George Simion profitierte von der annulierten Wahl

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Der rechtsradikale Kandidat George Simion hat die erste Runde des zweiten Versuchs der rumänischen Präsidentenwahl gewonnen. Im Stichentscheid am 18. Mai wird er auf den liberalen Herausforderer Nicusor Dan treffen, den parteilosen Oberbürgermeister von Bukarest. Anders als bei der ursprünglichen, später vom Verfassungsgericht annullierten Präsidentenwahl im November 2024 endete die Wiederholung ohne große Überraschungen. Im vergangenen November hatte sensationell der ebenfalls rechtsradikale vermeintliche Außenseiter Calin Georgescu die erste Runde gewonnen.

Ihn hatten weder Umfrageinstitute noch erfahrene politische Beobachter auf der Rechnung gehabt. Georgescu erhielt damals knapp 23 Prozent der Stimmen. Da auch seinerzeit schon angetretene Simion kam als viertplatzierter Kandidat auf knapp 14 Prozent. Die Wahl wurde jedoch wenige Tage später vom Verfassungsgericht wegen angeblicher russischer Einflussnahme annulliert. Weil im Umfeld seiner Unterstützer bei Razzien schwere Waffen gefunden wurden und ihm Falschaussagen zu seiner Wahlkampffinanzierung nachgewiesen werden konnten, wurde Georgescu zudem von einer erneuten Kandidatur bei der Präsidentenwahl ausgeschlossen.

Schlechte Regierungsführung bereitete dem Erfolg den Boden

Viele Rumänen empfanden insbesondere die Annullierung der Wahl als Bevormundung. Auch dieser „Georgescu-Effekt“ trug dazu bei, dass Simeon die erste Runde der Wahl nun mit triumphalem Vorsprung gewann: Nach Auszählung von gut 97 Prozent der abgegebenen Stimmen lag Simion in der Nacht zum Montag mit 40,26 Prozent Zuspruch vorn. Anders als im November 2024 hatten diesmal allerdings alle Umfragen ein solches Ergebnis erwarten lassen.

Spannend war einzig die Frage, wer es als zweiter Kandidat in die Stichwahl schaffen würde. Nun steht fest: Das ist der liberale Politiker Nicusor Dan. Er kam auf 20,75 Prozent. Crin Antonescu, der schwache Kandidat der unbeliebten Regierungskoalition, scheiterte mit ebenfalls knapp 20 Prozent.

In den Tagen bis zur Stichwahl wird es nun viele Spekulationen darüber geben, ob oder wie Dan den Rückstand auf Simeon noch aufholen kann. Rumänien und der Europäischen Union wäre zu wünschen, dass ihm das gelingt, denn unter einem Präsidenten Simion ginge dieser wichtige Staat an der Südostflanke der NATO einer ungewissen Zukunft entgegen. Doch die Hoffnung, dass diejenigen, die in der ersten Runde Crin Antonescu gewählt haben, im Stichentscheid geschlossen für Dan stimmen und ihm so zum Sieg verhelfen werden, muss nicht aufgehen.

Wie auch immer der Stichentscheid ausgeht: Die bisherige politische Elite in Bukarest, insbesondere die seit Jahrzehnten regierenden Sozialdemokraten und die Nationalliberalen, tragen eine erhebliche Mitschuld daran, dass Rumänien überhaupt in eine Lage kommen konnte, bei der man sich Sorgen machen muss, ob das Land weiter ein zuverlässiger Partner des Westens bleibt. Korruption, schlechte Regierungsführung und manipulative Tricksereien vor der Präsidentenwahl im November bereiteten dem Erfolg der Rechtsradikalen – erst Georgescu, nun Simeon – den Boden.

Doch Simeon hatte weitere willige Helfer bei seinem Aufstieg. Ohne die jahrelange Unterstützung zumindest von Teilen der Rumänisch-Orthodoxen Kirche, der Rumänischen Akademie der Wissenschaften und der Geheimdienste wäre sein Aufstieg schwer denkbar gewesen.