Akupunktur bei Schulter- und Nackenschmerzen: Wirksam oder nicht?

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Schulter- und Nackenschmerzen plagen viele Menschen. Akupunktur arbeitet mit feinen Nadeln gegen den Schmerz. Wie wirksam ist die Behandlung?

Akupunktur ist eine Methode der traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Die TCM geht davon aus, dass Energiebahnen, sogenannte Meridiane, durch den Körper verlaufen, welche Körper- und Organfunktionen beeinflussen. Durch das Setzen feiner Nadeln in die Haut werden gezielt bestimmte Energiepunkte stimuliert – was unter anderem Schmerzen lindern soll. t-online hat bei einem Orthopäden nachgefragt, wie wirksam er Akupunktur bei Nacken- und Schulterschmerzen einschätzt.

Besonders Menschen, die viel am Schreibtisch sitzen, sowie Menschen, die handwerklich arbeiten, haben mit Schulter- und Nackenschmerzen zu kämpfen. Oft sind es Muskelverkürzungen und Muskelverspannungen, die das unangenehme Ziehen und Stechen in der Schulter-Nacken-Region verursachen. Akute Beschwerden als Folge einer ungünstigen Belastung klingen nach ein bis zwei Wochen meist von selbst wieder ab. Halten die Beschwerden länger an, suchen Betroffene oft eine verträgliche Alternative zu Schmerzmitteln. Akupunktur gilt als sanftes und nebenwirkungsarmes Verfahren und wird von immer mehr Menschen ausprobiert.

“Akupunktur als alternative Behandlungsmethode wird immer beliebter. Nicht nur viele Heilpraktiker bieten Akupunktur an. Auch im Bereich der Orthopädie kommen die feinen Nadeln vermehrt zur Anwendung – vor allem gegen Verspannungen und Schmerzen”, weiß Privatdozent Bastian Marquaß, leitender Orthopäde und Schulterspezialist der Gelenk-Klinik Gundelfingen.

(Quelle: Privat)

Privatdozent Dr. Bastian Marquaß ist leitender Facharzt für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin der Gelenk-Klinik-Gundelfingen.

Durch das Setzen von Nadeln wird ein lokaler Reiz ausgelöst. Durch diesen Reiz sollen unter anderem das Nervensystem stimuliert und Schmerzimpulse gehemmt werden. Die über 3.000 Jahre alte heilkundliche Methode wird noch nicht vollständig verstanden. Die Wirkweise ist nach wie vor Gegenstand aktueller Forschungen. Was man weiß: Die Akupunkturpunkte liegen nachweislich an Stellen im Körper, die eine erhöhte Dichte bestimmter Rezeptoren aufweisen. Es wird vermutet, dass die Stimulation dieser Punkte bestimmte Botenstoffe freisetzen kann, die schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken können.

“Immer wieder berichten Patienten von positiven Effekten der Nadelbehandlung auf ihre Beschwerden. Bis heute ist allerdings nicht wissenschaftlich belegt, ob eine Akupunktur Schmerzen im Schulter-Nacken-Bereich besser lindern kann als eine Scheinakupunktur. Ob die Wirkung über einen Placebo-Effekt hinausgeht, ist unklar. Eine Wirksamkeit kann aber auch nicht sicher ausgeschlossen werden. Weitere Forschungen sind nötig”, sagt Marquaß.

Laut dem Experten wird Akupunktur vor allem im Bereich der Schmerztherapie eingesetzt. Die durch die Nadeln ausgelösten Reize sollen dabei helfen, Verspannungen zu lösen. Die Muskeln sollen dazu angeregt werden, sich wieder mehr zu lockern und mehr Beweglichkeit zuzulassen. Ebenso wird eine Schmerzlinderung durch die Ausschüttung bestimmter schmerzstillender und antientzündlicher Botenstoffe im Nervensystem angestrebt.

Wer mit Akupunktur gute Erfahrungen macht, kann sie nach Absprache mit dem behandelnden Arzt als einen Therapiebestandteil in den Behandlungsplan mit aufnehmen. Unter gewissen Voraussetzungen übernehmen einige Krankenkassen die Kosten für die Akupunktur. Vor Behandlungsbeginn sollten Sie am besten nachfragen.

Bei Verspannungen und Schmerzen lassen sich immer wieder positive Effekte beobachten. Es gibt Betroffene, für die Akupunktur neben der Bewegungstherapie und anderen Therapiemaßnahmen zum festen Bestandteil ihres Therapieplans gehört. “Die Grenzen der Akupunktur sind bei strukturellen Schäden erreicht. So kann beispielsweise ein Gelenkverschleiß, ein Bandscheibenvorfall oder eine Engstelle in der Schulter durch Akupunktur nicht verbessert oder geheilt werden. Die Akupunktur setzt nicht an der Ursache an, sondern an dem Symptom Schmerz”, erklärt Marquaß. Bei strukturellen Schäden muss dem Experten zufolge anders behandelt werden. Oftmals ist eine Operation notwendig.

Drei Tipps, wie Sie Schultern und Nacken unterstützen können:

1. Sitzpausen einlegen: Insbesondere wer viel sitzt, sollte auf regelmäßige Pausen und Entspannungsübungen achten, um den Schulter- und Nackenbereich zu entlasten und zu lockern. Tipp: Achten Sie beim Sitzen darauf, dass Ihre Schultern nicht nach vorn kippen und Sie nicht in den Rundrücken kommen.

2. Regelmäßige Bewegung: Führen Sie regelmäßig Übungen durch, um die Muskeln im Schulter- und Nackenbereich zu dehnen, zu lockern und zu stärken. Ihr Orthopäde sowie Physiotherapeut können bei der Auswahl der Übungen und der richtigen Durchführung unterstützen.

3. Schulterkreisen: Nutzen Sie die Gelegenheit für kleine Übungen zwischendurch. “Schulterkreisen” ist eine leichte und wohltuende Übung, die sich jederzeit durchführen lässt: Einfach die Schultern für 15 oder 20 Sekunden vorwärts kreisen lassen, danach rückwärts. Die Arme dürfen während der Übung locker nach unten hängen. Auch kann man den Kopf zwischendurch immer wieder sanft nach links und rechts sowie nach vorn und hinten bewegen.