Trump setzt Ramaphosa wegen „Verfolgung von Weißen“ unter Druck

12

Cyril Ramaphosa schwenkte gleich zu Beginn die weiße Fahne. Man sei nach Washington gekommen, um die Beziehung der beiden Länder neu aufzusetzen, sagte der Präsident Südafrikas im Oval Office, gerade mit Blick auf den Handel. Als Geschenk für den golfbegeisterten Gastgeber Donald Trump hatte Ramaphosa ein 14 Kilogramm schweres Buch über Südafrikas Golfplätze dabei. Doch der amerikanische Präsident hatte am Mittwoch eine ganz besondere Show vorgesehen, die sich auf das aktuell heikelste Thema zwischen den beiden Ländern bezog.

Gleich zu Beginn behauptete Trump mehrmals, Tausende weiße Farmer flöhen vor Verfolgung aus Südafrika. Es gebe „enorme Beschwerden“ über die Lage und man werde über die „vielen schlimmen Dinge“ sprechen müssen, die dort passierten. Widerspruch von Ramaphosa ließ er nicht zu: „Wir kennen Tausende Geschichten, wir haben Dokumentarfilme, Nachrichten.“

Der südafrikanische Präsident wollte noch etwas erwidern, da wurde plötzlich das Licht im Oval Office gedimmt. Auf einem Fernseher spielten Videos populistischer Oppositionsführer, die zu Morden an Weißen aufrufen, und die Schwarze zeigten, die bei den Ansprachen tanzen. Ramaphosa wandte sich im Halbdunkeln zunächst noch an Trump, doch der war auf den Bildschirm fixiert. Der südafrikanische Präsident wiederum wandte sich während der minutenlangen Präsentation ab.

„Sie gehören einer kleinen Minderheit an“

Am Ende zeigte eine Drohnenaufnahme eine von weißen Kreuzen gesäumte Straße, von der Trump anschließend behauptete, sie alle stünden für ermordete weiße Farmer. Es handele sich um mehr als hundert Gräber. Als Ramaphosa fragte, wo das sein solle, weil er das noch nie gesehen habe, wusste Trump keine Details. „Aber es ist in Südafrika.“ Nach Angaben des südafrikanischen Mediums News24 handelte es sich dabei um ein Video, das seit 2020 ohne Ortsangabe in den sozialen Medien verbreitet wird. Vermutlich stammt es von einer Protestaktion, um auf die Kriminalität in ländlichen Gebieten und die Angriffe auf Farmer aufmerksam zu machen.

Erst einige Zeit nach dem Video bekam Präsident Ramaphosa die Gelegenheit, sich zu den Aufnahmen zu äußern. Die gezeigten Männer seien Mitglieder von Oppositionsparteien, deren Ansichten nicht der Haltung der Regierung entsprächen, sagte er. Es gebe in Südafrika ein Mehrparteiensystem und eine Verfassung, die es den Leuten erlaubten, ihre Meinung offen zum Ausdruck zu bringen. „Sie gehören einer kleinen Minderheit an“, hob Ramaphosa hervor. Bei den Oppositionsparteien handelt es sich um die linkspopulistischen Economic Freedom Fighters und die von dem früheren Präsidenten Jacob Zuma gegründete Partei uMkhonto weSizwe, die sich für die Enteignung weißer Landbesitzer ohne Kompensation einsetzen.

Die Anwesenden im Oval Office verfolgen das auf einem Fernseher gezeigte Video.
Die Anwesenden im Oval Office verfolgen das auf einem Fernseher gezeigte Video.AP

Ramaphosa blieb trotz der ein halbes Dutzend Mal geäußerten Falschbehauptungen Trumps zu einem möglichen Genozid und angeblichen Enteignungen weißer Farmer höflich. Man sei als Partner nach Washington gekommen, um „in ruhiger Manier“ über alles zu reden, sagte er am Mittwoch. „Wenn es Probleme gibt, müssen wir uns hinsetzen und darüber reden, und genauso würden wir es gern machen.“

Südafrika hat seit der zweiten Präsidentschaft Trumps ein besonders angespanntes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten. Die amerikanische Regierung geht unter anderem hart mit der Politik der Schwarzenförderung in Südafrika ins Gericht, die seit den ersten demokratischen Wahlen 1994 im Zentrum der Politik des Afrikanischen Nationalkongresses steht, um das Unrecht während der Apartheid wiedergutzumachen.

