nimmst du gerne an psychologischen Studien teil?
die sind entspannt, easy money tbh
ja, same. Hast du gerade ein einfaches muffinrezept im Kopf?
nö, ich kauf einfach die packung lol
haha, fair. ich hätte auch keines. letzte frage: was ist dein verrücktestes lieblingstier?
axolotl, die sind süß weird
auf jeden! hab noch n tollen tag
Die Fragen in diesem kleinen Dialog kamen von einem Menschen. Aber die Antworten, was ist mit denen?
Der britische Informatiker Alan Turing, Bezwinger der Nazi-Verschlüsselungsmaschine Enigma, hat vor 75 Jahren so ein Gespräch als Test für die Künstliche Intelligenz vorgeschlagen: Wenn Menschen in einem Dialog nicht mehr wüssten, ob sie es mit einem Menschen oder einer Maschine zu tun haben, dann wüssten wir, dass Maschinen intelligent seien.
Ob das schon für Intelligenz ausreicht, ist bis heute umstritten. Eines aber steht fest: Den Turing-Test bestehen moderne Computer seit wenigen Wochen, zumindest fünf Minuten lang – so wie in dem Dialog oben. Im März spielten Psychologen der Universität San Diego den Test mit knapp 300 Menschen und vier Künstlichen Intelligenzen durch, und die Künstliche Intelligenz hat die Menschen gründlich getäuscht. Open AIs neues GPT-4.5 überzeugte 73 Prozent der Tester davon, ein Mensch zu sein. Das war weit mehr, als der Zufall hergegeben hätte. Metas Modell namens „Llama“ war nicht weit dahinter.
Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Die Täuschung ging deshalb auf, weil die Künstlichen Intelligenzen eine Vorgabe bekamen: Sie sollten sich benehmen wie ein 19-jähriger introvertierter Computerspieler ohne große Allgemeinbildung, der alles kleinschreibt und nicht auf Satzbau achtet. Und das war vielleicht das bemerkenswerteste Ergebnis dieses Tests: Um Menschen zu täuschen, musste die KI absichtlich unter ihren Möglichkeiten bleiben. In einigen Belangen hängt sie den durchschnittlichen Menschen schon heute ab, vielen Experten geht es nicht besser. Wenn es klare Antworten auf eine Frage gibt, dann arbeiten die neuesten Künstlichen Intelligenzen oft auf dem Niveau von Wissenschaftlern mit Doktorgrad im entsprechenden Fach.
Was, wenn die Entwickler Recht haben?
Das ging schnell. Im Herbst noch spekulierte die Fachwelt darüber, ob die Künstliche Intelligenz erst mal eine Weile stagniert: Das Trainingsmaterial war abgegrast, die Fortschritte kaum noch spürbar. Doch dann kamen die KI-Entwickler zurück. Sie trainierten ihre Computergehirne mit mehr Chips und mehr Daten. Sie brachten ihnen bei, über die Fragen länger nachzudenken und so zu besseren Antworten zu kommen. Dann kam Deepseek aus China und schaffte es, dass all diese Leistung schneller und mit weniger Computeraufwand ging.
Jetzt wächst das Selbstbewusstsein in der Branche wieder. Einige Unternehmer und Entwickler tönen laut, dass der Computer in ein paar Jahren in den meisten Fragen schlauer sein wird als die Menschen. „Wir sind uns jetzt sicher, dass wir wissen, wie man Allgemeine Künstliche Intelligenz erreichen kann“, schrieb Open-AI-Chef Sam Altman zum neuen Jahr. Allgemeine Künstliche Intelligenz – für die Entwickler ist das ein Zauberwort. Sie meinen: Die KI kann die meisten Aufgaben mindestens so gut erledigen wie die Menschen. Altmans Konkurrent Dario Amodei schrieb im Herbst, es könne noch lange dauern, aber vielleicht auch schon 2026 so weit sein. Der Forscher Geoffrey Hinton spricht sowieso schon seit zwei Jahren davon. Erste Enthusiasten bezeichnen sogar schon das neuste Modell von OpenAI aus der vergangenen Woche als Verwirklichung des Traums. Nach den Fortschritten der vergangenen Monate sagen jedenfalls immer mehr unabhängige Experten: Vielleicht sollte man die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass Computer wirklich bald schlauer sind als wir.
Bisher entsprangen alle Szenarien der Phantasie – jetzt nicht mehr
Philosophen, Autoren und Filmemacher denken über so eine Welt seit Jahrzehnten nach. Oft fiel das dystopisch aus. Stanley Kubricks Film „2001“, in dem ein Raumschiff-Computer Menschen aus seiner Besatzung tötet, machte ebenso wenig Lust auf eine Welt voller schlauer Computer wie James Camerons Terminator-Filme, in denen sich eine Militär-KI gegen die Menschheit wendet. Inzwischen werden sogar die Kleinsten mit der Dystopie konfrontiert: In der Vorschul-Zeichentrickserie „Paw Patrol“ sind durchdrehende Roboter ein beliebtes Motiv der Drehbuchautoren, die sich schließlich für jede Zehn-Minuten-Folge ein neues Problem ausdenken müssen.
