Der „Deal“, der Amerika reich und mächtig machte

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In einem kleinen, als Wintersportziel beliebten Ausflugsort im amerikanischen Bundesstaat New Hampshire wurden die USA zur Wirtschafts- und Finanzweltmacht Nummer eins und der Dollar die mit Abstand wichtigste Währung des Planeten. Das Städtchen gibt es heute noch, es heißt Bretton Woods, und in das Mount Washington Hotel – benannt nach dem höchsten Berg der Region – luden die Vereinten Nationen im Jahr 1944 zu einer wegweisenden Konferenz. In Europa näherte sich der Zweite Weltkrieg seinem absehbaren Ende, China befand sich im Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Nationalisten, das British Empire hatte seinen Zenit lange überschritten, wenige Jahre später sollten auch Indien und Pakistan unabhängig werden.

In Bretton Woods wiederum wollten sie seinerzeit darüber nachdenken, wie die Wirtschaftswelt nach dem Krieg aussehen könnte, wie sie gestaltet sein müsste. Die Weltwirtschaftskrise war noch in frischer Erinnerung, die gestiegene Arbeitslosigkeit, die politische Polarisierung, die in vielen westlichen Ländern dramatische Folgen zeitigte, in Deutschland Hitler an die Macht brachte, Amerika in die „Große Depression“ beförderte.

Wie gelingt es, dass sich so etwas möglichst nicht wiederholt? Dass Länder sich nicht mehr mit Zöllen traktieren, ihre Währungen nicht wettkampfgleich gegeneinander abwerten, um sich Absatzvorteile zu verschaffen, dass Schulden nicht aus dem Ruder laufen? Wie gelingt der Wiederaufbau, und wer bezahlt ihn? Wie können die Länder gemeinsam künftigen Wirtschaftskrisen vorbeugen oder sie bewältigen, wenn sie sich doch ereignen? Mit solchen Fragen im Gepäck reisten mehr als 700 Vertreter aus 44 Nationen an.

Britischer Chefberater: John Maynard Keynes spricht auf der Konferenz in Bretton Woods im Jahr 1944.
Britischer Chefberater: John Maynard Keynes spricht auf der Konferenz in Bretton Woods im Jahr 1944.Getty

Zwei von ihnen stachen heraus: Die Briten hatten mit John Maynard Keynes einen der versiertesten Ökonomen der damaligen Zeit aufgeboten, der die ökonomische Theorie revolutionierte und auch die praktische Politik weitsichtig kommentierte – Keynes erkannte beispielsweise früh, früher als andere, dass der Versailler Vertrag den Kriegsverlierer Deutschland derart wirtschaftlich strangulierte, dass dies auch außenpolitisch und wirtschaftlich negative Folgen für die Siegerstaaten haben würde.

Keynes war zu jener Zeit Berater des britischen Finanzministeriums und befand sich darum trotz seines hohen persönlichen Ansehens in einer eher schwachen Ausgangsposition gegenüber der amerikanischen Delegation. Denn das Vereinigte Königreich konnte sich gegen Nazideutschland bekanntlich behaupten, litt unter den unmittelbaren Kriegsfolgen aber viel schwerer als die USA und war gegenüber den Amerikanern zudem zunehmend hoch verschuldet.

Washington wiederum entsandte einen weit unbekannteren Fachmann als Keynes nach Bretton Woods, den leitenden Ökonomen für internationale Fragen im Finanzministerium, Harry Dexter White.

Keynes warb für eine Art Weltzentralbank

Keynes und White waren die wesentlichen Ideengeber des Treffens. Beide teilten die Auffassung, wonach es potentiell problematisch ist, wenn Länder dauerhaft viel mehr einführen, als sie ausführen oder umgekehrt, und wenn sie sich hierfür im Ausland enorm verschulden oder eben diesem Kredit gewähren. Mindestens wollten beide Fachleute für solche „Ungleichgewichte“ irgendwie vorsorgen. Und sie stimmten ebenfalls darin überein, dass die Länder ihre Währungen in bestimmten Verhältnissen und Grenzen aneinanderbinden und eben keine freien Wechselkursschwankungen zulassen sollten, wie das heute weitgehend der Fall ist.

