Der Höhenflug des Schweizer Klimaunternehmens Climeworks ist vorerst vorbei. Das sind schlechte Nachrichten für die jungen Gründer. Das Anliegen, Kohlendioxid aus der Luft zu ziehen, sollte dennoch nicht verworfen werden.

Auf Island stehen die Anlagen des schweizerischen Klima-Startups.
Climeworks ist ein Welterfolg aus der Schweiz. Mit Maschinen, die auf Island Kohlendioxid aus der Luft entfernen, ist es international bekannt geworden.
Seit Donnerstag ist dieser Höhenflug vorbei. Die Gründer mussten einräumen, dass ihre Anlagen mit Verzögerungen zu kämpfen haben und weit weniger CO2 entfernen als angekündigt. Nun entlässt das Startup wohl mindestens 10 Prozent seiner Mitarbeiter.
Es hilft natürlich nicht, wenn Unternehmen wie Climeworks das Blaue vom Himmel versprechen, mit riesigen Volumen und niedrigen Kosten der zukünftigen CO2-Entnahme Investoren und Kunden anziehen. Damit untergraben sie ihre Glaubwürdigkeit. Und das in einem Technologiebereich, der erst einmal beweisen muss, dass er klimapolitisch wirksam sein kann.
Aber sind damit auch die internationalen Bemühungen am Ende, CO2 aus der Luft zu filtern? Nein. Auch wenn Kritiker der Technologie die Nachricht sicher als Anlass nehmen, vor ihr zu warnen.
Die Treibhausgasemissionen müssen fallen. Das ist die erste Priorität in der Klimapolitik. Weltweit steigen die Emissionen noch, auch wenn sie in Europa und den USA sinken. Politische Bemühungen sollten deswegen vor allem darauf abzielen, Anreize für den Umstieg auf grüne Energiealternativen zu schaffen. Die vergangenen Jahre haben jedoch gezeigt, wie schwierig es ist, die Gesellschaft für die notwendigen Abgaben und Auflagen zu gewinnen.
Viele Aktivisten und Forscher warnen dabei regelmässig davor, sich nicht von technologischen Luftschlössern blenden oder ablenken zu lassen. Ihre Sorge ist berechtigt. Technologische Spielereien, die von der eigentlichen Aufgabe der Emissionssenkung ablenken, sind klimapolitisch gefährlich.
Aber an der CO2-Entnahme führt kein Weg vorbei, auch wenn man es mit dem Klimaschutz ernst meint. Denn das Klimaziel der netto null Emissionen bis 2050 verlangt, dass wir CO2 aus der Luft ziehen. Nicht alle Industriesektoren werden ihre Emissionen ganz auf null drücken können, auch wenn sie zunehmend auf grüne Kraftstoffe oder Industrieprozesse umsatteln. Dazu gehören die Schiff- und die Luftfahrt, die Landwirtschaft und die Schwerindustrie.
Die Firma Climeworks ist ein Schweizer Startup, das CO2 aus der Luft filtert und beispielsweise – wie hier in Hinwil – von einer Kehrichtverbrennungsanlage einem Gewächshaus zuführt.
Die Regierungen in Europa haben sich dabei auf Wälder und andere Landschaften verlassen, die CO2 aus der Luft binden. Die Realität – und die Auswirkungen des Klimawandels – macht ihnen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Denn Europas Wälder nehmen zunehmend weniger Kohlendioxid auf. Das hat unter anderem mit Waldbränden zu tun, aber auch mit dem Borkenkäfer und Fällungen. Damit steigt der Druck, zusätzliche technische Optionen der CO2-Entnahme zu finden.
Diese Tatsache ändert sich auch nicht, wenn Unternehmen wie Climeworks scheitern. Das zeigt nur, wie teuer und kompliziert es ist, die notwendigen aber neuartigen Technologien zu entwickeln und zu skalieren.
Nicht alle Unternehmen, die heute gehypt werden, werden überleben. Das ist die marktwirtschaftliche Realität. Denn die Technik, die Climeworks propagiert– CO2 mithilfe eines Filters direkt aus der Luft zu entfernen – ist nicht die Einzige in diesem Bereich. Sie ist teuer, energieintensiv und erfordert sehr viel Landfläche.
Es gibt inzwischen einige Unternehmen, die andere Techniken entwickelt haben, und das mit Erfolgschancen. Es braucht ein Portfolio von Technologien. Auch um sicherzugehen, dass wir in den kommenden Jahrzehnten mehrere Optionen zur Auswahl haben.
Damit das aber gelingt, braucht es die notwendigen Anreize. Es muss sich für Unternehmen lohnen, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen oder dafür zu zahlen. Denn die Technik wird teuer bleiben, in vielen Fällen teurer, als Emissionen direkt zu reduzieren.
Deswegen sind klimapolitische Auflagen und Abgaben, insbesondere eine effektive Bepreisung und Ziele für die Entsorgung und Speicherung von Kohlendioxid, zentral. Und das können nur Politiker in die Hand nehmen. Bis diese Rahmenbedingung nicht Realität ist, wird kein robuster Markt für die notwendigen Technologien entstehen können.