Auf Wunsch des amerikanischen Präsidenten Donald Trump organisiert der französische Präsident Emmanuel Macron in Paris kurzfristig Gespräche über ein mögliches Ende des Ukrainekriegs. Bei dem Treffen mit Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff sowie Außenminister Marco Rubio „vom Vormittag bis in den Nachmittag“ soll es nach Auskunft des Élysée-Palastes darum gehen, die bisherigen Ergebnisse der Friedensverhandlungen zu bilanzieren.
In Paris überwiegt ein skeptischer Blick auf den Friedenswillen des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Nach dem Raketenangriff auf Sumy am Palmsonntag urteilte Macron: „Es ist klar, dass Russland allein den Krieg fortsetzen will.“ Macron wird fast täglich von Trump angerufen. Er hat wiederholt erfolglos Trumps Auffassung zu korrigieren versucht, die Ukraine habe den Krieg mit Russland angezettelt. Trumps Sondergesandter Witkoff war Ende vergangener Woche mit Putin in Sankt Petersburg zusammengetroffen.
Auch ukrainische Unterhändler sind dabei
Frankreich hat darauf gedrungen, dass an diesem Donnerstag auch die ukrainische Seite bei den Gesprächen im Élysée-Palast vertreten ist. Aus dem amerikanischen Außenministerium war zunächst nur von „europäischen Counterparts“ die Rede. Der Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, schrieb auf der Plattform X, er werde bei den Verhandlungen in Paris von Außenminister Andrij Sybiha und Verteidigungsminister Rustem Umjerow begleitet. Geplant seien mehrere bilaterale Treffen mit Vertretern der Staaten aus der sogenannten „Koalition der Willigen“. Diese insgesamt 30 EU- und NATO-Partner zählende Koalition geht auf eine französisch-britische Initiative zurück.
Frankreich und Großbritannien sind bereit, im Falle eines Waffenstillstands sogenannte Rückversicherungstruppen in die Ukraine zu entsenden. Ihre Aufgabe soll es sein, Russland vor Verstößen gegen eine Waffenstillstandsvereinbarung abzuschrecken. Die Hauptlast soll hingegen bei der ukrainischen Armee verbleiben, deren Ausrüstung und Nachschub mit Munition die Europäer schultern sollen. Die Planungen sind bereits in die operationelle Phase eingetreten und werden fortan von den Generalstabschefs der beteiligten Streitkräfte geleitet.
Zum Mittagessen in Paris will Macron Rubio und Witkoff treffen.
Am Nachmittag sollen dann die Beratungen im Außenministerium am Quai d’Orsay fortgesetzt werden. Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot, der sich am Morgen noch in Marseille aufhielt, wollte dazu seine Counterparts einladen. Unklar ist bislang, ob die geschäftsführende Außenministerin Annalena Baerbock in Paris dazustößt und in welcher Form die nächste Bundesregierung über den Verlauf der Gespräche informiert wird. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin hieß es, an den Gesprächen in Paris nähmen der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundesregierung, Jens Plötner, und der Politische Direktor im Auswärtigen Amt, Günter Sautter, teil.
Die französische Regierung legt Wert darauf, dass es bei den Gesprächen mit Witkoff und Rubio nicht nur um die Ukraine gehen soll. So hat der Élysée-Palast angekündigt, dass man auch über Zollfragen und die Lage im Nahen Osten reden will. In Paris wächst der Unmut darüber, dass die EU-Kommission im Weißen Haus nicht als Ansprechpartner in der Zollfrage gesehen wird und Trump bilateral mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni darüber verhandeln will. Zudem hat Macron scharfe Kritik an dem Trump-Plan vorgebracht, die Palästinenser aus dem Gazastreifen umzusiedeln, um eine „Riviera“ des Nahen Ostens zu schaffen. Das mit Saudi-Arabien konzertierte Vorhaben Macrons, den Palästinenserstaat im Juni anzuerkennen, wird als Druckmittel auf das Weiße Haus angewandt.
Eine Pressekonferenz zum Abschluss der Gespräche im Élysée-Palast ist nicht geplant. Das ist auch der Vorsicht der Franzosen geschuldet, sich nicht für einen amerikanisch-russischen Waffenstillstandsplan einspannen zu lassen, der nicht den europäischen Vorstellungen entspricht.
Das Weiße Haus hat Putin mehrfach den Willen zum Frieden bescheinigt, auch wenn die Verhandlungen bislang keine großen Fortschritte gebracht haben. Eine vollständige Waffenruhe ohne Vorbedingungen hat Putin im Gegensatz zum ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abgelehnt. Der Minimalkonsens – ein dreißigtägiges Moratorium auf Schläge gegen Energieanlagen – läuft am Donnerstag aus, wobei beide Seiten sich den mehrfachen Bruch der Absprache vorwerfen.