Überraschend hat Deutschlands größter Pharmakonzern Boehringer Ingelheim am Gründonnerstag einige wegweisende Personalentscheidungen bekanntgegeben: Konzernchef Hubertus von Baumbach wird sich aus der Unternehmensleitung zurückziehen und seinem Cousin Christian Boehringer an die Spitze des Gesellschafterausschusses des Ingelheimer Familienunternehmens folgen. Der hatte diese Position nunmehr 18 Jahre lang inne. Von Baumbachs Platz an der Konzernspitze soll indes der bislang für das Humanpharmageschäft zuständige Manager Shashank Deshpande einnehmen.
Damit legen die Ingelheimer den Chefposten wieder in familienfremde Hände. Die Personalrochade tritt zum 1. Juli dieses Jahres in Kraft, wie es in einer Mitteilung aus Ingelheim heißt. Mit von Baumbachs Wechsel in den Gesellschafterausschuss schlägt Boehringer ein neues Kapitel seiner Geschichte auf. Der 57 Jahre alte Urenkel von Firmengründer Albrecht Boehringer war 2016 an die Konzernspitze gerückt, womit nach fast einem Vierteljahrhundert erstmals wieder ein Familienmitglied die Gesamtverantwortung für das inzwischen stolze 140 Jahre alte Unternehmen übernahm. Unter seiner Führung wuchs Boehringer zu seiner heutigen Größe als Branchenprimus der deutschen Pharmaindustrie. Im Jahr 2023 eroberten die Ingelheimer die Branchenkrone vom Leverkusener Dax-Konzern Bayer und verteidigten sie im vergangenen Jahr erfolgreich.
Viel Lob für den Nachfolger
Wie es sich für den verschlossenen Familienkonzern aus Rheinhessen gehört, wird um diese Entwicklung unter von Baumbachs Führung kein großer Lärm gemacht. Von Baumbach, der lieber im Hintergrund agiert als das Rampenlicht zu suchen, beschränkte sich selbst in der Mitteilung lieber auf die anderen beiden Protagonisten: „Ich möchte Christian für seine langjährige Führung und sein Engagement für das Unternehmen danken. Während seiner Amtszeit hat sich das Unternehmen grundlegend verändert“, lobte er darin die Leistung seines Cousins, der auch weiterhin dem Gesellschafterausschuss angehören wird. Außerdem hob er die Qualitäten seines 52 Jahre alten Nachfolgers Deshpande hervor: „Mit seiner langjährigen Branchenerfahrung in den USA, Japan und Deutschland wird er Boehringer in die nächste Wachstumsphase bis 2035 führen.“ Auch betonte er dessen Führungsstärke und Engagement.
Bevor der gebürtige Heppenheimer Deshpande 2012 zu Boehringer kam, war er zehn Jahre in den USA in der Pharmaindustrie tätig. Für das Ingelheimer Unternehmen übernahm er zunächst verschiedene Führungspositionen in der für Boehringer wichtigen Humanpharmasparte in Deutschland und Japan, bevor er 2023 in die Unternehmensleitung eintrat. Dort verantwortete er zunächst die kleinere Tiermedizinsparte, bevor er im vergangenen Jahr das Humanpharmageschäft übernahm, das er auch weiterhin leiten wird.
Diese Einblicke in beide Konzernsparten dürften dem gelernten Diplom-Betriebswirt mit indischen Wurzeln und deutschem sowie amerikanischen Pass in seiner neuen Position als Konzernchef helfen, in die großen Fußstapfen des Familienmitglieds von Baumbach zu treten, der seit 2001 in verschiedenen Führungspositionen bei Boehringer tätig ist.
„Ich möchte Hubertus von Baumbachs Führung des Unternehmens in den letzten neun Jahren meine Anerkennung aussprechen. Er hat ein großartiges Team aufgebaut, und es ist eine wahre Freude, ein Teil davon zu sein“, lobt Deshpande seinen Vorgänger und ließ durchblicken, den unter von Baumbach eingeschlagenen Kurs vorzuführen: „Wir sind voll und ganz darauf konzentriert, unsere starke Pipelineschnellstmöglich auf den Markt zu bringen. Ich bin hoch motiviert, die Organisation zu diesem Erfolg zu führen.“