Metas KI-Training: Verbraucherschützer erwägen einstweilige Verfügung

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Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen droht, eine einstweilige Verfügung gegen Metas Training seiner Künstlichen Intelligenz (KI) mit Nutzerdaten zu beantragen. Das geht aus einer Stellungnahme des Mutterkonzerns von Facebook und Instagram hervor, die der F.A.Z. vorliegt. „Im schlimmsten Fall könnte dies dazu führen, dass wir das KI-Training in Deutschland nicht aufnehmen können“, sagt der Verfasser der Stellungnahme, Metas Verantwortlicher für politische Angelegenheiten im deutschsprachigen Raum Semjon Rens. Es könne auf Jahre Rechtsunsicherheit für KI-Anbieter in Deutschland geben, während das Training selbst im europäischen Ausland weiterlaufen könnte.

Die Verbraucherzentrale bestätigt auf Anfrage, den Konzern ein zweites Mal abgemahnt zu haben und eine einstweilige Verfügung zu erwägen. „Wir sind in der Prüfung, haben aber erhebliche Bedenken an der Rechtmäßigkeit des Vorgehens“, heißt es.

Mitte April hatte Meta angekündigt, ab dem 27. Mai wie in den USA auch in Europa sämtliche öffentliche Äußerungen der Nutzer von Instagram, Facebook und Threads sowie Interaktionen mit Metas KI-Chatbot zum Training seiner KI zu verwenden. Ausgenommen seien private Nachrichten und Beiträge von Konten, deren Inhaber noch nicht volljährig seien. Wer seine Daten nicht für das KI-Training hergeben möchte, muss aktiv widersprechen. Meta hat dafür Formulare bei Facebook und Instagram bereitgestellt. Der Widerspruch muss bis zum 26. Mai erfolgen, danach können die Beiträge in Trainings einfließen. Auch danach lässt sich noch Widerspruch einlegen, der dann für künftige Trainings gilt.

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Der Streit um das „berechtigte Interesse“

Dieses Training sei „in der Branche üblich“ und „entscheidend dafür, dass unsere modernen KI-Produkte und -Modelle die deutsche Kultur, Sprache und Geschichte zunehmend besser verstehen und wiedergeben“, rechtfertigt Rens das Vorgehen und verweist auf Konkurrenten wie Google und ChatGPT-Entwickler Open AI, die ebenfalls die Daten europäischer Nutzer verwendeten.

Meta wollte schon im vergangenen Jahr in Europa Nutzerdaten zum Training seiner KI verwenden, wurde aber von der zuständigen irischen Datenschutzbehörde zurückgepfiffen. Im Dezember einigte sich der Ausschuss der europäischen Datenschutzbehörden dann auf Leitlinien. Demnach können sich Digitalkonzerne basierend auf dem Artikel 6 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf ein „berechtigtes Interesse“ als Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch KI-Modelle berufen. Dafür müssten aber drei Bedingungen erfüllt sein: Der Anspruch auf Datenverarbeitung müsse legitim sein, sie müsse wirklich notwendig sein, und schlussendlich gelte es, die Grundrechte der Betroffenen mit dem Interesse des Unternehmens abzuwägen.

Meta sieht diese drei Bedingungen erfüllt, die nordrhein-westfälischen Verbraucherschützer haben Bedenken an Metas konkreter Umsetzung. Die Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses seien nicht mehr als eine Behördenmeinung und „kein Blankoschein für ein KI-Training auf Grundlage des berechtigten Interesses“. Es bedürfe einer Einzelfallbetrachtung. Im Falle Metas kritisieren die Verbraucherschützer unter anderem die kurze Frist und den Umstand, dass nur eingeloggte Nutzer der Regelung widersprechen könnten, nicht aber solche, deren Profil womöglich gehackt oder gesperrt worden sei.

Meta wiederum kritisiert das Vorgehen der Verbraucherschützer. Trotz des seit einem Jahr laufenden Dialogs mit den europäischen Datenschutzbehörden drohten diese, „unnötigerweise ein paralleles weiteres Verfahren auf Basis ihrer eigenen Auslegung der gleichen Datenschutzvorschriften einzuleiten“, schreibt Meta-Manager Rens. Das würde den EU-Binnenmarkt untergraben und den europäischen Zugang zu Spitzentechnologien weiter verzögern. Die Verbraucherzentrale NRW verweist gegenüber der F.A.Z. darauf, dass Verstöße gegen die DSGVO sowohl von den Aufsichtsbehörden als auch im Zivilverfahren beanstandet werden können.