Pistorius bringt Wehrpflicht wieder ins Spiel

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Die Beliebtheit von Boris Pistorius hat in der SPD über die vergangenen Monate stark zugenommen, die für sein Wehrpflichtmodell hingegen nicht. Der Verteidigungsminister spricht deswegen seit einiger Zeit von einem Wehrdienstmodell, das zunächst auf Freiwilligkeit beruht: So haben es auch die Koalitionäre CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart. Im März vergangenen Jahres hatte Pistorius noch vom sogenannten schwedischen Modell geschwärmt. Es sieht eine Art Musterungspflicht vor. In Schweden werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, ein Teil von ihnen erhält das Angebot für einen Dienst. Das sind fünf bis zehn Prozent eines Jahrgangs.

Doch niemand in der SPD wollte sich für Pistorius’ Idee in den Kampf werfen. Der Minister sprach davon, Deutschland müsse „kriegstüchtig“ werden, die Sozialdemokraten plakatierten im Europawahlkampf „Frieden sichern“. Auch der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) trat auf die Bremse. Das Auffüllen der Personallücke sei eine „überschaubare Aufgabe“. Pistorius schwenkte gezwungenermaßen um auf einen Freiwilligendienst.

Ralf Stegner vermutet, dass die Wehrpflicht auf Dauer kommt

Insofern klang es erstaunlich, als der Parteilinke Ralf Stegner (SPD) am Donnerstag dem Portal „Politico“ sagte, er vermute, dass auf Dauer eine Wehrpflicht komme angesichts der Personallücke. Im selben Atemzug warb er aber auch dafür, den Freiwilligendienst zunächst einmal attraktiver zu machen. Man solle außerdem aufhören herbeizureden, dass es so viele wie von Pistorius geforderte zusätzliche Soldaten brauche, weil bald der nächste Krieg komme. Stattdessen brauche es Abrüstungsgespräche.

Pistorius selbst sagte am Donnerstag, dass der Personalbedarf von 50.000 bis 60.000 Soldaten die Frage aufwerfe, ob der freiwillige Wehrdienst über die nächsten Jahre ausreichen werde. Noch fehlten aber die Kapazitäten für eine Wehrpflicht. „Deswegen müssen diese Kapazitäten aufwachsen“, forderte er. „Bis dahin gilt Freiwilligkeit.“

Der neue Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte (CDU), sagte dem „Tagesspiegel“, „massiv“ steigende NATO-Anforderungen seien ohne einen teilweise verpflichtenden Wehrdienst und eine attraktivere Bundeswehr kaum zu erfüllen. „Das Verteidigungsministerium sollte einen konkreten Vorschlag vorlegen, in dem die Hürden für einen Wechsel hin zur Verpflichtung eines gewissen Kontingents junger Leute nicht zu hoch sind.“