Doch ihre Entwürfe unterschieden sich in wichtigen Elementen: Keynes warb für eine Art Weltzentralbank, für die er den Namen „Clearing Union“ erdachte. Und für eine neue, internationale Währung, der er den Namen „Bancor“ gab. Alle beteiligten Länder sollten sie nutzen können, um notfalls besagte Ungleichgewichte in ihren Handels- und Finanzbeziehungen mit anderen Staaten auszugleichen – und dafür jeweils bestimmte Kreditlinien bekommen. Keynes setzte seine Grundüberzeugung international fort, wonach im Falle einer schweren Wirtschaftskrise eine öffentliche Institution beherzt eingreifen und stabilisieren solle.

White ging dieser Ansatz zu weit. Auch er glaubte, dass eine gewisse internationale Koordination und Krisenhilfe nötig ist, präsentierte diese aber in einer anderen, deutlich überschaubareren Dimension: Er brachte einen „Stabilization Fund“ ins Gespräch mit einer geringeren Finanzkraft als diejenige der von Keynes favorisierten „Clearing Union“. Und er hielt es auch nicht für zielführend, eine neue Währung zu erschaffen, sondern schlug stattdessen vor, seinen Fonds mit einem Pool aus nationalen Währungen auszustatten – was sich für den Dollar sehr auszahlen sollte.

Drei Wochen diskutierten die Konferenzteilnehmer, Keynes erlitt währenddessen einen leichten Herzinfarkt, schließlich einigten sie sich im Kern auf Whites Idee. Sie vereinbarten ein System fester Wechselkurse, indem es den Mitgliedern oblag, ihre Währungen zu bestimmten Kursen an den Dollar zu binden und diese Niveaus jeweils zu gewährleisten. Die Amerikaner verpflichteten sich ihrerseits gegenüber ausländischen Notenbanken, den Dollar zu einem festen Verhältnis in das Edelmetall Gold umzutauschen, das zunächst ein weiterer zen­traler Pfeiler der Währungsordnung blieb. Zudem entstanden kurz darauf zwei neue Institutionen in Washington, der Internationale Währungsfonds (Whites „Stabilization Fund“) und die Weltbank. Eine echte, wie von Keynes erhoffte Weltzen­tralbank ging daraus nicht hervor. Dafür wuchs der Einfluss der amerikanischen Notenbank Federal Reserve über die Jahre beträchtlich – was die Währungshüter in Washington entschieden, wirkte spätestens seither immer auch über Amerika hinaus.

Wall Street schon damals enorm wichtig

Die Folgen all dessen waren kaum zu unterschätzen: Durch dieses nach dem Ort benannte Bretton-Woods-System wurden die Vereinigten Staaten der Dreh- und Angelpunkt des Weltfinanzsystems. Dieser „Deal“ hat die USA letztlich wirtschaftlich und darüber hinaus mächtiger gemacht, als sie es je zuvor gewesen waren. Natürlich reichte dazu nicht eine Entscheidung in einem Berghotel. Eine echte Leitwährung kann immer nur ein Land emittieren, das wirtschaftlich stark ist, über tiefe und weit entwickelte Kapitalmärkte verfügt und einen großen Absatzmarkt mit einem breiten Güter- und Dienstleistungsangebot bereitstellt, aus dem die Besitzer dieser Währung kaufen können – ganz gleich, wo sie beheimatet sind.

Die in ihrer Geschichte lange Zeit eher protektionistisch eingestellten Vereinigten Staaten entwickelten sich tendenziell genau zu einem solchen Land. New York war schon damals mit der Wall Street einer der wichtigsten Finanzplätze der Welt, die amerikanischen Banken weiteten ihr Geschäft international zusehends aus. Einen alternativen Akteur, der diese Rolle hätte einnehmen können, gab es schlicht nicht.

Das System funktionierte nicht frei von Friktionen. Die amerikanische Zentralbank befand sich immer wieder im Zwiespalt zwischen ihren per Mandat zugedachten Zielen, für niedrige Inflation und hohe Beschäftigung innerhalb der Vereinigten Staaten zu sorgen und zugleich im Blick zu behalten, dass das Währungssystem prinzipiell erhalten blieb. Die Notenbanken der übrigen Länder waren aber deutlich stärker eingeschränkt, weil sie wie dargestellt verpflichtet waren, den jeweiligen Dollar-Wechselkurs zu fixieren.

