Vorbereitung auf die Trauerfeier am Petersplatz

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Wenn morgens noch der Mond am dunklen Himmel steht und sich die Dämmerung erst zaghaft zeigt, ist so etwas wie Frühappell am Petersplatz. Die diensthabenden Polizisten fordern die Obdachlosen im äußeren Ring der Bernini-Kolonnaden auf, ihr Nachtlager abzubrechen. Es ist kaum ein Platz zwischen den mächtigen Säulen, in dem nicht ein Schlafsack und ein paar Habseligkeiten liegen oder ein kleines Zelt steht, vielleicht mit einem Rollstuhl daneben.

Die Obdachlosen sind die eigentlichen Hausherren des Petersplatzes. Sie sind zur touristischen Hochsaison und in kalten Winternächten hier. Bei schönem Wetter und bei Regen. An jedem Werktag sowie an Hochfesten, wenn Zehntausende zur Papstmesse unter freiem Himmel strömen, und auch an gewöhnlichen Sonntagen im Jahreskreis. Und vor allem sind die Obdachlosen nachts hier. Wenn sich sonst kaum eine Menschenseele auf diesem mächtigen Platz vor der größten und vielleicht bedeutendsten Kirche der Welt verliert.

Dann ist es still auf dem Petersplatz. Wieder andere sagen ein freundliches „Buongiorno!“, wenn ein versprengter Passant vorübergeht, der erkennbar nicht zu den Einsatzkräften gehört. Von denen gibt es viele an diesem frühen ersten Morgen nach dem Tod des Papstes. Der Zivilschutz und das Rote Kreuz haben große Zelte aufgebaut, zur Versorgung etwaiger Notfälle in der Masse der Gläubigen, die von diesem Mittwoch an am aufgebahrten Holzsarg mit dem Leichnam von Papst Franziskus vorbeidefilieren und am Samstag zur Trauerfeier kommen werden.

Für die Fernsehteams wurde schon am Vorabend eine Bühne aufgebaut. Der Innenraum des Petersplatzes ist abgeriegelt, Carabinieri und Gendarmen des Vatikans haben hinter den Absperrgittern Posten bezogen. Die Stadt Rom hat vorab tausend zusätzliche Polizisten mobilisiert, eine Flug- und Drohnenverbotszone wurde eingerichtet, Metalldetektoren und mächtige Betonpoller werden aufgestellt.

Abebben der Fürsorge des Vatikans für Obdachlose?

Papst Franziskus hat die Obdachlosen vom Petersplatz, die seine nächsten Nachbarn und zugleich die ihm besonders am Herzen liegenden Menschen „an den Rändern“ waren, oft aufgesucht. Von seiner Wohnung im vatikanischen Gästehaus Santa Marta waren es nur wenige Schritte bis zu den Kolonnaden um den Petersplatz. Franziskus hat eine Apotheke für sie einrichten und die Krankenstation erweitern lassen. Während der Pandemie haben der Papst und zumal dessen Almosenier, der polnische Kurienkardinal Konrad Krajewski, die Obdachlosen auf dem wochenlang menschenleeren Petersplatz nie alleingelassen. Fragt man einige der Leute, die soeben ihr Nachtlager räumen, ob sie nach dem Tod von Franziskus ein Abebben der nachbarlichen Fürsorge des Vatikans fürchten, zeigen sich alle gewiss, dass dies nicht der Fall sein werde. Kein Ort in Rom sei so sicher wie der Petersplatz.

Der Widerspruch zwischen dem Auftrag der Kirche, für alle offen und immer bei den Ärmeren zu sein, und der hermetischen Macht der Institution Kirche, hat den Argentinier Jorge Mario Bergoglio schon als Priester und Bischof in Buenos Aires umgetrieben. Und später als Papst in Rom umso mehr, denn nun saß er auf dem Thron an der Spitze der Machtpyramide. Von dem er herabstieg, so oft er nur konnte, ohne diesen Thron doch je wirklich verlassen zu können, von dem aus er zudem recht eigenwillig, ja eigenmächtig waltete.

Es sind nicht nur Menschen, die Institutionen mit Leben erfüllen und ihnen Stabilität geben, auch Regeln tun dies. Bei der Übergabe des Kreuzstabes von einem Bischof von Rom zum nächsten, wird dies besonders deutlich. Am Dienstag folgten die erstmals nach dem Tode des Papstes im Vatikan versammelten Kardinäle diesen überkommenen Regeln, die zuletzt Franziskus seinen eigenen Vorstellungen einer zeitgemäßen Kirche angepasst hatte, und legten den Zeitplan für die kommenden Tage fest: von der Aufbahrung des Papstes in der Kapelle im Gästehaus Santa Marta am Dienstag und von Mittwoch an im Petersdom über die Trauermesse auf dem Petersplatz am Samstag bis zur Beerdigung am gleichen Tag in der Papstbasilika Santa Maria Maggiore.

In seinem Testament, das der Vatikan am Montagabend veröffentlicht hat, hatte Franziskus festgelegt, dass er nicht im Petersdom, sondern in der Marienbasilika Santa Maria Maggiore, seiner Lieblingskirche in Rom, bestattet werden will. Es wird eine einfache Erdbestattung, in einem Nebenraum der Kirche, der bisher zur Lagerung von Kerzenständern genutzt wurde. Auf seinem Grab solle nur sein (lateinischer) Papstname „Franciscus“ stehen, heißt es in dem Testament.

Der erste Jesuit im Papstamt war der Gottesmutter besonders eng verbunden. Vor der uralten Marienikone „Salus Populi Romani“ (Heil des Römischen Volkes) in der Basilika nahe des Bahnhofs Termini betete er vor und nach jeder Auslandsreise, weit mehr als hundert Mal. Auch für seine letzte Reise verlässt Papst Franziskus den Vatikan und begibt sich, unweit des Bahnhofsviertels, in die Obhut Marias.