Als Johann Wadephul noch Oppositionspolitiker war, kritisierte er im vergangenen Oktober im Bundestag die damalige Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen wegen verzögerter Genehmigungen für Rüstungsexporte im Bundestag.
Am Mittwoch muss er sich bei der Regierungsbefragung als Außenminister selbst erklären für seinen kritischen Ton gegenüber der israelischen Regierung – und Äußerungen zu Rüstungsexporten, die in der Union für Unruhe gesorgt haben. Gefragt wird Wadephul von der außenpolitischen Sprecherin der Grünen, Deborah Düring, ob Einigkeit in seiner Fraktion und Koalition herrsche bei der Bewertung der israelischen Kriegsführung im Gazastreifen und welche Auswirkungen seine Äußerungen auf die Rüstungsexportpolitik hätten. Wadephul sagt, es gebe eine „vollständige Geschlossenheit in der Koalition“. Danach ausgesehen hat es zuletzt allerdings nicht.
Seit vergangene Woche Bundeskanzler Friedrich Merz und Wadephul (beide CDU) den Ton gegenüber der israelischen Regierung verschärft haben, ist auch in der Union Klärungsbedarf entstanden. Schließlich sieht man sich als die Partei der Staatsräson schlechthin. Merz aber hatte geäußert, er erkenne bei den „massiven militärischen Schlägen der israelischen Armee“ im Gazastreifen „keine Logik mehr“, wie sie dem Kampf gegen Terroristen und der Befreiung der Geiseln dienten. Wadephul hatte sich gegen eine „Zwangssolidarität“ mit Israel gewandt.
In der SPD ist der Ton schärfer
Die beiden hatten zuvor nicht nur die sich zuspitzende humanitäre Notlage im Gazastreifen beobachten müssen. Wadephul selbst musste auch erfahren, dass die Zusagen, die er bei seiner Israelreise zur Versorgung der Menschen erhalten hatte, nicht eingehalten wurden. Zudem ist der Ton aus der SPD noch deutlich schärfer, von dort werden auch Konsequenzen aus der Kritik an Israel gefordert. Die hatten Merz und Wadephul nicht angekündigt.
Trotzdem reichte die Feststellung Wadephuls am Wochenende, dass die Bundesregierung Rüstungsexporte prüfen werde – wozu sie verpflichtet ist –, um die Stimmung in der Union zum Kippen zu bringen. Höhepunkt war die Äußerung des CSU-Landesgruppenchefs Alexander Hoffmann am Montag: „Freunde kann man kritisieren, aber nicht sanktionieren.“ Und: „Das wäre das Ende der Staatsräson gegenüber Israel, und das ist mit der CSU nicht zu machen“
Am Montag wurde Wadephul in den Fraktionsvorstand geladen, um sich zu erklären. Nach Berichten von Teilnehmern soll ihm das gelungen sein, danach zeigte man sich zufrieden mit den Einordnungen. Der Umgang mit den Rüstungsexporten ist kompliziert, der Bundessicherheitsrat, der für die Genehmigungen zuständig ist, tagt geheim, und ausgeführt wurde, dass Israel sich nicht nur gegen die Hamas verteidigen können muss, sondern gegen viele andere Feinde in der Region. Noch immer läuft zudem gegen Deutschland ein von Nicaragua angestrengtes Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshofs wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum Völkermord im Gazastreifen.
Israel war auch in der Fraktionssitzung Thema
Schon am Dienstag versuchte man in der Union wieder abzurüsten. Hoffmann sagte zwar, die ganze Debatte dürfe nicht dazu führen, dass man den eigentlichen Auslöser des Konflikts, die Hamas, aus den Augen verliere. Er sagte mit Blick auf die Rüstungsentscheidungen im Bundessicherheitsrat aber auch, der Außenminister habe ihm gesagt, „dass das Verfahren genauso praktiziert wird wie die ganze Zeit auch“. Insoweit sehe er da keinen Dissens. Als Kritik am Kanzler wollte er seine Äußerung schon gar nicht verstanden wissen.
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Steffen Bilger (CDU), sagte, man habe sich mit Wadephul auf die Linie verständigt, dass man zwar Kritik an Freunden aussprechen könnte, es aber nicht auf der Tagesordnung stehe, „weitere Schlussfolgerungen, was beispielsweise die Waffenlieferungen oder irgendwelche Sanktionen anbelangt“, zu treffen.
Am Dienstagnachmittag sprach in der Fraktionssitzung auch der Vorsitzende Jens Spahn (CDU) das Thema Israel an: Er habe gemahnt, sich nicht in einen Streit über Waffenlieferungen treiben zu lassen, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Israel müsse sich nicht nur gegen die Hamas verteidigen können, sondern sei zahlreichen Bedrohungen ausgesetzt. Israel habe das Recht und müsse die Möglichkeiten haben, sich zu verteidigen. Es habe breite Zustimmung gegeben in der Fraktion.
Wadephul leitet am Mittwoch in die Befragung ein mit den Worten, dass Deutschland eine klare Verantwortung habe und dass es „zum Teil unserer Staatsräson gehört, angesichts unserer historischen Verantwortung für die Sicherheit und die Existenz des Staates Israel einzustehen“. Später sagte er, Deutschland werde weiterhin den Staat Israel unterstützen, auch mit Waffenlieferungen.
Aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion an die Bundesregierung geht hervor, dass seit der Hamas-Attacke auf Israel am 7. Oktober 2023 Ausfuhrgenehmigungen für Rüstungsgüter im Umfang von gut 485 Millionen Euro erteilt worden sind. Nach F.A.Z.–Informationen gibt es Anfragen aus Israel, über die noch nicht entschieden worden ist. Dafür ist es aber nicht nur wichtig, ob die Union einig ist – sondern ebenso, welche Linie die SPD vertritt. Wie es darum steht, dürfte auch den israelischen Außenminister Gideon Saar interessieren. Der sollte noch am Mittwochnachmittag Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) in Berlin treffen. An diesem Donnerstag dann den Außenminister.