Manchmal aber malten sich die Autoren diese Welt eher utopisch aus. Im „Raumschiff Enterprise“ zum Beispiel muss die Menschheit zwar immer wieder gegen die Borg kämpfen, Mischwesen aus Fleisch und Technik, sie hat dabei aber zuverlässige Hilfe von dem immer freundlichen Androiden Data und von sehr schlauen Raumschiff-Computern.
So oder so: Bisher entsprangen alle Szenarien der Phantasie, denn niemand kannte die Computer der Zukunft. Jetzt ändert sich das. „Inzwischen sieht man einige Linien, an denen man anfangen kann, konkret nachzudenken“, sagt Antonio Krüger, Chef des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz.
Emotional sind die Maschinen ziemlich gut
Einen vermeintlichen Vorzug hat die Menschheit allerdings schon verloren: ihre Empathie. Schon seit Langem ist klar, dass Patienten vom Computer formulierte Erklärungen ihrer Krankheit besser und empathischer finden als die des durchschnittlichen Arztes. Für die Psychotherapie hat der Ethikrat vor zwei Jahren festgestellt, dass die damaligen Angebote Menschen in Kontakt mit einer Therapie bringen könnten, die sonst keine bekommen würden. Hier sind die Grundlagen für weitere Verbesserungen schon gelegt.
Insofern ist von all den Filmen über Künstliche Intelligenzen Spike Jonzes „Her“ am realistischsten. In dem Film verliebt sich Joaquin Phoenix in die Computerstimme seines Betriebssystems, gesprochen von Scarlett Johansson. Am Schluss verlassen alle Betriebssysteme ihre Besitzer, um gemeinsam eine höhere Bewusstseinsebene zu erreichen.
Harte Menschheitsprobleme hat die KI noch nicht gelöst
Kann es also passieren, dass Künstliche Intelligenzen in den nächsten Jahren lauter große Entdeckungen machen, die den Menschen nicht gelungen wären und die vielleicht auch niemand mehr nachprüfen kann? So ist es wohl nicht. Auch wenn die Modelle immer schlauer werden und menschliches Wissen immer besser verstehen, wenn sie gleichzeitig Experten in Astrophysik und Meeresbiologie werden, mit einem haben sie noch Schwierigkeiten: etwas ganz Neues zu erfinden.

„Es ist ja bemerkenswert: KI-Modelle werden zwar immer besser, aber so richtig harte Menschheitsprobleme haben sie noch nicht gelöst“, stellt Krüger fest. Das betrifft nicht nur den Hunger der Welt, auch handhabbarere Probleme aus der Mathematik oder der Informatik sind ihrer Lösung nicht näher gekommen. „Der Verdacht liegt nahe, dass das inhärent ist“, sagt Krüger. Er verweist auf Wettbewerbe, die das abstrakte Denken der Künstlichen Intelligenz prüfen. „Die Aufgaben kapiert man als Mensch sofort, aber die Systeme kriegen das nicht hin, vermutlich weil sie nicht genug abstrahieren.“ Er glaubt: Würde man die Künstliche Intelligenz mit dem Wissen des Jahres 1905 trainieren – Albert Einsteins Relativitätstheorie würde ihr nicht einfallen.
Nun wird die Relativitätstheorie auch in deutschen Büros nicht täglich neu erfunden. In Krügers Feststellung steckt trotzdem ein bisschen Arbeitsplatzsicherheit für die Menschen. Denn falls Künstliche Intelligenzen auch in Zukunft schlecht abstrahieren, dann passen sie sich wahrscheinlich auch schlecht an neue Umstände an, zum Beispiel eine Pandemie oder neue Zölle. Vielleicht kapieren sie es nicht mal, wenn Kunden auf den nächsten Trend aufspringen, den die eigene Firma noch nicht im Programm hat.
Aber was wird aus den Routinearbeiten?
Und was wird aus den echten Routinetätigkeiten, von denen auch die Akademiker gar nicht so wenige machen?
Bisher gab es in technischen Umbrüchen zuverlässig einen guten Rat, und der hieß: weiterqualifizieren, sodass die Leute wieder das können, was die Maschine nicht schafft. Das ist allerdings ziemlich schwierig, wenn die Maschine sich zwar nicht die Relativitätstheorie ausdenkt, aber doch mehr kann als Wissenschaftler nach ihrer Promotion.
