Jetzt wird es ernst für den Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD): In den nächsten Tagen wird er sich ganz auf den Haushalt 2025 konzentrieren – viel Zeit bleibt nicht mehr bis zum anvisierten Kabinettsbeschluss am 25. Juni. Mit dem Etat plant die Bundesregierung einen Spagat: Einerseits will sie die Sparvorgaben aus dem Koalitionsvertrag umsetzen, andererseits will sie ein Zeichen für den angestrebten Aufbruch setzen.
Weil gleichzeitig die Sozialversicherungen mächtig in Schieflage geraten sind und das schwarz-rote Bündnis steigende Sozialbeiträge verhindern will, droht hier ein Ausgabensprung. In der Koalition wird von einem zusätzlichen Zuschuss von 10 Milliarden Euro für die Krankenkassen geraunt, für die Pflegeversicherung von 6 Milliarden Euro.
Sonderschulden für Infrastruktur und Klimaschutz
Die Ampel-Regierung war am Haushalt 2025 zerbrochen. Klingbeils Vorvorgänger Christian Lindner (FDP) hatte zuletzt mit einer Neuverschuldung von 51,3 Milliarden Euro kalkuliert. Nun dürfte es trotz aller Sparbemühungen deutlich mehr werden. Die reformierte Schuldenregel und die eingetrübte Wirtschaftslage lassen das zu. Wie viele Milliarden es werden, hängt von unbekannten Größen ab.
Was wird die Regierung für die Bundeswehr einplanen? Nach der Grundgesetzänderung fallen die Verteidigungsausgaben, die Ausgaben für den Zivil- und Bevölkerungsschutz sowie für Cybersicherheit und die Unterstützung der Ukraine nur noch mit 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts unter die Schuldenbremse. Hier könnte sich also Klingbeil großzügig zeigen.
Zwar wird es September werden, bis der Haushalt in Kraft tritt, so dass danach nur noch wenige Monate bleiben, um größere Programme zu verwirklichen. Doch mit einer Aufstockung dieser Ansätze könnte die Regierung ein Zeichen sowohl in Richtung Moskaus als auch nach Washington senden. Selbst wenn diese Mittel dieses Jahr nicht mehr ausgegeben werden, wäre es keine Luftnummer, da diese Posten in der Regel auf das nächste Jahr übertragbar sind.
Hinzu kommen die Sonderschulden für Infrastruktur und Klimaschutz von 500 Milliarden Euro über zwölf Jahre, die ebenfalls nicht unter die allgemeine Grenze im Grundgesetz fallen. Auch das dürfte die Kreditaufnahme erhöhen. Bedingung ist, dass 10 Prozent des Haushalts für Investitionen genutzt werden. In Kreisen der Unionsfraktion kursiert die Vermutung, dass am Ende eine Neuverschuldung von mehr als 100 Milliarden Euro herauskommen könnte.
Im Finanzministerium geht man nicht von einem so gravierenden Defizit aus. Zahlen wollte das Haus nicht nennen – auch nicht zur Unterstützung der Sozialversicherungen. Dass diese zunächst mehr Geld erhalten, bis die geplanten Strukturreformen Mitte der Legislaturperiode greifen, wird nicht bestritten.
Am Mittwoch trifft sich der Koalitionsausschuss erstmals
Ursprünglich sollten alle Minister ihre Ausgabenpläne für dieses Jahr am Freitag vorlegen. Dass erwies sich als zu ehrgeizig. Nun sollen sie diesen Montag liefern. Danach beginnen die sogenannten Chefgespräche von Klingbeil mit seinen Kabinettskollegen. Vor einer Woche hatten die anderen Häuser die Vorgaben von Finanzstaatssekretär Steffen Meyer für ihre Einzelpläne erhalten.
Gespart werden soll nicht nur bei den Personalausgaben und den Verwaltungskosten, sondern auch bei den Förderprogrammen und der Entwicklungshilfe. Letzteres trifft insbesondere das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie das Auswärtige Amt.
Am Mittwoch wird sich der Koalitionsausschuss zum ersten Mal treffen. Dann wollen die Spitzenpolitiker klären, welche Maßnahmen sie zur Belebung der Wirtschaft als erstes anpacken wollen. Klingbeil nannte in Kanada den Investitions-Booster von 30 Prozent für drei Jahre. Die beschleunigte Abschreibung verbessert die Liquidität von Unternehmen, die investieren. Auch sollen die Stromsteuer und die Netzentgelte schnell gesenkt werden.