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Auch wissenschaftlich inspirierte dies durchaus lebhafte Debatten. Robert Mundell, der Jahrzehnte später den Wirtschaftsnobelpreis bekommen sollte, befasste sich mit der Frage, wie Geld- und Finanzpolitik in einem System fester oder flexibler Wechselkurse wirken und ob sie beispielsweise geeignet sind, Arbeitslosigkeit zu mindern. Den von ihm entwickelten theoretischen Modellrahmen verwenden Ökonomen bis heute immer wieder. Im Jahr 1961 veröffentlichte er zudem einen Aufsatz mit dem Titel „Eine Theorie der optimalen Währungsräume“. Darin griff er die in den Fünfzigerjahren von Milton Friedman, der für flexible Wechselkurse plädierte, losgetretene Währungsdiskussion auf und stellte sie auf ein höheres Abstraktionsniveau. Mundell fragte nicht, ob flexible oder feste Wechselkurse generell besser sind, sondern danach, wer sich „optimalerweise“ eine Währung teilen und wie viele Währungen es auf der Welt geben sollte. Dahinterstehende Überlegungen sind bis heute relevant, in Amerika wie in Europa wie in Asien – sie fließen nahezu kontinuierlich in den nie endenden Streit über den Politikmix ein, um Wirtschaftswachstum zu unterstützen, Krisen zu verhindern oder zumindest schnell zu überwinden.

Ein anderer Ökonom namens Robert Triffin, der aus Belgien stammte und in Harvard studierte, sagte wiederum ebenfalls in den Fünfzigerjahren voraus, dass das erdachte internationale Währungssystem mit dem Dollar im Zentrum dauerhaft an Grenzen stoßen werde. Und zwar aufgrund eines eingebauten Dilemmas zwischen dem weltweit wachsenden Wunsch, den Dollar zu verwenden, und der Fähigkeit und dem Willen der USA, ihn weiterhin mit ihren Goldbeständen zu decken. Triffin erregte Aufsehen bis in die Spitze der amerikanischen Regierung – und sollte dereinst richtigliegen.

Dem theoretischen Disput zum Trotz stellte sich das gesamte, in Bretton Woods vereinbarte Arrangement wiederum in der Praxis durchaus als zunächst akzeptabler Ansatz heraus. Als einer, innerhalb dessen sich nicht zuletzt die westliche Welt nach dem Kriegsende neu sortierte, formierte, wiederaufbaute und wirtschaftlich gedieh, zumal in der Bundesrepublik Deutschland.

Dollar behielt seine Leitwährungsrolle

Der Dollar rückte ins Zen­trum des Weltfinanzsystems und blieb dort bestehen. Das lag am institutionellen Rahmen, den das Bretton-Woods-System setzte. Aber nicht nur. Die dominierende Rolle des Dollars fußte auch einfach darauf, dass es für viele Banken praktisch war und ist, eine einzige Währungsbezugsgröße zu haben und zu nutzen. Schon bevor die einzelnen IWF-Artikel griffen, hatte sich der Dollar längst als internationales Geld etabliert, als Rechengröße, als Mittel, um Zahlungen abzuwickeln auch von und zwischen Ländern, die eigentlich über eigene Währungen verfügen – und nicht zuletzt als Währungsreserve von Zentralbanken rund um den Globus, die dankbar waren, anstelle von Gold zinstragende amerikanische Staatsanleihen wählen zu können. Alle drei Währungsfunktionen unterstützten sich gegenseitig, und der Dollar profitierte als Leitwährung von dem, was Ökonomen Netzwerkeffekte nennen: Weil ihn alle nutzten, kam niemand an ihm vorbei. Der Ökonom Ronald McKinnon bezeichnete die Währungsordnung aus all diesen Gründen einmal treffend als „ungeliebten Dollar-Standard“ – als „ungeliebt“, weil er ebendie beteiligten Länder und Institutionen vor Zielkonflikte stellte, aber zugleich hilfreich war.

