Olaf Scholz ließ es nochmal krachen

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Der Kanzler wollte die Vertrauensfrage verlieren, was ihm gelang, aber nicht als Verlierer vom Platz gehen. Deshalb hat er vor der Abstimmung nicht nur eine positive Bilanz seiner Regierungszeit gezogen und den Deutschen allerlei für den Fall seiner Wiederwahl versprochen, sondern auch nicht mit Vorwürfen an die Adresse der „Saboteure“ von der FDP gespart, die er für das Scheitern seiner Regierung verantwortlich macht. Aber auch Scholz’ Herausforderer Merz betrachtete die Debatte nicht als Requiem für die Ampel.

Selbst Habeck, der mit routinierter Selbstreflexion begann, redete sich in Rage, als er auf das Wahlprogramm der Union zu sprechen kam. Beim Schlussakt des Scheiterns sollte es noch einmal richtig scheppern. Die Restampel wollte nicht mit einem Wimmern in die Weihnachtspause gehen und die Opposition nicht „Stille Nacht“ singen.

Das ist populistischer Unsinn

Die Redeschlacht zeigte den Bürgern nicht nur, was in den wenigen Wochen des Wahlkampfs auf sie zukommt. Es wurde abermals auch deutlich, wo und wie sich die Agenden und Weltanschauungen der Parteien unterscheiden. Denn es ist populistischer Unsinn, dass es keine Unterschiede zwischen Sozialdemokraten, Konservativen, Grünen und Liberalen mehr gebe.

Wahr ist, dass diese Parteien anders als AfD und BSW nicht die Grundentscheidungen revidieren wollen, die dafür sorgen, dass die Deutschen in Freiheit, Frieden, Einheit und Wohlstand leben. Diese Errungenschaften sind jedoch in ihrer Gesamtheit so bedroht wie jedenfalls in diesem Jahrhundert noch nicht. Wie sie bewahrt werden sollen, dazu gibt es in der politischen Mitte dieses Landes teils sehr unterschiedliche Vorstellungen, die man auch in dieser Debatte hören konnte.

Solange es aber in Deutschland keine absolute Mehrheit für eines dieser Programme gibt, so lange werden Koalitionen gebildet und Kompromisse gefunden werden müssen. Man kann nur hoffen, dass das dem nächsten Regierungsbündnis besser gelingt als der Ampel. Wie schwer diese Aufgabe wird, entscheiden freilich die Wähler.