Mit dem Klimawandel steigt die Zahl der Hitzetage. Vor allem Alte, Kranke und Schwangere sind gefährdet – aber auch Gesunde können einen Hitzschlag erleiden. Dagegen braucht es Strategien.
Wie viel Klimawandel steckt in einer Hitzewelle? Das untersucht die sogenannte Attributions-Forschung. Sie vergleicht unsere Welt mit einer am Computer berechneten, vorindustriellen Modell-Welt ohne die von Menschen produzierten Treibhausgas-Emissionen.
Das internationale Team der World Weather Attribution hat für einen aktuellen Bericht zum globalen Hitze-Aktionstag am 2. Juni – zwei Tage vor dem deutschen Hitze-Aktionstag – die Zunahme der Hitzetage in den letzten zwölf Monaten berechnet: Darin war 2024 im globalen Durchschnitt das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, mit 1,5 Grad Erwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit.
30 bis 120 Hitzetage mehr in einem Jahr
“Weltweit haben vier Milliarden Menschen, etwa die Hälfte der Menschheit, in den letzten zwölf Monaten 30 zusätzliche Hitzetage erlebt – im Vergleich zu einer Welt ohne Klimawandel”, erklärt Kristina Dahl von der gemeinnützigen US-Organisation Climate Central, die als eine Art Presseagentur für Klimaforschung agiert. “In einigen Ländern, vor allem in den Tropen, sind es bis zu 120 Tage.”
Weil Hitzetage in Skandinavien und in den Tropen unterschiedlich heiß sind, gibt es eine globale Definition. Dafür wird die Tagestemperatur mit den Temperaturen der vergangenen 30 Jahre verglichen. Ist die aktuelle Temperatur so hoch, dass 90 Prozent der gemessenen Temperaturen niedriger waren, gilt ein Tag als Hitzetag. Seit dem Hitze-Aktionstag 2024 gab es laut World Weather Attribution 50 Hitzetage in Deutschland – 24 mehr als es ohne den Klimawandel wären.
Hitze – eine tödliche Gefahr
Wenn es heiß wird, transportiert unser Organismus Blut aus dem Körperinneren unter die Haut. Sie kann Schweiß produzieren – das ist unsere Klimaanlage, weil die Feuchtigkeit verdunstet und dadurch die Haut kühlt. Wird allerdings viel Blut in die Peripherie des Körpers gepumpt, fehlt er eventuell dem Gehirn oder inneren Organen, erklärt die Umweltmedizinerin Lisa Patel von der Stanford-Klinik in Kalifornien. “Dann wird den Menschen schwindelig, oder sie sind verwirrt.”
Richtig gefährlich wird es, wenn man nicht mehr schwitzen kann, weil der Körper zu viel Flüssigkeit verloren hat. “Dann fließt erhitztes Blut zurück ins Körperinnere. Dadurch kann es zu Organschäden kommen oder zu einem Hitzschlag – mit möglicherweise tödlichem Ausgang.”
Symptome und Behandlung
Deshalb ist es wichtig, rechtzeitig auf Symptome der sogenannten Hitze-Erschöpfung zu achten, der Vorstufe eines Hitzschlags: starkes Schwitzen, schneller Puls, schnelle Atmung, Kopfschmerzen und Übelkeit. Ein halber Liter Wasser mit einem Teelöffel Salz ist dann die erste Hilfe. Ein Hitzschlag äußert sich durch heiße, trockene Haut, Verwirrung, Fieber, möglicherweise Bewusstlosigkeit und Krämpfe. Hier ist Kühlung lebensrettend, etwa durch nasse Tücher, Getränke, wenn der Mensch bei Bewusstsein ist, und man sollte einen Notarzt rufen.
Schutz durch Vorbeugung
Damit es so weit gar nicht kommt, sollte man an heißen Tagen viel trinken, luftige Kleidung tragen und in den kühlen Nachtstunden lüften. Solche und weitere Tipps findet man im kostenlosen “Hitzeknigge” des Umweltbundesamtes.
Besonders gefährdet durch Hitze sind Menschen, die im Freien oder heißen Räumen arbeiten, Alte, Kranke und Schwangere. “Bei Hitze steigt das Risiko von Früh- und Totgeburten”, sagt Lisa Patel.
Städtebauliche Maßnahmen
All diese persönlichen Maßnahmen reichen aber nicht mehr aus, wenn die Zahl der Hitzetage weiter steigt. Auch Architektur und Städteplanung sind gefragt. Steinerne Oberflächen können bis zu 60 Grad heiß werden.
“Zum Beispiel können Dächer mit einer reflektierenden Farbe die Temperatur im Inneren des Gebäudes um drei bis sieben Grad senken”, weiß Karina Izquierdo, die für das Klimazentrum von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond arbeitet. So lassen sich auch Hitzeinseln vermeiden. Auch reflektierende Wandfarben können vermeiden, dass sich Häuser aufheizen.
Aktionspläne gegen Hitze
Städte brauchen Hitze-Aktionspläne. In manchen Ländern richten sie öffentliche kühle Räume ein für Menschen, die anders keine Erholung von der Hitze finden.
Auch in Deutschland beschließen immer mehr Städte solche Aktionspläne, stellen Trinkbrunnen auf oder versuchen ihre Straßen und Plätze durch Bäume zu kühlen. Im niederbayerischen Straubing wird auf dem Stadtplatz während der heißesten Stunden ein feiner Wassernebel versprüht, der die Umgebung um bis zu zehn Grad kühlt. Der Deutsche Städtetag hat auf einer Webseite Best-Practice-Beispiele zum Hitzeschutz gesammelt.
Das Klimazentrum von Rotem Kreuz und Rotem Halbmond fordert aber auch staatliche Maßnahmen, wie Arbeitsschutzgesetze oder Bauvorschriften. Für letztere verweist Izquierdo auf Vorbilder aus Afrika oder Lateinamerika. “Es gibt preisgünstige Gestaltungsmöglichkeiten zur passiven Kühlung durch natürliche Ventilation in der traditionellen Architektur.”
In Deutschland hat das Bundes-Gesundheitsministerium 2024 einen “Hitzeschutzplan für Gesundheit” vorgestellt, mit besonderem Augenmerk auf Kliniken und Pflegeeinrichtungen. Im ersten extremen Hitzesommer 2003 zählte Deutschland rund 7.000 Hitzetote – viele dieser Menschen lebten in Altenheimen, die nicht ausreichend gekühlt werden konnten.
Damit so etwas nicht noch einmal vorkommt, müssen geeignete Vorbereitungen getroffen werden. Der nächste Hitzesommer könnte in wenigen Wochen beginnen.