Frankreich: Stellenabbau beim Stahlkonzern Arcelormittal

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In Frankreich wächst der Unmut über den geplanten Stellenabbau beim Stahlhersteller Arcelormittal. Begleitet von Böllern und Fackeln machten Beschäftigte und Arbeitnehmervertreter am Dienstag vor der Frankreich-Zentrale im Pariser Vorort Saint-Denis ihrem Ärger Luft. Aufseiten der traditionell besonders brachial vorgehenden Gewerkschaft CGT erklärte man sich bereit, „alles zu tun“, um den Stellenabbau zu verhindern. Dieser sei ein „industrieller und sozialer Tsunami“.

Arcelormittal hatte Ende April angekündigt, an acht seiner mehr als 40 französischen Standorte 636 Stellen abzubauen. Das sind etwas mehr als vier Prozent aller landesweit Beschäftigten. Knapp die Hälfte des Stellenabbaus soll auf das Industriezentrum Dünkirchen entfallen, wo der Konzern eines der größten Stahlwerke Europas betreibt. Betroffen sind Mitarbeiter in der Produktion und in der Verwaltung. Zum Teil sollen diese Arbeitsplätze nach Polen und Indien verlagert werden.

Die Geschäftsführung von Arcelormittal, einem multinationalen Konzern mit Hauptsitz in Luxemburg, der sich zu rund 40 Prozent in den Händen der indischen Mittal-Familie befindet, begründet den Stellenabbau mit den Strukturproblemen der Stahlbranche und der schlechten Lage der Weltwirtschaft. Man müsse die Kosten senken und die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen. Der Konzern beklagt die hohen globalen Überkapazitäten, die zu einem Rekordimport von „Billigstahl“ nach Europa führten, und spricht von „unlauterem Wettbewerb“.

„Dieser Stahl gelangt zu Preisen auf unsere Märkte, die unter den Produktionskosten der europäischen Stahlhersteller liegen, ohne dass die CO2-Kosten berücksichtigt werden“, so Arcelormittal. Erschwerend kämen stark gestiegene Energiekosten und eine niedrige Stahlnachfrage in Europa hinzu. In Frankreich habe das Minus in den vergangenen fünf Jahren 20 Prozent betragen.

„Nicht die richtige Antwort“

Der Unmut über den Stellenabbau beschränkt sich nicht auf die Belegschaft. Auch aus der Pariser Spitzenpolitik kommt Kritik an Arcelormittal, da es ein fürs andere Mal Subventionen eingestrichen habe und zugleich Investitionen in die französischen Standorte vernachlässige; im Jahr 2023 erhielt der Konzern knapp 300 Millionen Euro an öffentlichen Hilfen. Dem Vernehmen nach hat sich auch der Élysée-Palast eingeschaltet, zumal die Diskussion wenige Tage vor dem alljährlich im Schloss von Versailles stattfindenden Investitionsgipfel ­„Choose­ France“ schlecht ins Bild passt.

Vertreter der Linksaußenpartei La France insoumise bekräftigten am Dienstag ihre Forderung nach einer Verstaatlichung des Stahlherstellers. Dass sich die Politik eine solche Maßnahme „vorübergehend“ und als „letztes Mittel“ offenhalten müsse, wenn Arcelormittal seinen Verpflichtungen nicht nachkomme, findet selbst der konservative ehemalige Finanz- und Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Es müsse „alles getan werden“, um den Standort Dünkirchen zu retten, sagte er vergangene Woche in einer Senatsanhörung. Als Vorbild gilt den Befürwortern einer Verstaatlichung Großbritannien. Dort hat sich die Regierung im April mit einem Notgesetz die Kontrolle über die im chinesischen Besitz befindlichen Aktivitäten von British Steel gesichert.

Die französische Regierung sperrt sich bislang gegen eine Verstaatlichung von Arcelormittal. Dies sei „nicht die richtige Antwort“, betonte Industrie- und Energieminister Marc Ferracci am Dienstag im Wirtschaftsmagazin „Challenges“, und allein schon finanziell nicht zu stemmen. Es gebe „mehrere Hebel, die betätigt werden können, um die Stahlproduktion in Frankreich und Europa zu erhalten“, sagte der Minister.

Ferracci verwies auf einen jüngsten Aktionsplan der EU-Kommission. Dieser sehe „mehrere klare Handelsschutzmaßnahmen vor“, die darauf abzielten, den europäischen Markt vor Importen von „überschüssigem, kohlenstoffintensivem und massiv subventioniertem“ Stahl zu schützen. Schon im April sei das Instrument der Schutzklauseln verschärft worden, um insbesondere die Einfuhr von chinesischem Stahl um 15 Prozent zu senken. Zudem trete am 1. Januar 2026 das EU-weite CO2-Grenz­ausgleichssystem in Kraft.