In der Außenpolitik gab es heftige Kritik am von Südafrika gesetzten Motto der G 20 – „Solidarität, Gleichberechtigung und nachhaltige Entwicklung“. Auch die engen Beziehungen zu Iran, die Mitgliedschaft in den BRICS und die von Südafrika vor dem Internationalen Gerichtshof eingereichte Genozid-Klage gegen Israel haben die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf ein historisches Tief befördert. Der amerikanische Außenminister Marco Rubio sagte im Februar seine Teilnahme am G-20-Außenministertreffen in Johannesburg ab, später wies er den südafrikanischen Botschafter aus.

Was sagen die mitgereisten Weißen?

Als größter Affront wurde in Pretoria jüngst jedoch die Aufnahme einer Gruppe Afrikaaner als „Flüchtlinge“ in den Vereinigten Staaten betrachtet. Afrikaaner sind Nachfahren der vor 400 Jahren überwiegend aus den Niederlanden eingewanderten Siedler und hielten als Bevölkerungsgruppe während der Apartheid die politische Macht in Händen.

Ramaphosa hatte sich mit seiner Delegation auf die von Trump häufig wiederholte und die von ihm mehrfach zurückgewiesene Behauptung eines „weißen Genozids“ vorbereitet. Wenn dem wirklich so wäre, wären seine weißen Kollegen, allesamt Afrikaaner, sicher nicht mit ihm nach Washington gekommen, sagte er am Mittwoch. Trump müsse sich nur ihre Geschichten anhören, um die Wahrheit zu kennen. Bei den drei Männern handelte es sich um den Milliardär Johann Rupert und die beiden Golfspieler Ernie Els und Retief Goosen.

Von Trump befragt, sprachen sie offen über das Problem der hohen Kriminalität auf dem Land und berichteten ausführlich über persönliche Erfahrungen. Rupert wies aber daraufhin, dass dieses Problem alle betreffe, nicht nur weiße Farmer. Trump hatte die Männer mit besonderer Aufmerksamkeit bedacht und bei der Begrüßung mehrfach hervorgehoben, wie sehr er sich über ihre Anwesenheit freue.

Trump nennt Journalisten „Arschloch“

Für Enteignungen oder gewaltsame Vertreibungen weißer Farmer in Südafrika gibt es keine Belege. Trump verweist in seinen Behauptungen unter anderem auf ein Enteignungsgesetz, das im Januar dieses Jahres in Kraft getreten ist. Die Regierung bezeichnet dieses Gesetz als nötig, um bestimmte Flächen bei einem übergeordneten öffentlichen Interesse nutzen zu können; unter bestimmten Voraussetzungen sind auch Enteignungen ohne Kompensation möglich. Die Regelungen unterscheiden sich laut der südafrikanischen Regierung im Grundsatz jedoch nicht von ähnlichen Gesetzen in anderen Ländern.

Trump schien im Oval Office am Mittwoch nicht daran interessiert, andere Themen zu besprechen. Meistens gehe es bei solchen Begegnungen ja um Handelsfragen, sagte er, doch dies sei ein Treffen „der besonderen Art“. Auf dem Kieker hatte der amerikanische Präsident an diesem Tag auch wieder einmal die traditionellen Medien. Über das ganze Gespräch hinweg ging er mehrfach einen NBC-Journalisten an, bezeichnete ihn als dumm, unfähig und später als „Arschloch“. Als es um den angeblichen Genozid in Südafrika ging, hielt Trump wiederum Medienberichte in die Höhe, die über Gewalt an Farmern berichteten. „Das sind alles Tote“, behauptete er. Was in Südafrika vor sich gehe sei „schwierig zu rechtfertigen“.

Ein weiterer Beschwichtigungsversuch kam vom südafrikanischen Agrarminister und langjährigen Vorsitzenden der größten Oppositionspartei, John Steenhuisen. Niemand wolle schönreden, dass es ein Sicherheitsproblem gebe, und gerade er kämpfe gegen Angriffe auf Farmer. Doch bei den Hetzern handele es sich um zwei Oppositionelle, wegen der sich seine frühere Oppositionspartei mit der Ramaphosas verbündet habe – „um diese Leute von der Macht fernzuhalten“. Deswegen brauche man die Unterstützung der internationalen Partner.

Doch auch hier widersprach Trump mit einer zumindest ungewöhnlichen Bemerkung: Warum man die Männer dann nicht einfach festnehme. Am Mittwoch auf den Begriff des Genozids angesprochen, sagte Trump, er habe sich dazu noch keine Meinung gebildet. Er versuche nur Lebens zu retten, „egal wo“.