Vier Liberale sollen die FDP neu ausrichten

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Am Mittwoch meldete sich Christian Lindner mit einer politischen Analyse zu Wort. Der Noch-Vorsitzende der FDP sprach in einem kurzen Instagram-Video über die Regierungserklärung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU); aber einige Passagen passten auch auf seine eigene Partei. „Die Schwäche der anderen ist noch keine eigene Stärke, aber dennoch ein Vorteil“, räsonierte Lindner. Ob daraus eine neue Dynamik erwachse, sei offen. Daher finde er, die Politik der Regierung Merz sei eine Wette. Die Neuaufstellung der FDP ist es erst recht.

Sie soll an diesem Freitag in Schwung kommen. Die Partei trifft sich in Berlin, um einen neuen Vorsitzenden und dessen Stellvertreter zu wählen. In den vergangenen Wochen arbeiteten Teile des bisherigen Präsidiums und Landesvorsitzende daran, einen geschmeidigen Übergang einzufädeln. Soll heißen: keine Kampfkandidaturen um die wichtigsten Posten, sondern Kandidaten, die gute Aussichten auf Mehrheiten haben. Schon vor Wochen hatte der damalige Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Christian Dürr, seine Chancen ausgelotet und war zu dem Ergebnis gekommen, einflussreiche Unterstützer zu haben.

Dürrs Wahl gilt als gesetzt

Nicht zuletzt Christian Lindner selbst. Also kandidierte er. Seine Wahl zum Vorsitzenden gilt als gesetzt. Von den drei bisherigen Vize-Chefs will nur einer wieder für das Amt kandidieren: Wolfgang Kubicki. Er hatte kurz nach der Bundestagswahl damit kokettiert, als neuer Parteichef anzutreten. Doch zuletzt zeigte er sich zufrieden mit dem designierten Führungsteam, das in vertraulicher Runde skizziert worden ist.

Neben Kubicki will auch die EU-Abgeordnete Svenja Hahn als Vize-Chefin ihrer Partei kandidieren. Die 35 Jahre alte Politikerin soll die pro-europäische Ausrichtung der Partei personifizieren; sie gilt als aufstrebendes Talent in der FDP. In Brüssel ist sie schon zur Präsidentin der ALDE aufgestiegen, dem Dachverband der liberalen Parteien in Europa. Ebenfalls Vize-Chef werden will Henning Höne, 38 Jahre, derzeit Landes- und Fraktionsvorsitzender der Liberalen in Nordrhein-Westfalen.

Strebt den Vize-Posten an: EU-Politikerin Svenja Hahn
Strebt den Vize-Posten an: EU-Politikerin Svenja HahnPicture Alliance

Er umreißt im Gespräch mit der F.A.Z., was auch in den inhaltlichen Debatten auf dem Parteitag die entscheidende Rolle spielen dürfte: wie die Partei wieder erfolgreicher werden kann. „Ich möchte, dass die FDP eine Partei ist, die mutige und emphatische Vorschläge macht, vor denen andere zurückschrecken“, sagt Höne gegenüber der F.A.Z. Die FDP müsse für die „großen, komplizierten Fragen eine Lösung der Mitte“ anbieten. Als Beispiel nennt er den FDP-Vorschlag der Aktienrente. „Voßkuhles Initiative für eine Staatsreform finde ich auch gut.“

Streitpunkt: Umgang mit der AfD

Auch eine erste Problemanalyse liefert Höne mit. Die Partei habe in den vergangenen Jahren verlernt, zu diskutieren. „Viel zu oft haben wir in Schwarz-Weiß-Kategorien statt in Graustufen gedacht.“ Das sei durch die Zeit in der Regierung gekommen. „Die FDP muss sich jetzt wieder erarbeiten, eine wahrnehmbare eigenständige Stimme zu sein.“ Das dürfte allerdings herausfordernd werden; zuletzt hatten Progressive und Konservative in der Partei einander auch öffentlich beharkt.

Ein Streitpunkt war beispielsweise der Umgang mit der AfD gewesen. Eine Gruppe namens „Liberale Mitte“ hatte sich etwa dafür ausgesprochen, offener für Gespräche mit der AfD zu werden, um in Parlamenten Mehrheiten für eigene Gesetzesvorhaben zu erzielen. Diese Idee hat nach Einschätzung von einflussreichen FDP-Leuten aber nur wenig Anhänger in der Partei.

Höne plädiert dafür, die FDP eher ganzheitlich zu begreifen. Die allermeisten Mitglieder rechneten sich selbst keinem Flügel zu. Er selbst tue dies übrigens auch nicht. „Ich bin jetzt zwanzig Jahre in der Partei und war noch nie bei einem Flügeltreffen, weil es die bei uns nicht gibt.“ Zu debattieren dürfte es auf dem Parteitag trotzdem genug geben. Der Entwurf für den Leitantrag trägt den Titel „Mut zum Neuanfang“.