Die Baywa streicht 1300 Stellen

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Für die Zukunft von Deutschlands größtem Agrarkonzern, der angeschlagenen Baywa AG, hat der Interimsvorstand Michael Baur klare Vorstellungen. „Die Baywa des Jahres 2027 wird ein fokussiertes, zeitgemäßes Handelshaus mit den vier Kerngeschäftsbereichen Agrar, Baustoffe, Energie und Technik sein“, erklärte Baur am Mittwoch per Pressemitteilung. Bis zur angestrebten Fokussierung wird in den kommenden drei Jahren jede sechste Stelle verloren gehen. 1300 von insgesamt 8000 Vollzeitarbeitsplätzen sollen bis 2027 wegfallen.

Der Schwerpunkt dieses radikalen Einschnitts soll in der Zentrale liegen, allein 40 Prozent des Abbaus entfallen auf Verwaltungsfunktionen. In der Fläche will die Baywa 26 von 400 Standorten aufgeben. „Die Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat zu den geplanten Personalmaßnahmen haben begonnen, eine Einigung wird bis Ende März 2025 angestrebt“, hieß es in der Mitteilung.

Die 1923 gegründete „Bayrische Warenvermittlung“ ist ein wichtiger Dienstleister für die Landwirtschaft, sie vertreibt Heizöl und Holzpellets und nimmt Bauern die Ernte ab. Nach einer jahrelangen, zügellosen Expansion hat die Baywa Schulden von fast 6 Milliarden Euro angehäuft. Im Sommer informierte das börsennotierte Unternehmen, das 24.000 Mitarbeiter im In-und Ausland beschäftigt, über eine „angespannte Finanzierungslage“. Seitdem arbeiten Sanierungsexperten von Roland Berger an einem Gutachten, das aufzeigen soll, wie die Baywa überlebensfähig aufgestellt werden kann.

Schwieriges Geschäft mit erneuerbaren Energien

Vorstandschef Marcus Pöllinger musste den Konzern im Oktober verlassen, sein Finanzvorstand Andreas Helber wird ihm schon bald folgen. Interimsvorstand Baur, ein erfahrener Restrukturierer der Beratungsgesellschaft Alix Partners, will die Baywa nun „gesundschrumpfen“. Dabei ist neben dem Stellenabbau auch „die Veräußerung von wesentlichen internationalen Beteiligungen“ geplant. Die so freiwerdenden Mittel sollen zur Stärkung der Liquidität und zur Schuldentilgung eingesetzt werden.

Erster Verkaufskandidat ist seit Monaten die verlustreiche Tochtergesellschaft Baywa r.e., die Solar- und Windparks in aller Welt errichtet, für deren Finanzierung aber die Mittel des Mutterkonzerns über Gebühr beansprucht werden. Zudem stellt auch der Preisverfall im Handel mit Solarpanels die Baywa vor ernste Schwierigkeiten.

Aktionäre sind wieder gefragt

Wie angespannt die Lage ist, war in der jüngsten Quartalsbilanz ersichtlich. In den ersten neun Monaten dieses Jahres ist ein Rekordverlust von 640 Millionen Euro aufgelaufen. Ein Großteil des Verlustes ist auf hohe Abschreibungen zurückzuführen. Im Zuge des hohen Nettoverlust ist die Eigenkapitalquote auf 8,5 Prozent geschmolzen.

Im kommenden Jahr ist eine Kapitalerhöhung gegen Bezugsrecht geplant. Damit sind die Anteilseigner der Baywa einmal mehr gefragt. Größter Aktionär ist die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs AG (BRB) mit 34 Prozent des Kapital; die wichtigsten Kreditgeber sind die Hypo-Vereinsbank und die DZ Bank .

Volks- und Raiffeisenbanken gespalten über Unterstützung

Die BRB und die dahinterstehenden Volks- und Raiffeisenbanken stemmen schon einen Großteil der beiden jüngsten Kapitalspritzen von gut einer Milliarde Euro, mit der die Baywa über Wasser gehalten wird. Wegen dieses hohen Engagements ist es unter den Volks- und Raiffeisenbanken, die 80 Prozent an der BRB halten, schon zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten gekommen.

Etliche Institute lehnen eine über das heutige Maß hinausgehende Unterstützung ab. Sowohl der Überbrückungskredit als auch das Stillhalteabkommen mit den wichtigsten Banken, das die Aussetzung fälliger Darlehensrückzahlungen vorsieht, laufen zum Jahresende aus. Sie sind die Grundlage für eine anschließende langfristige Finanzierungslösung bis Ende 2027.

Bafin untersucht Konzernabschluss

Ärger gibt es zudem mit der Finanzaufsicht Bafin. Der Behörde liegen nach eigener Darstellung „konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass die Baywa gegen Rechnungslegungsvorschriften verstoßen hat.“ Die Bafin ordnete eine Prüfung des Konzernabschlusses 2023 und des Lageberichts an, weil sie die Darstellung der Finanzanlage sowie Angaben zum Risikomanagement für „möglicherweise fehlerhaft“ hält.

Der Vorgang wirft auch ein schlechtes Licht auf die Wirtschaftsprüfer von PwC. Sie hatten der Baywa für den Geschäftsbericht 2023 im März 2024 ein uneingeschränktes Testat ausgestellt – und dabei nicht auf die zu diesem Zeitpunkt womöglich schon absehbare, angespannte Finanzlage hingewiesen.