Wir sind sehr besorgt! Spitzenforscher kritisieren Trumps Kurs in der Wissenschaft:

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9. Mai 2025 · Die US-Regierung greift in nie da gewesenem Ausmaß in die Wissenschaftsfreiheit ein. Zunächst schienen Wissenschaftler wie paralysiert. Neun Spitzenforscher erklären hier, warum sie nun ihre Stimme gegen den Trump-Kurs erheben.




Demokratie

Mein Lebenswerk konzentriert sich auf wissenschaftliche Entdeckungen. Der Angriff der Trump-Regierung auf die Finanzierung der Wissenschaft und auf die Universitäten ist illegal und antidemokratisch. Und er ist auch tragisch. Er wird Krankheiten und Leiden nach sich ziehen und Amerikas Wirtschaftskraft aushöhlen.

Es gab kein bestimmtes Ereignis, keine Erfahrung und auch keine bestimmte Entscheidung der Regierung, die mich dazu veranlasst hat, meine Stimme nun zu erheben. Seit dem Tag der Amtseinführung gibt es jeden Tag neue illegale Handlungen. Es ist an der Zeit, Stellung zu beziehen. Die Freiheit steht auf dem Spiel, ebenso wie die Wissenschaft.












Meinungsfreiheit

Ich habe mich entschieden, den offenen Brief gegen die Kürzungen in der Wissenschaft zu unterzeichnen, weil ich befürchte, dass nicht nur die akademische Freiheit, sondern auch das Recht auf freie Meinungsäußerung weltweit bedroht ist und nun auch in den USA stark eingeschränkt wird. Unsere Sorge als Wissenschaftler ist nicht nur, dass die Finanzierung gekürzt wird, sondern auch, dass unsere Fähigkeit, frei zu sprechen, abweichende Meinungen zu vertreten und einen Forschungsgegenstand unvoreingenommen zu untersuchen, eingeschränkt wird. Die Trump-Regierung weitet hier aus, was bereits unter der Biden-Regierung geschah und was leider auch für Deutschland gilt, wo die Redefreiheit eingeschränkt ist.

Eine Reihe von Maßnahmen der Trump-Regierung besorgt mich zutiefst: Am meisten getroffen hat mich, dass die Kürzung von Bundesmitteln und die Drohung, den Status der Gemeinnützigkeit von Forschungseinrichtungen zu ändern, als Mittel zur Einschränkung der Meinungsfreiheit eingesetzt werden. Ich glaube, dass eine Regierung das Recht hat, Forschungsprioritäten festzulegen. Das haben alle US-Regierungen getan. Aber die Forschungsinhalte zu bestimmen, Themen wie Klimawandel oder Geschlechterfragen grundsätzlich zu verbieten, ist eine Einschränkung der Freiheit nicht nur der Wissenschaft, sondern auch der freien Meinungsäußerung, die mich beunruhigt.








Fortschritt

Seit 75 Jahren hat die staatlich finanzierte Forschung in Wissenschaft und Technik Fortschritte ermöglicht, die, vom Privatsektor in die Praxis umgesetzt, diesem Land die stärkste Wirtschaft der Welt, die beeindruckendste Medizintechnik, den robustesten Umweltschutz und das fähigste Militär beschert haben. Aus einer offensichtlich tief sitzenden Abneigung gegen Wissenschaft und gegen daten- und faktenbewusste Entscheidungsfindung heraus hat die Trump-Regierung jedoch seit dem Tag ihres Amtsantritts versucht, diesen Motor des amerikanischen Wohlstands weitgehend zu demontieren.

Die weitreichenden, vernichtenden Angriffe auf die Wissenschaft verursachen nicht nur unmittelbar immense Störungen im Leben der Wissenschaftler, in der Wirtschaft ganzer Gemeinden und im Fortschritt der Wissenschaft und ihrer Anwendungen auf nationaler Ebene. Sie führen auch bereits jetzt zu einer Abwanderung hochrangiger wissenschaftlicher Talente, zu einer Verringerung der Anzahl talentierter ausländischer Studenten, die hier studieren wollen, und zu einer Entmutigung junger Amerikaner, hier eine Karriere in wissenschaftlichen und technischen Bereichen anzustreben. Das wird den Fortschritt in Wissenschaft und Innovation in diesem Land für Jahrzehnte beeinträchtigen.








