Warum Moody’s das Rating für US-Anleihen herabstuft

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Die Ratingagentur Moody‘s hat ihre Geduld mit der amerikanischen Regierung und dem Kongress verloren: Sie setzt ihr Rating für US-Anleihen von der Bestnote „Aaa“ auf „Aa1“ herab und geht damit auf der Rating-Treppe mit insgesamt 21 Stufen einen Schritt nach unten. Die Herabstufung spiegele die Tatsache wider, dass über mehr als eine Dekade Staatschulden und Zinszahlungen auf ein Niveau gestiegen seien, das das Niveau vergleichbarer Länder deutlich übersteigt, teilte die Ratingagentur mit. Die Zinszahlungen für US-Staatsanleihen entsprechen in diesem Jahr ungefähr dem Bruttoinlandsprodukt von Israel oder Schweden und übersteigen die Ausgaben für Verteidigung. Im Jahr 2035 könnten sie nach der Kalkulation der Ratingagentur 30 Prozent der Staatseinnahmen verzehren. Moody‘s Schritt folgt Standard & Poor’s und Fitch, die ihr Rating für die USA bereits 2011 beziehungsweise 2023 um eine Stufe abgewertet hatten.

Laut Moody‘s haben die US-Regierungen und der Kongress der letzten Jahre darin versagt, sich auf Maßnahmen zu verständigen, den Trend zu immer größeren Defiziten und Zinskosten zu brechen. Die Ratingagentur bezweifelt, dass die aktuell im Kongress debattierten Vorschläge ausreichen, um Ausgaben und Defizite zu verringern.

Die Herabstufung und die damit verbundene Kritik an den aktuellen Sparanstrengungen sind ein herber Schlag für die Führung der Republikaner im Repräsentantenhaus, die aktuell versucht, ein umfassendes Steuergesetz auf den Weg zu bringen. Es soll die im kommenden Jahr auslaufenden Steuersenkungen verlängern, die Trump in seiner ersten Amtszeit durchgesetzt hatte. Zudem soll es zusätzliche Steuersenkungsversprechen von Trump und von republikanischen Abgeordneten verwirklichen.

Die Hürden bei Trumps „großem schönen Gesetz“

Schon ohne Moody’s Abstufung stößt das von Trump so getaufte „große schöne Gesetz“ (Big beautiful bill) auf Hürden. Die wenigen verbliebenen Haushaltsfalken im Repräsentantenhaus sperren sich gegen die Aussicht, dass die mit dem vorgelegten Entwurf verbundenen Einsparungen zu gering ausfallen und zu spät in Kraft treten. Zusammen mit den Demokraten stimmte eine Handvoll Republikaner im Haushaltsausschuss gegen den Gesetzesentwurf.

Die abweichenden Republikaner hatten sich noch nicht einmal vom zunehmend ungeduldiger werdenden Präsidenten bremsen lassen. Der hatte auf seinem Sprachrohr Truth Social geschrieben, die „Republikaner MÜSSEN sich hinter „THE ONE, BIG BEAUTIFUL BILL“ vereinen! Dieser Gesetzentwurf senkt nicht nur die Steuern für ALLE Amerikaner, sondern wird auch Millionen illegaler Einwanderer aus dem Medicaid-System entfernen, um es für diejenigen zu schützen, die es wirklich brauchen.“ Er bezeichnet die Abweichler als „Prahlhanse.“

Tatsächlich aber ist der fiskalische Pfad, den Trump beschreiten will, aus Sicht der Ratingagentur heikel. Allein eine Verlängerung der Steuerreform von 2017 würde das Defizit binnen zehn Jahren um 4 Billionen Dollar wachsen lassen. Es würde 2035 rund 9 Prozent des Bruttoinlandproduktes betragen, die Schulden der Bundesregierung würden 134 Prozent des BIP entsprechen, nachdem sie 2024 bei 94 Prozent des BIP gelegen hatten.

Moody’s nimmt Fed-Chef Powell in Schutz

Moody‘s stellt allerdings auch die Einzigartigkeit der US-Volkswirtschaft heraus, was ihre Größe, ihre hohen Durchschnittseinkommen, ihr Wachstumspotential und ihre Innovationskraft angehe. Die Ratingspezialisten verbinden die Herausstellung der Stärke der US-Wirtschaft allerdings mit einer kaum verhohlenen Warnung. Sie unterstellten, dass die „institutionellen Merkmale“ innerhalb der US-Regierungsstruktur, darunter „die verfassungsmäßige Gewaltenteilung“ zwischen den drei Regierungszweigen, „die langfristig zur Wirksamkeit der Politik beiträgt, relativ unempfindlich gegenüber kurzfristigen Ereignissen bleibt. „Auch wenn diese institutionellen Regelungen gelegentlich auf die Probe gestellt werden können, gehen wir davon aus, dass sie stark und widerstandsfähig bleiben werden“, so Moody’s.

Dazu gehört auch die amerikanische Notenbank. Moody‘s verwies auf die „lange Geschichte einer sehr effektiven Geldpolitik unter der Führung einer unabhängigen Federal Reserve“ in den USA. Die Ratingagentur nimmt damit Fed-Chef Jerome Powell in Schutz, der sich fortgesetzter Attacken Trumps ausgesetzt sieht. Der Präsident hatte zuletzt in der Nacht zum Sonnabend Powell wieder beschimpft, von dem er unverzügliche Leitzinssenkungen verlangt. Powell sei inzwischen legendär dafür, zu spät zu sein, so Trump auf Truth Social. Indirekte Bestätigung für seine zögerliche Haltung fand Powell durch die Ankündigung der großen Einzelhändlers Walmart, der wegen der Zölle Preiserhöhungen ankündigte. Der Konzern bekam dafür eine Breitseite des Präsidenten zu spüren, der auf Truth Social wetterte, der Konzern solle die Zölle selber „schlucken“, statt wertvolle Kunden zu belasten.

Anleiheinvestoren verfolgen die Entwicklung mit großer Aufmerksamkeit und ziehen Konsequenzen: Während sich die Aktien weitgehend vom Zollschock erholten, zeigt sich bei den Anleihen ein anderes Bild. Sie spiegeln die wackelige Grundlage der Handelskonflikte, die niedrigen Staatseinnahmen aus Zöllen und das „große schöne Gesetz“, das im Kern eine durch Staatsverschuldung finanzierte Steuersenkung vorsieht. Die Renditen für Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit lagen am Samstag zwischen hohen 4,45 und 4,5 Prozent – Tendenz steigend.