Das sind die Ministerinnen und Minister der SPD im Kabinett Merz

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Kabinett Merz

Das sind die Ministerinnen und Minister der SPD

Von F.A.Z.-Autoren



5. Mai 2025 · Klingbeil wird Finanzminister, Pistorius bleibt Verteidigungsminister. Soweit so erwartbar. Doch in der SPD-Regierungsmannschaft gibt es auch neue Gesichter – und einige erfahrene Sozialdemokraten sind nicht dabei.




Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD die Ministerien untereinander aufgeteilt. Nach der Union hat nun auch die SPD mitgeteilt, wer aus ihren Reihen ins Kabinett geht. Die Sozialdemokraten konnten sieben Minister benennen, CDU/CSU zusammen zehn.






Finanzen und Vizekanzler: Lars Klingbeil





Lars KlingbeilFoto: Reuters



Viel Muße, sich in die komplexe Materie der Finanzpolitik einzuarbeiten, hat Lars Klingbeil nicht. Der SPD-Vorsitzende darf schon in der Woche nach seiner Ernennung zum Finanzminister nach Brüssel reisen, um seine Amtskollegen in der Eurogruppe und dem ECOFIN-Rat kennenzulernen. Zwei Tage später kann Klingbeil die Ergebnisse der aktualisierten Steuerschätzung vorstellen. Sie sind eine wichtige Grundlage für den Bundeshaushalt. Zuletzt haben eingetrübte Wachstumserwartungen die Einnahmeaussichten gedämpft. Den Entwurf für den Etat 2025 muss der SPD-Politiker bald vorlegen, damit die Gesetzgebung zügig starten und die vorläufige Haushaltsführung wie gewünscht vor der Sommerpause enden kann. Damit nicht genug, beginnt das Gruppentreffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure aus sieben westlichen Industrieländern (G7) am 20. Mai im kanadischen Ferienort Banff.

Bisher hat sich Klingbeil nicht als Finanzpolitiker hervorgetan. Die Entscheidung, trotzdem Finanzminister zu werden, folgt machtpolitischen Erwägungen. Der 47 Jahre alte Niedersachse will der wichtigste SPD-Politiker sein, womöglich auch der Kanzlerkandidat für 2029, dann muss er das wichtigste Ministerium unter Friedrich Merz und die Vizekanzlerschaft übernehmen. Klingbeil ist ein ausgebuffter Verhandler und Netzwerker. Manche in der SPD wundern sich aber immer noch: Die SPD hat ihr historisch schlechtestes Ergebnis bei der Bundestagswahl bekommen, Klingbeil hat einen erheblichen Anteil daran, und trotzdem ist er der große Gewinner? Dass Klingbeils Aufstieg auf kaum Widerstand trifft, liegt daran, dass auch die kritischen Sozialdemokraten keine Alternative zu ihm sehen. (mas./moja.)









Justiz und Verbraucherschutz: Stefanie Hubig





Stefanie HubigFoto: dpa



Stefanie Hubig kennt das Bundesjustizministerium gut, das sie künftig führen wird. Sie leitete die Abteilung Strafverfolgung, bevor sie gut zwei Jahre als beamtete Staatssekretärin Teil der Hausleitung unter Justizminister Heiko Maas (SPD) war. 2016 erinnerte man sich in Rheinland-Pfalz an Hubig, die auch schon für wenige Jahre in Landesbehörden tätig war, als man eine neue Bildungsministerin suchte. Hubig, die in Bayern studiert und als Richterin am Landgericht gearbeitet hatte, war parteipolitisch kaum in Erscheinung getreten. In die Bildungspolitik arbeitete sie sich ein, obwohl Fachleute, die sie begleiteten, in den neun Jahren als Ministerin bis zum Schluss Leidenschaft für die Themen vermissten.

Hubig brachte in Rheinland-Pfalz das „S hoch vier“-Programm auf den Weg, das gezielt benachteiligte Schulen fördert und das als Vorbild für das „Chancen nutzen-Programm“ des Bundes galt. Hubig, promovierte Juristin, 56, tritt ruhig und sachlich auf. Die Bildungspolitik, die im Land entscheidend sein kann, hielt sie mit wenigen Ausnahmen aus den Schlagzeilen. In der Pandemie war sie 2020 Vorsitzende der Kultusminister-Konferenz. Auch in dieser Rolle, die sie als prägend beschreibt, wurde Hubig nicht durch knallige Äußerungen bekannt. Ein Parteifreund nannte sie mal „eine exzellente Verwalterin“. Sie gilt in der SPD als zuverlässig und kompetent, aber eher öffentlichkeitsscheu. Privat ist fast nichts über sie bekannt, eine Kandidatur für den Landtag strebte sie nicht an. (tist.)





