrebs inzwischen nicht mehr die häufigste Krebstodesursache bei Frauen. Diesen Platz hat der Lungenkrebs übernommen – auch das zeigt die neue Analyse. Seit 2020 ist die altersbereinigte Sterberate beim Lungenkrebs bei Frauen um 3,75 Prozent gestiegen. Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) liegt der Anstieg sogar bei 2,99 Prozent. Nur bei Blasenkrebs zeigt sich ein moderater Anstieg von 1,93 Prozent – obwohl die Sterberate bei Männern hier im gleichen Zeitraum um fast neun Prozent zurückgegangen ist.

Die Ursachen dafür sind bekannt. Bei Blasenkrebs gelten vor allem Rauchen, bestimmte chemische Substanzen (aromatische Amine) und chronische Harnwegsinfektionen als Hauptrisikofaktoren. Auch beim Lungenkrebs steht das Rauchen im Vordergrund.

Die Studie macht deutlich: Der medizinische Fortschritt kommt nicht bei allen Bevölkerungsgruppen gleich gut an. Gerade bei Frauen über 80 Jahren besteht Nachholbedarf – sowohl beim Zugang zur Früherkennung als auch bei der Therapie.

Die Studienautoren fordern deshalb ein Umdenken: Nicht das Lebensalter allein sollte darüber entscheiden, ob eine Frau zur Mammografie eingeladen wird oder eine moderne Therapie erhält. Viel wichtiger sei der individuelle Gesundheitszustand.