Vielfalt

Als Psychologin, langjährige Hochschulleiterin und jemand, der mit US-Bundesbehörden in den Bereichen Wissenschaftspolitik, MINT-Talentförderung und Finanzierungsfragen zusammengearbeitet hat, bin ich sehr besorgt über die plötzlichen Umbrüche: angefangen von drastischen Kürzungen bis hin zur plötzlichen Aufhebung von Finanzierungszusagen. Als Ko-Vorsitzende des Lenkungsausschusses der Presidents’ Alliance on Higher Education and Immigration, einer Koalition von 570 College- und Universitätspräsidenten in den USA, wachsen seit den Präsidentschaftswahlen in den USA meine Befürchtungen, Studierende, Lehrkräfte und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge könnten ins Visier geraten. Ich fürchte auch, dass die Fortschritte, die wir über viele Jahrzehnte hinweg bei der Ausweitung der Talentförderung in den MINT-Fächern gemacht haben, wieder rückgängig gemacht werden.

Ich bin seit der Wahl zunehmend besorgt darüber, dass die langjährige Arbeit, die wir in den USA zur Förderung von Talenten geleistet haben, an Einfluss verliert. Ich habe viele Jahrzehnte lang Strategien und Programme der National Science Foundation (NSF) mit entwickelt, die sich um die Diversifizierung der MINT-Arbeitskräfte bemühen, auch in den Fakultäten von Colleges und Universitäten. Mir liegt auch die Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft am Herzen, ein entsprechendes Programm hat die neue Regierung jetzt „archiviert“. Die Vorstöße der neuen Regierung, die Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion aus der Wissenschaftsfinanzierung auf Bundesebene zu streichen, bereiten mir und den vielen führenden Wissenschaftlern in den USA große Sorgen. Denn vielfältige Teams sind besser in der Lage, Innovationen hervorzubringen als homogene Teams.








Zukunft

Die wissenschaftliche Forschung ist für meine Universität, aber auch für die Nation und die ganze Welt von entscheidender Bedeutung. Ich erhalte derzeit keine Forschungsmittel von der Bundesregierung, aber viele meiner Kollegen tun das. Es ist schmerzhaft, zu sehen, wie sie leiden, wenn die Zuschüsse plötzlich gestrichen werden. Es ist schmerzhaft, zu sehen, wie die Forschungsarbeit der Doktoranden, die die Zukunft der Wissenschaft sind, unterbrochen wird. Es tut weh, zu sehen, wie sich dies in diesem Land immer und immer wieder abspielt. Und das ohne einen guten Grund! Meine Universität, die Nation und die Welt leiden. Deshalb habe ich mich meinen Kolleginnen und Kollegen von den Nationalen Akademien angeschlossen und den Brief gegen die Einflussnahme und Kürzungen in der Wissenschaft unterzeichnet.








Schlüsseltechnologien

Die gegenwärtigen Maßnahmen dieser Regierung sind in ihrem Ausmaß beispiellos und fügen der wissenschaftlichen Forschung hier in den Vereinigten Staaten schon jetzt einen großen dauerhaften und unnötigen Schaden zu, ohne dass dies einem besonders nützlichen Zweck dient. Oft nimmt die Gesellschaft die Vorteile wissenschaftlicher Forschung als selbstverständlich hin; wir alle genießen beispielsweise die Möglichkeit, sofort und sicher über das Internet zu kommunizieren und Finanztransaktionen durchzuführen, aber nur sehr wenige Mitglieder der Öffentlichkeit haben ein tieferes Verständnis der Wissenschaft und Technologie, die dies möglich machen. Vielen ist auch nicht bewusst, wie hilfreich künftige Innovationen in einer Reihe von Schlüsseltechnologien in den Bereichen Gesundheit, Verkehr, Energie oder anderen Bereichen sind. Viele wissenschaftliche Projekte erfordern jedoch eine mittel- oder langfristige Planung, denn man muss Studenten und Postdocs einstellen, Labore einrichten, manche Experimente über Jahre hinweg durchführen – und vieles mehr. Deshalb ist Forschung auf stabile Finanzierungsmechanismen angewiesen und auf die Möglichkeit, wissenschaftlichen Fragen nachzugehen, ohne Repressalien für den Fall befürchten zu müssen, dass die Antworten den Machthabern nicht gefallen.

