Nach der Einstufung der gesamten AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wird weiter über die Folgen dieser Bewertung diskutiert. Neben der Frage, ob die Partei verboten werden sollte, geht es darum, ob es für Mitglieder der AfD ein Verbot geben sollte, im Staatsdienst zu arbeiten. Die Meinungen dazu gehen auseinander, auch innerhalb der CDU.
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), der am Dienstag das Amt des Kanzleramtsministers übernehmen soll, sprach sich für einen strengen Kurs aus. „Staatsbedienstete müssen auf der Seite der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen und unbedingt Gewähr bieten, sich immer dafür auch einzusetzen“, sagte Frei der F.A.Z. An dieser Stelle dürfe es keine Zweifel geben. „Daher hielte ich es für richtig, sich unter dieser Maxime jeden Einzelfall genau anzuschauen.“
Reul ist skeptisch
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigte sich dagegen zurückhaltend. „Man muss, wenn man jemanden aus dem öffentlichen Dienst entfernen will, nachweisen, dass genau diese Person ihre Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt hat“, sagte Reul dem WDR. „Und da ist eine Mitgliedschaft in einer Organisation ein Grund – aber ob das ausreicht? Glaube ich nicht, das wird man sehen. Es muss in jedem Fall einzeln nachgeprüft werden.“ Die Einzelfallprüfung gelte auch für angehende Beamte, also für Leute im Referendariat, sagte Reul. Es gebe keinen Automatismus. „Ich bin kein Freund von Schnellschüssen“, betonte Reul. Mögliche staatliche Maßnahmen müssten am Ende auch vor Gericht Bestand haben.
Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der Zeitung „Bild“: „Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss.“ Zudem gebe die Entscheidung des Verfassungsschutzes Anlass, zu prüfen, ob die AfD auf dieser Grundlage von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden könne. Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte gleich nach Bekanntwerden der Bewertung des BfV geäußert: „Wir werden auch prüfen, inwieweit die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und -Funktionäre im öffentlichen Dienst hat.“
Polizeigewerkschaft fordert Einheitlichkeit
Die Gewerkschaft der Polizei in Berlin fordert eine einheitliche Linie aller Bundesländer zu Mitgliedern der nun als rechtsextremistisch eingestuften AfD bei den Sicherheitsbehörden. Darüber solle sich die Innenministerkonferenz im Juni austauschen, „um abseits des föderalistischen Flickenteppichs einen einheitlichen Umgang zu fahren“, sagte Gewerkschaftssprecher Benjamin Jendro. Die GdP habe seit Jahren einen Unvereinbarkeitsbeschluss.
„Die Einstufung durch den Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem kann aus unserer Sicht durchaus Auswirkungen für sämtliche Beamte haben, denn sie unterliegen nicht nur der Neutralitäts-, sondern auch der Verfassungstreue- sowie Wohlverhaltenspflicht und haben sich mit ihrem Diensteid zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekannt“, fügte Jendro hinzu. „Die Mitgliedschaft in einer rechtsextremen Partei steht dem entgegen.“ Nachdem Hessen und Bayern angekündigt hatten, nach der Neubewertung der AfD durch den Verfassungsschutz Parteimitglieder in ihrem Staatsdienst zu überprüfen, soll das Thema bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder besprochen werden. Diese ist für den 11. bis 13. Juni 2025 in Bremerhaven geplant. Es soll sowohl über Folgen für AfD-Mitglieder im Staatsdienst diskutiert werden als auch über die staatliche Parteienfinanzierung und ein mögliches AfD-Verbotsverfahren.
Die Debatte über ein AfD-Verbot, die schon am Freitag begonnen hatte, ging über das Wochenende weiter. Der SPD-Vorsitzende und künftige Bundesfinanzminister Lars Klingbeil zeigte sich zurückhaltend. Ein Verbot könne den politischen Kampf gegen die Partei nicht ersetzen, sagte Klingbeil der „Bild am Sonntag“: „Was ich nicht glaube, ist, dass ein mögliches Verbotsverfahren, was jahrelang dauern könnte, das alleinige Instrument ist, um die AfD kleinzukriegen. Wir müssen uns politisch anstrengen.“ Die Regierung müsse mit einem anderen politischen Stil den Menschen Sicherheit geben und nicht durch Streit auffallen. Klingbeil sagte zum Thema Verbotsverfahren: „Das kann jetzt eine Möglichkeit sein. Aber mir geht es nicht darum, eine schnelle Schlagzeile zu produzieren.“ Das Gutachten des Verfassungsschutzes müsse nun schnell ausgewertet werden.
Die Grünen wollen mit der Union über ein Parteiverbotsverfahren reden. „Ein solcher Schritt braucht rechtliche Sorgfalt, aber auch den politischen Mut, ihn überhaupt in Betracht zu ziehen“, erklärte Ko-Parteichef Felix Banaszak am Sonntag über die Plattform X. Er rief CDU-Chef Friedrich Merz und CSU-Chef Markus Söder auf: „Lassen Sie uns gemeinsam darüber reden.“
In einer repräsentativen Umfrage des Instituts Insa sind 48 Prozent der Befragten dafür, dass die AfD jetzt verboten wird. 37 Prozent sind dagegen, 15 Prozent wissen es nicht. Zudem halten 61 Prozent die AfD für eine rechtsextremistische Partei, 31 Prozent tun dies nicht, 8 Prozent wissen es nicht. Insa befragte am Freitag und Samstag 1001 Personen.