Der im vergangenen Jahr angekündigte Stellenabbau in der Elektrowerkzeugsparte von Bosch reicht nicht aus, um die Probleme zu lösen. Das Unternehmen lässt deshalb die Produktion in zwei von insgesamt vier deutschen Fabriken Ende 2026 auslaufen, wie Bosch vor wenigen Tagen mitteilte. Betroffen sind die Werke am Stammsitz der Sparte in Leinfelden-Echterdingen bei Stuttgart mit insgesamt 230 Mitarbeitern und in Sebnitz in Sachsen mit 280 Mitarbeitern. Grund sei die deutlich gesunkene Nachfrage von Handwerkern und Privatkunden nach Schlaghämmern, Bohrmaschinen und Winkelschleifern und die damit zusammenhängende schlechte Auslastung der Werke.
„Die bereits laufenden Kosten- und Effizienzprogramme reichen nicht aus, um den Kostendruck abzufedern“, sagte Thomas Donato, der Vorsitzende des Bereichsvorstands Power Tools. „Wir müssen deshalb dringend unsere historisch gewachsenen Fertigungsstrukturen den stark veränderten Marktstrukturen und Kundenanforderungen anpassen und diese zukünftig auf weniger Standorte mit hoher Kosteneffizienz fokussieren.“
Bosch kündigte an, die Produktion der beiden Werke ins Ausland – unter anderem nach Miskolc in Ungarn – zu verlagern. Andere Fabrikstandorte, die Werkzeuge aus Leinfelden-Echterdingen und Sebnitz künftig produzieren sollen, nannte das Unternehmen nicht. In Deutschland hat die Sparte noch Werke im oberschwäbischen Ravensburg mit 190 Mitarbeitern sowie in Murrhardt nordöstlich von Stuttgart mit 270 Mitarbeitern. Die übrigen der 3000 Beschäftigten arbeiten am Stammsitz des Geschäftsbereichs in Verwaltung und Entwicklung.
Bosch kürzt auch in Verwaltung und Entwicklung
Schon im Jahr 2024 hatte Bosch angekündigt, dort bis Ende 2026 rund 560 Stellen abzubauen – diese Zahl wurde nach Verhandlungen mit dem Gesamtbetriebsrat auf 480 gesenkt. Damit streicht Bosch in der Elektrowerkzeugsparte nun ein Drittel seiner Stellen in Deutschland. International beschäftigt die Sparte rund 18.700 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro, davon 90 Prozent außerhalb Deutschlands. Den Gewinn des Bereichs nennt Bosch nicht, nach Angaben einer Sprecherin habe die Elektrowerkzeugsparte aber „einen Beitrag zur Profitabilität” der Gruppe geleistet.
Mit einer großen Protestveranstaltung in Leinfelden-Echterdingen haben Betriebsrat und IG Metall am Gründonnerstag gegen die Schließung der beiden Werke protestiert. Rund 600 Mitarbeiter hatten sich nach Gewerkschaftsangaben im Rahmen einer Betriebsratssprechstunde versammelt. „Der Wunsch der Geschäftsleitung, bis Ende 2026 das Werk abgewickelt zu haben, ist eine Unverschämtheit der Belegschaft gegenüber und wird nicht zu halten sein“, sagte die Betriebsratsvorsitzende Karin Solda. Wer den Slogan „Local for local“ oder „Vor-Ort-Produktion“ jemals ernst genommen habe, „muss jetzt in deutsche Standorte investieren“, fügte der Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Esslingen, Max Czipf, an. Zusammen mit den Stellenabbauprogramm in der Autosparte und im Geschäftsbereich für Haushaltsgeräte, BSH , summiert sich die Zahl der Stellen, die Bosch insgesamt streicht, auf mehr als 12.000.
Die Verlagerung von industrieller Produktion aus Deutschland nach Ungarn ist kein Einzelfall. Vor allem Autohersteller und ihre Zulieferer haben in Südosteuropa Fabriken aufgebaut. Die Arbeitskosten sind im europäischen Vergleich gering, zugleich sind die Qualifikation und die Leistungsbereitschaft der Beschäftigten hoch.
Zwar hat sich in den zurückliegenden Jahren die Lohndynamik beschleunigt, dies wurde aber teilweise durch eine Senkung der Lohnnebenkosten ausgeglichen. Die durchschnittlichen Arbeitskosten werden von der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer für 2023 mit 13,3 Euro je Stunde beziffert, womit sie im Vergleich zu Deutschland weniger als ein Drittel betragen. Ungarn liegt nicht nur in der Mitte Europas, sondern verfügt auch über eine gut ausgebaute Infrastruktur – sowohl für Transport und Logistik als auch hinsichtlich der Telekommunikationssysteme und der Energie.