Der Dollar behielt seine Leitwährungsrolle aber auch, als das Bretton-Woods-System zu Beginn der Siebzigerjahre nicht mehr aufrechtzuerhalten war und zusammenbrach – und die Welt sich im Kern darauf verständigte, Wechselkurse zu flexibilisieren und lang- und kurzfristigere Geldanlagen im Ausland zu erleichtern. Das lag an der beschriebenen Nützlichkeit einer breit einsetzbaren Währung und Währungsbezugsgröße. Aber etwa auch daran, dass dem damaligen amerikanischen Präsidenten Richard Nixon kurz darauf ein regelrechter Coup gelang, als er den saudi-arabischen König Faisal davon überzeugte, den rund um den Globus zen­tralen Rohstoff Öl nur in Dollar zu bepreisen – im Gegenzug für militärischen Schutz der Vereinigten Staaten am Golf. Diese Vereinbarung sicherte eine beständige hohe Nachfrage nach Dollar von nahezu überallher.

Die leitwährungsbedingt beständig hohe Nachfrage nach Dollar ermöglicht den USA seither, sich höher, leichter und dauerhafter zu verschulden, als alle anderen Länder dies vermögen. Amerikanische Staatsanleihen gelten als das liquideste Wertpapier der Welt, ihre Rendite ist richtungweisend für unzählige andere Verzinsungen. Der frühere französische Präsident Giscard d’Estaing bezeichnete die Vorteile des Dollars einst als „exorbitantes Privileg“, um das viele andere Länder die Vereinigten Staaten immer wieder beneideten. John Connally, der unter Nixon amerikanischer Finanzminister gewesen war, brachte das gegenüber dem Rest der Welt wiederum einmal provokant so auf den Punkt: „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem.“

Zahlreiche Währungskrisen folgten

Zwischen Amerikanern, Europäern und Asiaten gab es seither immer wieder Streit, diese oder jene Währung werde nicht fair bewertet. Der von Washington erhobene Vorwurf, die Deutschen produzierten zu hohe Exportüberschüsse, ist jedenfalls deutlich älter als die entsprechende Klage anderer Mitgliedsländer der Währungsunion während der Eurokrise. Mitunter mündeten diese Dispute sogar in koordinierten Währungseingriffen, die unter Namen wie „Plaza Accord“ oder „Louvre Accord“ in die Wirtschaftsgeschichte eingingen. Gerade die Europäer konnten sich mit dem dominierenden Dollar gleichwohl arrangieren. Weil sie ihm nahezu nichts entgegenzusetzen hatten. Und weil die Amerikaner ihren Währungsvorteil letztlich auch einsetzten, um ein großes Militär zu finanzieren, das die auch für deutsche, französische oder britische Unternehmen wichtigen Handelswege rund um den Globus absicherte, und ein glaubhaftes atomares Schutzschildversprechen zugunsten Europas abgaben.

Für aufstrebende Volkswirtschaften oder Entwicklungsländer stellten sich andere Herausforderungen. Sie bekamen ihrerseits lange Zeit beispielsweise nur Kredit in Dollar, wenn sie sich im Ausland verschulden wollten. Das lag nicht nur daran, dass Investoren aus häufig guten Gründen kein großes Vertrauen in den Wert der landeseigenen Währungen hatten, sondern auch daran, dass gerade Großanlegern entsprechende Engagements aufgrund der geringen Bedeutung dieser Währungen kaum zusätzliche Risikostreuung ermöglichten. Dieses mit der Struktur der Weltfinanzmärkte zusammenhängende Phänomen bedachten die Ökonomen Barry Eichengreen und Ricardo Hausmann Ende der Neunzigerjahre mit dem Begriff „Original Sin“ („Erbsünde“) – bezeichnenderweise auf einer amerikanischen Notenbank-Konferenz. Eine Folge davon war, dass die Finanzierungs- und Refinanzierungsbedingungen dieser Länder vergleichsweise stark von der Geldpolitik in Washington abhingen, auf die sie keinen direkten Einfluss nehmen konnten. Sogar zu zahlreichen Währungskrisen führte das. Mit der Verschuldung in Auslandswährung einher ging eine immer wieder hervortretende Angst davor, den Wechselkurs vollkommen frei schwanken zu lassen, was unter dem Begriff „Fear of Floating“ auch wissenschaftlich debattiert wurde und wird.

