Tinnitus durch verspannten Nacken: Was nun helfen kann

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Pfeifen, Piepen, Brummen im Ohr – Tinnitus kann die Folge von Verspannungen der Nackenmuskulatur sein. Was die Ohrgeräusche lindern kann.

Eine der häufigsten Tinnitus-Ursachen ist Lärm. Bei etwa 43 Prozent der Betroffenen sind die Ohrgeräusche Folge eines akustischen Traumas (Knalltrauma) oder häufiger Lärmbelastung der Ohren, etwa durch lautes Musikhören. Auch eine Schwerhörigkeit, Ohrschmalz, eine chronische Mittelohrentzündung oder ein geplatztes Trommelfell gehören zu den möglichen Auslösern für Tinnitus. Was viele nicht wissen: Verspannungen im Nacken können die Ohrgeräusche ebenfalls verursachen.

Laut dem Bundesministerium für Gesundheit haben fünf bis 15 Prozent der Erwachsenen irgendwann einmal länger andauernde Ohrgeräusche. In vielen Fällen verschwindet der Tinnitus nach kurzer Zeit von selbst wieder. Doch manchmal bleiben Piepsen, Pfeifen, Summen und Brummen ein Dauerthema. Dann beginnt für die Betroffenen die oft langwierige Suche nach der Ursache. Diese ist nicht immer erfolgreich: Bei bis zu 45 Prozent der Fälle wird kein eindeutiger Auslöser für die Ohrgeräusche gefunden. Mediziner sprechen dann von “idiopathischem Tinnitus”.

Ein möglicher Grund für die Ohrgeräusche können Verspannungen sein. Für Betroffene kann es sich lohnen, hinzuspüren: Ist der Tinnitus von Kopf- und Nackenschmerzen begleitet, bestehen Rückenbeschwerden oder schmerzen die Schultern, sind möglicherweise verspannte Muskeln die Ursache der störenden Ohrgeräusche. So strapaziert etwa häufige Schreibtischarbeit die Muskulatur im Rücken ebenso wie im Schulter-Nacken-Bereich.

Wie Ohrgeräusche durch Verspannungen genau ausgelöst werden, ist bislang nicht abschließend geklärt. Auch lässt sich ein Zusammenhang zwischen einer verspannten Nackenmuskulatur und den Ohrgeräuschen bislang nicht gesichert beweisen. Weitere Forschungen sind nötig. Die Theorie bislang ist: Es besteht eine Nervenverbindung von den Rezeptoren in den Nackenmuskeln zum Hörsystem im Gehirn. Dauerspannung im Nacken kann sich auf das Gehör übertragen.

Möglicherweise führen starke Verspannungen der Nacken- und Schultermuskulatur dazu, dass verstärkt Alarmsignale an das Gehirn gesendet werden – und dieses die Nervenreize fehlerhaft verarbeitet. In Folge ruft das Gehirn eine akustische Wahrnehmung ab, die tatsächlich gar nicht besteht (subjektives Ohrgeräusch).

Laut dem Deutschen Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. werden Veränderungen oder Blockaden insbesondere an den drei obersten Gelenken der Halswirbelsäule als Ursache kritisch diskutiert. Außerdem können verspannte Muskeln die hirnversorgenden Arterien einengen, was unter Umständen ebenfalls Ohrgeräusche begünstigt. Dann kann es sein, dass Betroffene das Blut in den Ohren rauschen hören (objektives Ohrgeräusch).

Auf Tinnitus spezialisierte Orthopäden, Physiotherapeuten und Osteopathen kennen bestimmte Triggerpunkte im Nacken, die mit Tinnitus in Zusammenhang stehen. Werden diese gedrückt und verändert sich Ton oder Intensität des Tinnitus, ist das ein Hinweis auf Verspannungen als Ursache.

Besteht der Verdacht, dass Verspannungen und Tinnitus zusammenhängen, können Betroffene mit gezielter Krankengymnastik versuchen, die Ohrgeräusche zu lindern. Die Übungen haben das Ziel, die Muskulatur zu lockern und zu dehnen und so Verkürzungen entgegenzuwirken. Das verbessert die Beweglichkeit und kann Schmerzen lindern, da die Belastung von den Nerven genommen wird.

Zudem kann die gezielte Kräftigung bestimmter Muskeln die Haltung von Rücken, Schultern, Hals und Kopf verbessern und die muskuläre Balance wiederherstellen. Gerade bei Schreibtischarbeit kippen Schultern und Kopf oft nach vorn und ein Rundrücken entsteht. Das Zusammenspiel der Muskeln gerät aus dem Gleichgewicht und eine anhaltende Fehlhaltung wird begünstigt. Welche Übungen im individuellen Fall Erfolg versprechend sind, erarbeitet der behandelnde Arzt oder Therapeut gemeinsam mit dem Tinnitus-Betroffenen.

Neben Dehn- und Kräftigungsübungen kommt auch einer guten Sitzhaltung am Schreibtisch Bedeutung zu. Je gerader der Rücken und je aufrechter der Kopf ist, desto weniger wird der Nacken belastet. Die Schultern sollten beim Nutzen der Tastatur gerade bleiben und locker und entspannt nach unten fließen. Gut ist, wenn die Unterarme entspannt aufliegen.

Der Winkel zwischen Ober- und Unterarmen sollte 90 Grad betragen. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, sich über die Tischplatte zu beugen oder die Arme weit vom Körper auszustrecken. Besser die Tastatur in Richtung Tischkante heranholen. Zwischendurch immer mal wieder den Kopf und die Schultern kreisen, um die Muskeln zu lockern.

Doch nicht nur im Nacken kann der Tinnitus seinen Ursprung haben. Ebenfalls ist bekannt, dass Probleme mit den Kiefermuskeln oder dem Kiefergelenk Ohrgeräusche auslösen können. Diese werden bei Stress oft zusätzlich verstärkt. Ein möglicher Grund ist, dass man bei Stress dazu neigt, die Kiefermuskeln anzuspannen und die Zähne verstärkt aufeinanderzubeißen. Auch das kann ein möglicher Grund für das Beschwerdebild sein. Wie die Deutsche Tinnitus-Liga e. V. mitteilt, gehören Funktionsstörungen der Halswirbelsäule, Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) sowie Bruxismus (Zähneknirschen) zu weiteren möglichen Auslösern von Tinnitus.

Das bestätigt auch der Deutsche Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. Patienten mit Schmerzen und Fehlfunktionen der Kaumuskulatur, der Kiefergelenke und der Zähne seien deutlich häufiger von einem Tinnitus betroffen als Patienten ohne diese sogenannte Craniomandibuläre Dysfunktionen (CMD). Bei unklaren, anhaltenden Ohrgeräuschen ist es daher empfehlenswert, auch Rücken, Schultern, Nacken und Kiefer als Auslöser in Betracht zu ziehen und untersuchen zu lassen.