Auf allmähliche Veränderungen in der Finanzierung kann man sich einstellen; aber die Abruptheit und die scheinbare Willkür der derzeitigen Finanzierungsänderungen sind zerstörerisch, insbesondere für Nachwuchswissenschaftler, die am meisten auf planbare Karrierewege angewiesen sind und deren Arbeit für die Zukunft der gesamten Wissenschaft so wichtig ist. Es gibt bereits jetzt infolge der Maßnahmen Einstellungsstopps und drastische Kürzungen bei den Zulassungsprogrammen für Hochschulabsolventen. Ich fürchte, dass noch mehr Unruhe entstehen wird. Dazu zu schweigen, könnte in manchen Kreisen als stillschweigende Zustimmung zu einer solch zerstörerischen Politik angesehen werden, weshalb ich es für notwendig halte, meine Stimme zu erheben und Einspruch zu erheben.








Rechtsstaat

Als Wissenschaftler bin ich entsetzt über die Angriffe der Trump-Regierung auf die Wissenschaft, die für die Zukunft der USA und der Welt schädlich sind. Die willkürlichen Kürzungen der Wissenschaftsfinanzierung an den Universitäten sind schlichtweg illegal und werden vor Gericht bekämpft. Die Zerstörung der Klimaforschung bei gleichzeitigem Ausbau der Nutzung fossiler Brennstoffe ist meiner Meinung nach ein Verbrechen gegen die Menschheit.

Als Bürger bin ich entsetzt über die Abkehr der Trump-Regierung von der Rechtsstaatlichkeit. Wir gleiten in die Autokratie ab. Ich muss mit allen Mitteln dagegen ankämpfen, die ich habe.








Innovationen

Ich setze mich weiterhin für die Wissenschaft und unsere Universitäten ein, an denen der größte Teil unserer Grundlagenforschung stattfindet. Ausgaben für die Wissenschaft, einschließlich der Grundlagenforschung, sind keine Kosten, sondern eine Investition in die Zukunft. Es ist eine Investition, die sich für die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit sehr ausgezahlt hat und dies auch weiterhin tun wird.

Seit Jahren setze ich mich für die Wissenschaft ein, insbesondere für eine wissenschaftsbasierte Politikgestaltung. Aber derzeit ist sie besonders wichtig. Die vorgeschlagenen Kürzungen werden unserer Forschungsinfrastruktur und insbesondere dem wissenschaftlichen Nachwuchs großen Schaden zufügen. Auch die Industrie sollte sich zu Wort melden, denn die Universitäten bilden mit staatlicher Forschungsunterstützung die Wissenschaftler aus, die die Innovation im privaten Sektor vorantreiben. Die vorgeschlagenen Budgets würden auch viele öffentliche Güter wie die Erdbeobachtung und die Wettervorhersage einschränken, auf die wir für die aktuelle und langfristige Planung angewiesen sind.








Gemeinwohl

Die Angriffe auf Universitäten wie Harvard haben mich dazu bewogen, meine Stimme zu erheben. Diese Institute sind nicht perfekt, aber sie sind entscheidende Quellen für die Ausbildung der nächsten Generation und für Entdeckungen, die letztlich dem Land und der Menschheit zugutekommen. Werden diese Institute geschädigt, werden die Chancen für Jahrzehnte geschmälert. In den USA haben die meisten Entdeckungen, von denen unsere Wirtschaft und Gesellschaft abhängen, ihren Ursprung an diesen Universitäten: etwa Internet, Computer, Halbleiter, soziale Medien, Künstliche Intelligenz, moderne Pharmazeutika, Biotechnologie, moderne Landwirtschaft, ganz zu schweigen von der Kernkraft, der Luftfahrt und dem Großteil des modernen Gesundheitswesens. Diese Institute leisten einen wichtigen Beitrag zur Zukunft, indem sie Themen wie Hochtemperatur-Supraleitermaterialien, Quantencomputer, Kernfusionsenergie, viele Aspekte des Gesundheitswesens erforschen. Sie alle sind gemeinnützige Einrichtungen, die über Jahrhunderte aufgebaut wurden und in einem Jahrzehnt irreversibel geschädigt werden könnten.