Stellenabbau im Kölner Werk: Ford ist selbst schuld

9

Wieder eine schlechte Nachricht aus Deutschlands größter Industriebranche: Erstmals seit der Gründung vor 95 Jahren kommt es in den Kölner Ford-Werken zu einem gewerkschaftlich organisierten Arbeitskampf. Die IG Metall will eine bessere soziale Abfederung eines geplanten Arbeitsplatzabbaus durchsetzen. Ford will in Deutschland bis Ende 2027 weitere 2900 von bislang rund 11.500 Jobs streichen.

Aber es geht um mehr: In Köln, wo Ford zwei Standorte unterhält, gibt es Befürchtungen, dass der amerikanische Eigentümer die seit Jahren kriselnden deutschen Ford-Werke fallen lassen und in die Insolvenz schicken könnte.

Köln bald ohne Ford-Fabrik?

Im März hat die Ford-Konzernzentrale in Dearborn im US-Bundesstaat Michigan der deutschen Tochtergesellschaft zwar eine 4,4 Milliarden Euro schwere Kapitalspritze zum Schuldenabbau verabreicht. Zugleich zog die Konzernmutter aber die bisherige Insolvenzschutz-Garantie für die Ford-Werke zurück. Die Sparte schreibt seit vielen Jahren Verluste.

Köln ohne Ford? Auszuschließen ist das nicht mehr, und doch ist das für viele im Rheinland schwer vorstellbar. Die große Autofabrik im Stadtteil Niehl ist nach annähernd einem Jahrhundert ein fester Bestandteil der Stadt geworden – fast so wie Karneval und Dom, sagen gebürtige Kölner. In vielen Familien haben Generationen ihren Lebensunterhalt in den Ford-Werken verdient.

Was sind die Gründe für die Misere? Wie fast immer, wenn Unternehmen in Not sind, gibt es auch bei Ford zwei Kategorien von Ursachen: Einerseits gibt es branchenspezifische und gesamtwirtschaftliche Gründe für die Schieflage, mit denen auch andere Hersteller zu kämpfen haben. Andererseits aber spielen hausgemachte Probleme, die das Unternehmen selbst zu verantworten hat, eine Rolle – und die fallen bei Ford eindeutig stärker ins Gewicht.

Technik für E-Autos muss VW zuliefern

Zwar geht es der Autoindustrie insgesamt nicht gut, die Nachfrage schwächelt seit Jahren. Die Autofabriken ächzen unter Überkapazitäten. In der EU wurden 2024 insgesamt 10,6 Millionen Neuwagen zugelassen, 2,4 Millionen weniger als noch 2019. Auch bei Audi, Mercedes, Porsche und VW werden viele Tausend Arbeitsplätze gestrichen, ebenso bei großen Zulieferern wie Bosch, Conti, Schaeffler und ZF. Viele mittelständische Autoteilehersteller sterben leise.

Doch im Fall von Ford kommen gravierende hausgemachte Fehler hinzu. Den eigenen Abstieg hat das Unternehmen ganz wesentlich selbst zu verantworten. Seit Langem fehlt es dem US-Hersteller in Europa an zugkräftigen neuen Modellen. In Köln baut Ford heute nur noch zwei absatzschwache E-Autos. Wesentliche technische Komponenten dafür müssen die Amerikaner beim Wettbewerber VW einkaufen, weil sie den Wandel zur Elektromobilität verschlafen haben.

Früher war das mal anders. Die Ahnenreihe legendärer Ford-Modelle ist lang. Familienautos wie Taunus und Granada und später Sierra und Mondeo, der Capri als erschwinglicher Sportwagen, der Fiesta als günstiger Kleinwagen – Ford hatte europäischen Autokäufern richtig viel zu bieten. Noch Mitte des vergangenen Jahrzehnts war der Focus das meistverkaufte Auto der Welt.

Kaum neue Modelle

Aber Ford ließ die Pipeline neuer Modelle für den europäischen Markt immer mehr austrocknen. Wohin der US-Konzern sein Europageschäft steuern wollte, ist immer unklarer geworden. Außer Schrumpfen und Kürzen scheint den Amerikanern nicht mehr allzu viel einzufallen. Reihenweise laufen seit Jahren traditionsreiche Modell-Baureihen aus: Ka, Mondeo, Fiesta, Focus, B-Max, C-Max, Galaxy – alle weg.

Inzwischen fehlt Ford in Europa zunehmend die kritische Masse, um im Wettbewerb mithalten zu können. Andere Marken der mittleren Preisklasse, wie Opel und Škoda, sind Teil großer europäischer Autokonzerne, was ihnen erhebliche Kostenvorteile bringt. Die Kölner Ford-Werke dagegen sind Anhängsel einer weitgehend ratlos wirkenden amerikanischen Mutter. So wird das nichts mehr.