Keiner will „GTA VI“ schneiden

5

Für Millionen Menschen im Internet war am Dienstag ein Werbefilm die wichtigste Nachricht des Tages. Der amerika­nische Spieleentwickler Rockstar Games veröffentlichte die zweite Vorschau für sein Spiel „Grand Theft Auto VI“ („GTA VI“). Mehr als 60 Millionen Zugriffe verzeichnete der Film auf Youtube, auf der Plattform X wurde er 81 Millionen Mal angezeigt.

Im fast drei Minuten langen Trailer zeigt Rockstar mehr vom Pärchen Lucia und Jason, die die Hauptrollen in dem Action-Spiel bekleiden, das in einer fiktiven Version der Stadt Miami im US-Bundesstaat Florida spielt. Die „GTA“-Reihe ist für ihre treffsicheren Persiflagen auf das amerikanische Zeitgeschehen bekannt. Spieler schlüpfen in die Haut von Kleinkriminellen und begleiten sie auf ihren Wegen zu reichen Räubern. Sie durchleben allerhand seltsames, lustiges, tragisches und vor allem gewalttätiges. Mit ihrer Mischung aus Humor, filmreifen Geschichten und vielfältigen Spielinhalten spricht die „GTA“-Reihe mit jedem Titel Millionen Spieler an.

Dem Trailer war am 2. Mai die Ankündigung, dass das Spiel nicht wie geplant im Herbst des laufenden Jahres, sondern erst am 26. Mai 2026 erscheinen soll. Das ist nicht nur für den börsen­notierten Verleger Take-Two Interactive relevant, bei dem das Spiel erscheint. Zeitgleich zur Verschiebung bekräftigte Take-Two, dass das Unternehmen für die Geschäftsjahre 2026 und 2027 – „GTA VI“ liegt nun in Letzterem – weiterhin „Umsätze auf Rekordniveau“ erwartet. Kurzzeitig fiel der Aktienkurs um mehr als zehn Prozent, erholte sich aber bis nach der Veröffentlichung des Werbefilms wieder.

DSGVO Platzhalter

Auch weite Teile der restlichen Spieleindustrie verfolgen das Geschehen um „GTA VI“ mit viel Aufmerksamkeit. Das hat einen Grund: Seit gut zwölf Jahren hält sich der Vorgänger „GTA V“ in den Topverkaufslisten der Spielebranche wie festbetoniert. Auf der Liste der bestverkauften Spiele des deutschen Branchenverbandes Game rangierte „GTA V“ im April 2025 auf Platz sechs. Das Spiel profitiert von einer lebendigen Onlinekomponente, die laufend mit neuen Inhalten versorgt wird und Spielern immer wieder einen Grund gibt, mehr Zeit und Geld dafür aufzuwenden.

Da die Konkurrenz ebenso wie Take-Two für den neuen Teil mit ähnlichem Geld- und Zeiteinsatz der globalen Spielerschaft rechnet, haben sich andere Verleger und Entwickler bisher mit Ankündigungen für den Herbst 2025 zurückgenommen. Vor allem teure Produktionen, die Spieler auch für mehrere Dutzend oder gar Hunderte Stunden binden sollen, finden sich in den Listen für diesen Herbst kaum.

Um „GTA VI“ herum wird es still

Take-Two ist mit dem eigenen Titel „Borderlands 4“ im September vertreten. Sony will es mit dem Samurai-Spiel „Ghost of Yotei“ im Oktober versuchen. Andere große Titel fehlen bisher. Ob sich nun mehr Verleger und Entwickler mit ihren Produktionen in das üblicherweise wegen des Weihnachtsgeschäftes sehr wichtige zweite Halbjahr trauen, bleibt abzuwarten.

Meiden dürften sie indes nun Frühjahr und Sommer 2026. Dabei war laut dem Fachjournalisten Jason Schreier schon zu Beginn dieses Jahres absehbar, dass es zu einer Verschiebung kommen könnte. „Seit Langem hielt niemand bei Rockstar, mit dem ich gesprochen habe, Herbst 2025 für ein realistisches Zeitfenster“, schrieb er auf der Plattform Bluesky. Schreier ist für seine guten Kontakte in der Branche bekannt. Take-Two, schrieb er, wolle mit der Ver­schiebung auch eine hohe Zahl von Überstunden verhindern. Im Vorfeld der Veröffentlichung von „Red Dead Redemp­tion 2“ im Jahr 2018 tauchten Berichte über Wochen mit 100 Arbeitsstunden bei Rockstar auf, die von Mitarbeitern aber in Zweifel gezogen wurden.

Während der erste Trailer von „GTA VI“ Ko-Protagonistin Lucia stärker beleuchtete, kommt ihr Partner Jason im neuen Clip mehr zu Wort.
Während der erste Trailer von „GTA VI“ Ko-Protagonistin Lucia stärker beleuchtete, kommt ihr Partner Jason im neuen Clip mehr zu Wort.Rockstar Games

Spieler schauen derweil gespannt auf das noch nicht beschriebene Preisschild von „GTA VI“. Gerüchte machen die Runde, nach denen das Spiel 100 Euro beziehungsweise Dollar kosten könnte. Vollpreisspiele kosten derzeit meist zwischen 60 und 70 Euro. Spiele- und Konsolenhersteller schicken sich derzeit allerdings an, die Spanne nach oben zu erweitern. Den Anfang machte kürzlich der japanische Hersteller Nintendo , dessen Vollpreistitel für die Anfang Juni erscheinende Konsole Switch 2 bis zu 80 Euro kosten sollen. Wenige Tage später kündigte Konkurrent Sony an, seine seit fünf Jahren im Handel befindlichen Konsolen der Playstation 5-Familie zu verteuern.

Spielebranche will höhere Preise durchsetzen

Anfang Mai zog auch Konsolenhersteller Microsoft nach. Neue Spiele für die Konsolen Xbox Series X und S sollen nun 80 Euro kosten. Als Gründe nannten alle drei ein schwieriges Marktumfeld, anhaltende Inflation und Unsicherheiten durch die Zölle des amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Der Weg zu höheren Preisen für Premiumtitel wie „GTA VI“, das in der Produktion mehrere Hundert Millionen Dollar verschlingen dürfte, wäre vorgezeichnet.

Spielern mögen die Preise sauer aufstoßen. In der Branche hoffen dagegen einige auf ein Schwergewicht wie „GTA VI“ mit großer Preissetzungsmacht, das Spieler darauf einstellt, mehr für Spiele zu bezahlen. Die Umsätze der Branche stagnierten zuletzt. Die Analysten von Newzoo errechneten im März für 2024 ein Marktvolumen von rund 178 Milliarden Dollar und damit nur ein geringes Plus von 0,6 Prozent im Vergleich zu 2024. Im laufenden Jahr rechnen die Analysten mit 186 Milliarden Dollar und rund vier Prozent Wachstum. Zum Zeitpunkt der Berechnung war „GTA VI“ aber noch auf Herbst 2025 terminiert.