EU-Haushaltskontrolle: Brüssel lobt Deutschland

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Die Voraussetzungen für eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung in der EU haben sich im vergangenen Jahr verschlechtert. Das geht aus den turnusgemäßen Berichten der EU-Kommission zu den Budgets der Mitgliedstaaten hervor, die der zuständige Vizepräsident Stéphane Séjourné und Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis am Mittwoch in Brüssel vorgelegt haben. Als Grund nennt die Brüsseler Behörde vor allem die Notwendigkeit höherer Ausgaben der Mitgliedstaaten für die Rüstung.

16 EU-Mitgliedstaaten, unter ihnen Deutschland, haben deshalb beantragt, für ihre Verteidigungsausgaben die „nationale Ausweichklausel“ zu ziehen und diese Ausgaben von den EU-Fiskalregeln auszunehmen. Angesichts der geopolitischen Herausforderungen habe die Kommission die nationalen Budgets und die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten vor allem nach deren Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit und zur nationalen Sicherheit beurteilt, sagte Dombrovskis.

Die Kommission beurteilt jedes Jahr Anfang Juni, inwieweit die nationalen Haushalte des laufenden Jahres in Einklang mit den EU-Budgetregeln stehen. Sie macht dazu auch Vorschläge zur Eröffnung, Fortsetzung und Abschluss von Defizitverfahren, die theoretisch mit Sanktionen verbunden sein können. Die Beurteilung erfolgt in diesem Jahr erstmals vollständig nach dem im vergangenen Jahr reformierten neuen Regelwerk. Über Deutschland fällt die Kommission zunächst kein Urteil, weil der Berliner Haushalt voraussichtlich erst im Juli vorliegt.

„Erheblicher politischer Fortschritt“ angekündigt

Eine die Bundesregierung betreffende Entscheidung hat die EU-Behörde aber sehr wohl getroffen. Sie hält ihren Befund nicht mehr aufrecht, dass in Deutschland ein „makroökonomisches Ungleichgewicht“ bestehe. Dessen Existenz hatte die Kommission seit vielen Jahren – weitgehend folgenlos – festgestellt, weil Deutschland nach ihrer Ansicht einen „übermäßigen“ Überschuss in der Leistungsbilanz aufwies. Jetzt stellt die Behörde fest, der Überschuss habe sich in den vergangenen Jahren abgebaut, außerdem habe die Bundesregierung einen „erheblichen politischen Fortschritt“ angekündigt. Damit ist offenbar das Berliner Infrastrukturpaket gemeint, das in Brüssel auf viel Zustimmung stößt.

In der Haushaltsaufsicht knüpft die Kommission seit vergangenem Jahr erstmals die Eröffnung von Defizitverfahren an die mit den einzelnen Mitgliedstaaten vereinbarten Nettoausgabenpläne, nicht mehr allein an die Vorgaben des Maastrichter Vertrags für die Neuverschuldung (3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, BIP) und die Staatsverschuldung (60 Prozent des BIP).

Nach diesen Maßgaben fordert sie die EU-Finanzminister auf, das Defizitverfahren gegen Rumänien zu verschärfen und das Land in Verzug zu setzen. Das ist das letzte Stadium eines Verfahrens vor der Verhängung von Sanktionen. Die rumänische Neuverschuldung wird nach der jüngsten Kommissionsprognose in diesem Jahr rund neun Prozent des BIP betragen. Damit bleibe auch der absehbare Nettoausgabenpfad erheblich über den mit der Kommission im vergangenen Jahr vereinbarten Werten, hieß es in der EU-Behörde.

Eröffnung eines Defizitverfahrens gegen Österreich

Sie kritisierte, dass das Land – ähnlich wie etwa die hoch verschuldeten Staaten Frankreich und Italien – nicht von der nationalen Ausweichklausel für die Rüstungsausgaben Gebrauch mache. Könnte die Kommission einschlägige Ausnahmen von den Budgetregeln zulassen und die Verteidigungsausgaben herausrechnen, stellte sich die Haushaltslage in Rumänien weniger brisant dar, hieß es in der Behörde.

Ferner schlägt die Kommission die Eröffnung eines Defizitverfahrens gegen Österreich vor. Der Grund ist in diesem Fall nicht die Entwicklung der Nettoausgaben, sondern die stetige Nichterfüllung des Maastrichter Defizit-Grenzwert von drei Prozent des BIP. Nach der Frühjahrsprognose der Kommission sinkt die österreichische Defizitquote nur gering, von 4,7 Prozent des BIP im Jahr 2024 auf 4,4 Prozent in diesem und 4,2 Prozent im kommenden Jahr. Österreich müsse das andauernde übermäßige Defizit abstellen, teilte die Behörde mit.

Für Frankreich, Italien, die Slowakei, Malta, Polen und Ungarn, die sich alle bereits in einem Verfahren befinden, sieht die Kommission derzeit keine Bedarf für eine Verschärfung. Spanien, Finnland und Lettland, die sich bisher ähnlich wie Österreich unter genauer Beobachtung, aber nicht in einem Verfahren befanden, werden jetzt positiver beurteilt als die Alpenrepublik.