Gewissheit könnte nur Obduktion bringen

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Letzte Kräfte mobilisiert?

Mediziner erklärt Papst-Auftritt kurz vor seinem Tod


21.04.2025 – 19:23 UhrLesedauer: 2 Min.

Papst Franziskus in der zentralen Loge des Petersdoms: Am Ende der Ostermesse auf dem Petersplatz im Vatikan erteilte er den Segen Urbi et Orbi (lateinisch für "der Stadt und der Welt").Vergrößern des Bildes

Papst Franziskus in der zentralen Loge des Petersdoms: Am Ende der Ostermesse auf dem Petersplatz im Vatikan erteilte er den Segen Urbi et Orbi (lateinisch für “der Stadt und der Welt”). (Quelle: Gregorio Borgia/AP/dpa)

Mit zitternder Stimme spricht Papst Franziskus am Sonntag den Ostersegen, wenige Stunden später ist er tot. Können Sterbende noch einmal letzte Kräfte mobilisieren?

Man hört es immer wieder: Wochenlang liegt ein Patient fast reglos im Bett, spricht kaum, will nichts essen, nichts trinken – und blüht dann noch einmal auf. Plötzlich ist der Appetit zurück, der Erkrankte möchte sich unterhalten, spricht womöglich sogar davon, aufzustehen und noch etwas erledigen zu wollen. Kurze Zeit später ist der Patient tot.

Auch bei Papst Franziskus hat es den Anschein, als hätte er noch einmal seine letzten Kräfte mobilisiert. Schon seit Monaten war der Pontifex nach einer schweren Lungenerkrankung geschwächt, hatte sämtliche Liturgien der Karwoche und der Wochen zuvor ausgelassen, um sich zu schonen. Lange war daher unklar, ob er den Ostersegen am Sonntag überhaupt spenden können würde.

Doch dann gelang dem Papst noch ein letzter großer Auftritt: Um kurz nach 12 Uhr wurde im Rollstuhl auf die Mittelloggia des Petersdoms geschoben und spendete den Segen. Mit brüchiger Stimme zwar, aber persönlich. Zehntausende Gläubige auf dem Petersplatz in Rom dankten es ihm und skandierten: “Es lebe der Papst!”.

Für Internist, Alters- und Palliativmediziner Michael Denkinger ist es grundsätzlich nicht verwunderlich, dass Papst Franziskus diesen Kraftakt wenige Stunden vor seinem Tod am Ostermontag vollbringen konnte. “Tatsächlich gibt es das Phänomen, dass Menschen kurz vor ihrem Tod noch einmal eine letzte Phase der Klarheit oder Aktivität erleben”, sagte er t-online. Denkinger ist Chefarzt der Agaplesion Bethesda Klinik Ulm, einer Geriatrischen Akut- und Rehaklinik, und Leiter des Instituts für Geriatrische Forschung der Universitätsklinik Ulm.

“Sollte es tatsächlich ein Schlaganfall gewesen sein, wären in der Regel vorher bestimmte Symptome erkennbar gewesen – etwa eine einseitige Lähmung. Gewissheit könnte nur eine Obduktion bringen.” Die ist bei Päpsten allerdings nicht üblich, sofern von einer natürlichen Todesursache auszugehen ist.

Zur Formulierung italienischer Medienberichte, der Papst sei “friedlich eingeschlafen”, erklärt der Palliativmediziner: “Das ist eine häufig gewählte Formulierung, um auszudrücken, dass jemand keine offensichtlichen Schmerzen oder starke Unruhe hatte.” Bei einer schweren Sepsis oder einem schweren Schlaganfall mit Hirnblutung könne es in Folge zu einer Bewusstlosigkeit kommen, sodass man auch “friedlich eingeschlafen ist”.

Generell ist Denkinger angesichts der Lungenerkrankung Anfang des Jahres und eines beginnenden Nierenleidens nicht überrascht, dass der Tod relativ zeitnah erfolgte. “Alternde Nieren haben generell eine verminderte Leistungsfähigkeit – das ist ein Teil des Alterungsprozesses und führt etwa dazu, dass Medikamente nicht mehr so gut zu steuern sind. Wenn sich die Nierenfunktion dann zusätzlich akut verschlechtert, ist das oft nicht mehr reversibel.” In einem so kritischen Zustand komme man selbst mit der besten medizinischen Versorgung der Welt oft nicht mehr auf die Beine.