Arbeit und Soziales: Bärbel Bas





Bärbel BasFoto: AFP



Wie die Welt, auch die von Sozialdemokraten, außerhalb der Berliner Blase aussieht, musste man Bärbel Bas noch nie erklären. Auch als Bundestagspräsidentin war sie regelmäßig in ihrem Duisburger Wahlkreis unterwegs, besuchte zum Beispiel ein Jugendzentrum in einer Gegend, in der es für Kinder nicht viele Perspektiven gibt. Bas sagte dann im Gespräch: Guckt mich an, manchmal passieren außergewöhnliche Dinge. Bas, 57 Jahre alt, hat fünf Geschwister. Früher musste sie ihre löchrigen Turnschuhe im Sozialamt vorführen, um Geld für neue zu bekommen. Sie schloss die Hauptschule ab, absolvierte ein Abendstudium und wurde Abteilungsleiterin bei einer Krankenkasse und Betriebsrätin, später Gesundheitspolitikerin. Sie ist eine Sozialdemokratin, wie es sie in der SPD kaum noch gibt. Als sie 2021 Bundestagspräsidentin wurde, waren viele überrascht. Inzwischen wird ihr fast alles in der SPD zugetraut, vielleicht wird sie nicht nur Arbeitsministerin, sondern muss auch den Parteivorsitz übernehmen.

Orientiert sich die Nachfolgerin von Hubertus Heil am Koalitionsvertrag, dann muss sie vieles anpacken, das ihrer Partei nicht gefällt, weil es von CDU/CSU erdacht wurde. Dazu zählt die Abschaffung des Bürgergelds in der derzeitigen Form, sein Umbau zu einer neuen Grundsicherung mit strengeren Regeln. Ähnliches gilt für eine große Sozialstaatsreform, die Leistungen straffen und vereinfachen soll. Schon die Ampel hatte sich dies vorgenommen, doch Heil ließ es liegen. Hält Bas es genauso, könnte dies bald das Koalitionsklima belasten. 

Allerdings ist die Union auch mit anderen Projekten auf Bas angewiesen, etwa mit der Mütterrente und der geplanten neuen „Frühstartrente“. Aus der SPD-Werkstatt stammt indes die geplante Festschreibung des Rentenniveaus, das für stärkere Rentenerhöhungen auf Steuerzahlerkosten sorgen soll. Und falls die neue Ministerin die Offensive sucht, legt sie – womöglich ohne Absprachen – einen Gesetzentwurf zur Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro vor. (dc./moja.)





Verteidigung: Boris Pistorius





Boris PistoriusFoto: dpa



Boris Pistorius bekommt nun die Chance zu beweisen, dass er nicht nur ein zu spät gekommener Minister großer Ankündigungen ist, sondern einer, der die Streitkräfte so aufstellt, dass sie Land und Bündnis umfassend verteidigen können. Mit seinem Verbleib im Verteidigungsministerium wächst die Chance, dass dies in Anbetracht massiver russischer Bedrohung und Amerikas Abkehr von gemeinsamen Werten und Allianzen gelingen kann. Bei der Truppe genießt Pistorius hohes Ansehen, wird aber ebenfalls vom Hauch des Unvollenders umschwebt. Dennoch dürfte die Bundeswehr erleichtert sein, nicht abermals eine Frau oder einen Mann erst einmal monatelang durch Standorte und Aktenberge begleiten zu müssen, ehe die eigentliche Arbeit beginnt. Der gebürtige Osnabrücker und langjährige Innenminister in Niedersachsen hat das schon hinter sich.

Zudem hat der Sozialdemokrat längst das Ministerium nach seinen Vorstellungen formen können, soweit seine Furcht vor dem Personalrat das seinerzeit zuließen. Hilfreich könnte sein, dass Rolf Mützenich nicht mehr die SPD-Fraktion führt und das Kanzleramt nicht Erfolge des Ministers aus parteitaktischen Erwägungen zu verhindern sucht.

Drei Hauptaufgaben warten auf ihn: Die Beschleunigung des Beschaffungswesens, die grundlegende Neuorganisation der Personalgewinnung auch mit Hilfe einer Wehrpflicht, und die ressortübergreifende Implementierung des Begriffs „Gesamtverteidigung“. Zudem muss er dafür sorgen, dass mit grenzenlosem Geld nicht eine große Verschwendung bei erheblicher Bereicherung Dritter Einzug hält, für die es bereits beim ersten Sondervermögen Anzeichen gab. Zuletzt hat man zwar wenig von Pistorius und seiner Mannschaft im Ministerium gehört, doch es darf davon ausgegangen werden, dass hart an all diesen Vorhaben gearbeitet wurde und der Minister nach seiner abermaligen Ernennung und Vereidigung rasch und weitreichend handelt. (pca.)





Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit: Carsten Schneider





Carsten SchneiderFoto: dpa



Carsten Schneider war in den letzten vier Jahren Ostbeauftragter als Staatsminister im Kanzleramt und hat sich in diesem Amt Anerkennung erworben. Dass er zu den neuen Ministern gehören könnte, war seit Wochen spekuliert worden. Das Ressort ist allerdings eher überraschend. Denn als Umwelt- und Klimapolitiker bringt Schneider kaum Erfahrung mit. Helfen im neuen Ressort soll ihm als Staatssekretär der Umweltfachmann Jochen Flasbarth, der schon früher dieses Amt im Umweltministerium innehatte.  

Der 49 Jahre alte Thüringer Schneider aus der Landeshauptstadt Erfurt ist zwar in der Riege der Minister neu, im Parlament sitzt er allerdings schon sehr lange. Mit 22 Jahren wurde er 1998 der jüngste Bundestagsabgeordnete, drei Jahre nachdem er der SPD beigetreten war. Er machte sich einen Namen als Finanzexperte und haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, gehörte zu den Vertrauten des Finanzministers Peer Steinbrück. Schneider gehört zum pragmatischen Teil der SPD, war  einige Jahre Sprecher des Seeheimer Kreises. Er ist gelernter Bankkaufmann, 2013 schloss er ein Studium der „Public Policy“ an der Universität Erfurt ab. Der verheiratete Vater  zweier Töchter ist ein leidenschaftlicher Rennradfahrer, Hobby-Angler und zudem Fan der Frankfurter Eintracht. (mwe.)





Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Reem Alabali-Radovan





Reem Alabali-RadovanFoto: dpa



Die neue Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit, Reem Alabali-Radovan, gehört zu den Senkrechtstartern, die niemand auf den vielen spekulativen Kabinettslisten hatte. Die aus irakischer Familie stammende Politikerin sitzt für den Wahlkreis Schwerin seit 2021 im Deutschen Bundestag. In Berlin war sie zuletzt Integrationsbeauftragte – wie zuvor schon im Kabinett von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Alabali-Radovan ist der SPD erst 2021 beigetreten und verdrängt nun eine der erfahrenen und auch angesehenen SPD-Ministerinnen aus dem Amt, Svenja Schulze.

Die Nachfolgerin, nach früheren Angaben auch Hobby-Boxerin beim BC Traktor Schwerin, kommt in ein Haus, dem es zuletzt an Geld und politischer Rückendeckung gemangelt hat. Die vielfältigen Aufgaben reichen von der Krisenbewältigung über die klassische Entwicklungspolitik, bis hin zur Bekämpfung von Fluchtursachen vor allem auf dem afrikanischen Kontinent. Aber auch in der Weltklimapolitik waren das Ministerium und die frühere Ministerin stark engagiert. Nicht zuletzt spielte das BMZ eine große Rolle dabei, für Auslandseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan und zuletzt Mali ein sicheres Umfeld zu schaffen. Mit derartigen Aufgaben hatte die 35 Jahre alte stellvertretende SPD-Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern bislang wenig zu tun. (pca.)





Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: Verena Hubertz





Verena HubertzFoto: dpa



Mit Verena Hubertz führt künftig eine Politikerin das Bauministerium, der es nicht an Tatendrang mangelt. In der vergangenen Legislaturperiode war die gebürtige Triererin als stellvertretende Fraktionsvorsitzende für die Wirtschaftsthemen zuständig. Das im linken Parteienspektrum kritisch gesehene Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) brachte Hubertz zusammen mit ihren Kollegen bei Grünen und FDP weitgehend geräuschlos durch den Bundestag. Dann war sie zusammen mit Matthias Miersch in der SPD-Fraktion die Schlüsselperson, die das Habeck‘sche Heizungsgesetz entschärfte.

Mit der 37 Jahre alten Hubertz kommt auch auf SPD-Seite ein unternehmerischer Blick ins Kabinett: Nach ihrem Studium an der privaten Wirtschaftshochschule WHU in Vallendar gründete sie das Start-up Kitchen Stories. Hubertz war maßgeblich daran beteiligt, den Deutschlandfonds in den Koalitionsvertrag zu verhandeln, der Unternehmen beim Wachsen helfen soll. Unprätentiös, ergebnisorientiert und fast immer ansprechbar: In der Bauwirtschaft dürfte man froh sein, dass sich so jemand nun darum kümmert, den nach wie vor großen Wohnungsmangel in Deutschland zu beheben. (loe.)