Der französische Videospiel-Entwickler und -Verleger Ubisoft hat das abgelaufene Geschäftsjahr zum 31. März mit tiefroten Zahlen abgeschlossen. Der Entwickler der Videospielreihen „Assassin’s Creed“ und „Rainbow Six“ weist einen operativen Verlust von 82,6 Millionen Euro aus. Ubisoft, das seit den späten Achtzigerjahren von Mitgründer Yves Guillemot geleitet wird, hat seit einigen Jahren mit schlechten Verkaufszahlen, aus dem Ruder laufenden Kosten und bis zuletzt wachsenden Schulden zu kämpfen. Zumindest für die beiden letztgenannten Leiden scheint ein vorläufiges Ende in Sicht.
Die Umsätze von Ubisoft sanken im Vergleich zum Vorjahr um 17,5 Prozent auf rund 1,89 Milliarden Euro – und damit auf einen Wert, der noch unter den Erwartungen des Unternehmens blieb. Gestützt wurde das Geschäft von einem guten Schlussquartal. Ende März veröffentlichte Ubisoft mit „Assassin’s Creed Shadows“ den jüngsten Teil der Action-Spielereihe, in der Spieler in die Rolle von Auftragsmördern vor verschiedenen historischen Kulissen schlüpfen, in diesem Fall dem feudalen Japan des 16. Jahrhunderts. Wenn auch keine genauen Verkaufszahlen für das Spiel veröffentlicht wurden – Ubisoft spricht von drei Millionen „Spielern“ –, verzeichnete das Unternehmen im vierten Quartal einen Rekordumsatz von 902 Millionen Euro.
Gleichzeitig sanken die Fixkosten auf rund 1,55 Milliarden Euro. Der größte Kostenpunkt von Videospielunternehmen sind Personalkosten. Ubisoft hat im Vergleich zu anderen Videospielunternehmen einen großen Mitarbeiterstamm, der als Ursache für die hohen Kosten und für überbordende Bürokratie im Unternehmen verantwortlich gemacht wird.
Reichen die Sparanstrengungen?
Ubisoft hat im abgelaufenen Geschäftsjahr schon rund 1230 Stellen abgebaut, Ende März 2025 waren noch 17.782 Mitarbeiter bei dem Videospiel-Entwickler beschäftigt. Damit kam das Unternehmen auf einen Umsatz von 106.287 Euro je Mitarbeiter. Zum Vergleich: Take-Two Interactive , der Verleger der „Grand Theft Auto“-Reihe, kam im März 2024 auf 12.371 Mitarbeiter und 393.365 Euro Umsatz je Mitarbeiter.
Die Nettoschulden von Ubisoft beliefen sich zuletzt auf 885 Millionen Euro nach 985 Millionen Euro im Vorjahr. Nun will sich das Unternehmen nahezu vollständig entschulden. Es wurde lange gerätselt, wie Ubisoft dies bewerkstelligen wollte. Die Guillemot-Familie, die der größte Einzelaktionär des Unternehmens ist, hat seit der Gründung auch in schlechten Wirtschaftslagen mehrere Versuche feindlicher Übernahmen abgewehrt. Zwar wurde in den vergangenen Monaten auch über einen Verkauf spekuliert. Dass die Guillemot-Familie ihre Kontrolle abgeben würde, galt allerdings als unwahrscheinlich.
Rettung kommt aus China
Ende März legte Ubisoft eine Lösung vor: Zusammen mit dem langjährigen Großaktionär Tencent , dem chinesischen Digital- und Spieleunternehmen, wird ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet, in das die größten und profitabelsten Marken ausgelagert werden. „Assassin’s Creed“, „Rainbow Six“ und „Far Cry“ haben damit eine neue Heimat. Sie sind allesamt Zugpferde, die in den vergangenen zehn Jahren zusammengenommen rund 9,5 Milliarden Euro an Umsätzen eingebracht haben.
Das Mutterunternehmen Ubisoft soll die Marken im Zuge der Neustrukturierung an das Tochterunternehmen lizenzieren und Tantiemen für die Verwendung der Lizenz bekommen. Tencent soll 1,16 Milliarden Euro in das neue Tochterunternehmen investieren und dadurch etwa ein Viertel der Anteile halten. Damit wird das neue Unternehmen auf einen Wert von vier Milliarden Euro geschätzt – viermal so viel, wie das Mutterunternehmen.
Schlechte Aussichten für Aktionäre
Die Abspaltung soll bis Ende des Jahres abgeschlossen werden, sofern Kartellbehörden zustimmen. Mindestens 500 Millionen Euro sollen aus der Transaktion an Ubisoft fließen und zusammen mit weiteren Sparanstrengungen die Schulden des Mutterunternehmens mit einem Schlag auf Null senken. Ubisoft erhofft sich Tantiemen von mehr als 80 Millionen Euro jährlich, sobald das Tochterunternehmen eigenständig agiert.
Offenbar müssen sich Aktionäre aber zunächst mit der Aussicht eines schuldenfreien Unternehmens begnügen. Der sonstige Ausblick für das laufende Geschäftsjahr liest sich eher wie eine Bitte, dem Unternehmen einen Vertrauensvorschuss zu geben: Gleichbleibender Umsatz, ein operatives Ergebnis, das um die Nullmarke pendelt, und ein negativer Geldfluss. Im laufenden Quartal soll es keine größeren Veröffentlichungen mehr geben. Bis auf die deutsche Produktion „Anno 117: Pax Romana“ gibt es nur noch neue Inhalte für alte Spiele oder Spiele für Mobilgeräte. Mehrere noch nicht genannte Produktionen verlegt Ubisoft in die beiden kommenden Geschäftsjahre.
Auch der Erfolg des neuen Tochterunternehmens steht noch infrage. Zwar dürfte durch die engere Verzahnung mit dem Partner Tencent der Zugang zum wichtigen Spielemarkt China einfacher werden. Welchen Nutzen die Auskopplung über die Entschuldung und den Marktzugang nach Fernost hinaus noch hat, wird sich zeigen müssen. An den Börsen wollte man Ubisoft wegen dieser unklaren Aussichten den erbetenen Vertrauensvorschuss nicht gewähren. Der Aktienkurs sank im Pariser Handel am Donnerstagmorgen um rund 19 Prozent. Seit Mai 2024 sind die Aktien damit um rund 60 Prozent gefallen Prozent gefallen.