Aus all den gemachten Erfahrungen und ersonnenen Theorien ergibt sich: Dass die Leitwährungsfunktion des Dollars ein gewaltiger Vorteil für Amerika ist, gilt als ausgemacht und wurde und wird nicht ernsthaft bestritten. Mit einer sehr prominenten Ausnahme. Interessanterweise tobt ausgerechnet in den Vereinigten Staaten selbst spätestens seit der ersten Amtszeit des Präsidenten Donald Trump eine breitere Diskussion darüber, ob der dominante Dollar Amerika nicht mehr belastet als nutzt.

Ausnahmeverhältnis zwischen Amerika und China

Die Argumentation der Kritiker verläuft grob vereinfacht ungefähr so: Durch die auf der Leitwährungsfunktion basierenden hohe Nachfrage nach dem Dollar sei dieser tendenziell zu hoch bewertet. Das ist kein Problem für die international sehr konkurrenzfähigen Banken an der amerikanischen Ostküste und die Technologiekonzerne an der Westküste. Für die traditionelle Industrie in vielen Bundesstaaten dazwischen erschwere dies aber, so die sogar aus dem Weißen Haus vorgebrachte Klage, das Geschäft – mit der Folge, dass viele Fabrikarbeitsplätze verloren gegangen seien. Vorgetragen wird diese These gegenwärtig etwa vom Ökonomen Stephen Miran, der Trumps wichtigstem wirtschaftspolitischen Beratungsgremium vorsteht, dem Council of Economic Advisers. Miran schwebt vor, den Dollar womöglich in einer koordinierten Intervention abzuwerten.

Auf diesem Gebiet versierte Fachleute betonen demgegenüber eher, wie vorteilhaft es für die USA ist, die Welt-Leitwährung zu begeben, auch wenn diese nicht mehr gänzlich unangefochten ist, weil China den Yuan internationalisiert und die Europäer mit dem Euro ebenfalls eine Währung anbieten, die über ihre eigenen Grenzen hinaus bedeutsam ist. „Auch schon Marktanteile zu verlieren, ist schmerzhaft“, sagte der Ökonom Kenneth Rogoff gerade in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über die Dollarbedeutung, und er erklärte: „Die Zinsen steigen dann. Die Möglichkeiten der USA, Sanktionen durchzusetzen, auch Informationen zu kontrollieren, werden beschränkt. Amerika sieht alles, was Sie machen, weil so viel auf der Welt durch den Dollar abgewickelt wird. Das wird sich ändern.“

Ökonomen wie Rogoff oder auch Dani Rodrik plädieren dafür, dass jede Handel treibende Nation die Verlierer, die es immer gibt, in irgendeiner Form zumindest vorübergehend unterstützt – leider tun sich gerade Teile der Vereinigten Staaten traditionell schwer mit Ideen der sozialen Absicherung, wie sie in erfolgreichen, stark globalisierten Ländern längst eingespielt und selbstverständlich sind. Auch das ist ein Grund, aus dem gegenwärtig mitunter höchst fragwürdige Thesen dort en vogue sind.

Eine Schlüsselfrage gegenwärtig ist bekanntlich das Ausnahmeverhältnis zwischen Amerika und China, das nicht nur wirtschaftlich der große Rivale ist. Washington hat, worin sich Republikaner und Demokraten einig sind, eine konfrontative Haltung eingenommen. Eher selten sind Stimmen wie die des früheren Präsidenten des Peterson Institutes for International Economics, Fred Bergsten, zu vernehmen, die für einen einnehmenderen Ansatz werben, dafür, Peking beispielsweise unter bestimmten Bedingungen in das etablierte Institutionengefüge besser einzubinden. Stattdessen steht Kritik im Vordergrund.

Der Internationale Währungsfonds müsse die Volksrepublik viel stärker ermahnen, rügte neulich der amtierende amerikanische Finanzminister Scott Bessent auf der Frühjahrstagung des IWF und der Weltbank in Washington. Und er forderte beide Institutionen dazu auf, sich wieder auf ihre ursprünglichen Kernthemen zu fokussieren, darauf, wirtschaftliche Ungleichgewichte abzumildern, einzugrenzen und zu überwachen. Und sich in diesem Zusammenhang jenen Fragen zu widmen, die auch vor nunmehr 81 Jahren schon einmal im Vordergrund standen, als in einem unscheinbaren Wintersportort im amerikanischen Bundesstaat New Hampshire letztlich eine neue Weltwirtschaftsordnung entstand.