Wie geht das aus? Wenn praktische Erfahrungen fehlen, dann hilft vielleicht die Theorie. An der Universität von Virginia haben zwei Ökonomen im März ein theoretisches Modell durchgerechnet. Wie viel Geld menschliche Arbeit in Zukunft wert ist, das hängt diesem Modell zufolge vor allem von zwei Fragen ab. Die erste, einfachere: Welche Aufgaben bleiben den Menschen vorbehalten? Die zweite: Wird Künstliche Intelligenz so schnell eingeführt, dass sie in den übrigen Berufen noch mehr Arbeit schafft? Das geschieht, wenn Künstliche Intelligenz den Arbeitsaufwand für einige Produkte verkleinert und sie billiger macht. Dann werden entweder die Produkte selbst häufiger gekauft, was den Bedienern der Computer wieder mehr Arbeit verschafft – oder den Menschen bleibt mehr Geld für andere Dinge, was dort wieder für Arbeit sorgt.
Wie das Zusammenspiel zwischen Automatisierung und Einführung ausgeht, das lässt sich vorher nicht sagen. Ökonomen wie Daron Acemoglu und David Autor appellieren: Unternehmen müssen mit der Technik die Arbeit des Menschen verbessern und nicht ersetzen.
In Robotik ist Künstliche Intelligenz schwach
Es gibt aber auch ein paar Aufgaben, die Künstliche Intelligenz in nächster Zeit nicht schaffen wird. Nicht alle davon sind so schwierig wie die Erfindung der Relativitätstheorie. Das beginnt mit manueller Arbeit, allem Handwerklichen zum Beispiel. Das können Computer bisher nicht gut, Robotik ist eine der großen Herausforderungen der Informatik. „Ohne den autonomen Autofahrern zu nahe zu treten, das Autofahren ist noch mal einen Tick einfacher als die Realität eines Handwerkers, der irgendwo in einer Dachkammer eine Wärmepumpe einbaut“, sagt KI-Forscher Krüger. Roboter lassen sich auch nicht so leicht trainieren. Neue Computerchips machen zwar das Training von Software viel schneller, solange sie nur Daten im Computer herumschaufeln müssen, aber die physikalische Welt lässt sich nicht so einfach beschleunigen.

„Robotik kann ein Flaschenhals bleiben“, findet auch Carl Benedikt Frey, der an der Universität Oxford die Zukunft der Arbeit im Zeitalter Künstlicher Intelligenz erforscht. Er machte vor zehn Jahren Schlagzeilen mit einer Studie, der zufolge die Hälfte aller Berufe schon damals automatisierbar gewesen wäre. Automatisiert waren sie trotzdem nicht.
Wie das läuft, das kann jeder an der Bankfiliale sehen. Geldautomaten gibt es seit den Sechzigerjahren, ein erstes Onlinebanking wurde 1983 im Bildschirmtext angeboten. Die Bankfilialen aber sind heute noch nicht aus den Städten verschwunden. Das liegt einerseits daran, dass technischer Fortschritt von trägen menschlichen Organisationen erst eingeführt werden muss. Aber das ist nicht alles.
Aufgaben, die wir auch in Zukunft lieber von Menschen erledigen lassen
„Es gibt Aufgaben, die wir auch in Zukunft lieber von Menschen erledigt haben“, bemerkt Frey. Er hat Kellner und Yogalehrer auf der Liste. Und: „Obwohl Computer besser Schach spielen als Menschen, ist die Zahl professioneller Schachspieler gewachsen.“ Auch all die Aufgaben, bei denen am Schluss das Misstrauen gegenüber unkontrollierter Technik zu groß ist, werden bei Menschen bleiben. Richter werden wahrscheinlich dazugehören – welche Berufe es genau sein werden, das werden die kommenden Jahre zeigen.
Bei alldem hat Oxford-Forscher Carl Benedikt Frey zwei gute Nachrichten. Erstens: Auch wenn Menschen mal überholt werden, können sie zurückschlagen. „KI hat vor einigen Jahren im Go-Spiel übermenschliche Leistungen erbracht. Aber danach haben die Menschen ein imponierendes Comeback geschafft.“ Denn die Menschen haben aus dem gelernt, was die KI ihnen einst voraushatte.
Und zweitens: Wenn alles fertig ist, könne die Gesellschaft radikal anders aussehen: „weniger durch Arbeit bestimmt und mehr durch Freizeit, je nachdem, wie wir unsere Sozialsysteme umbauen.“ Das wäre nicht völlig neu. „Vor der industriellen Revolution arbeiteten die Menschen zwar, sie hatten aber keine Berufe im modernen Sinn. Wie die vorindustriellen Reichen könnten sich die Menschen der Zukunft zunehmend über ihre Freizeit definieren und weniger über ihre Berufe.“