Ein bekanntes Motto der zweiten Welle der Frauenbewegung in den Siebzigerjahren lautete, auch das Private sei politisch. Nachdem in der ersten Welle die politische Teilhabe und rechtliche Gleichstellung der weiblichen Bevölkerung auf der Agenda gestanden hatten, geriet die alltägliche Ungleichheit der Geschlechter in den Fokus. Ihr abzuhelfen sollte nicht nur Aufgabe des Staates sein, sondern auch der Familien und Unternehmen.
Jenseits der öffentlichen Debatte um gleiche Rechte, Quoten und Paragraphen gewannen deshalb scheinbar kleinere Fragen politische Bedeutung: Wer wechselt die Windeln? Wie spricht man mit dem Chef über Kinderbetreuung? Und wie lassen sich die vielfältigen Aufgaben in der Beziehung, im Haushalt und im Beruf noch miteinander vereinbaren?
Der Fokus lag nicht auf Gleichheitszielen
Die Beobachtung, dass der Feminismus der zweiten Welle neue Arenen für sein Anliegen erschloss, ist der Ausgangspunkt einer kürzlich erschienenen Studie amerikanischer Soziologinnen. Demnach sei die öffentliche Sphäre bisher zu einseitig als Diskurs etwa in Tageszeitungen verstanden worden. Bewegungen entfalteten jedoch auch durch populärkulturelle Formate Wirkung. Talkshows oder Lifestylemagazine, die gemeinhin als unpolitisch gelten, könnten einen Anteil daran gehabt haben, feministischen Anliegen Gehör zu verschaffen. Die Studie widmet sich daher Frauenzeitschriften der Siebzigerjahre, um zu klären, inwiefern die öffentliche Wahrnehmung der Frauenbewegung von ihnen geprägt wurde.
Die Analyse von Artikeln aus den Jahren 1970 und 71 zeigt, dass Frauenzeitschriften wie Good Housekeeping, Ladies’ Home Journal und Woman’s Day im Vergleich zur New York Times (NYT) nicht nur häufiger, sondern auch zugänglicher über feministische Inhalte berichteten. Während die Zeitung die rechtliche Gleichstellung und institutionelle Reformen in den Vordergrund stellte, nahmen sich die Magazine des Alltags an. Ihr Fokus lag nicht auf Gleichheitszielen, sondern auf veränderten Mustern in der Hausarbeit und Partnerschaft. Im Vergleich zur Tageszeitung behandelten die Frauenzeitschriften häufiger Fragen der Rollenverteilung und Selbstverwirklichung – Themen, die nicht unmittelbar die Gleichstellungspolitik, aber den Alltag vieler Frauen betrafen.
Perspektiven statt Parolen
Die Heldinnen ihrer Texte waren nicht Galionsfiguren des Protests, sondern Mütter, Ehefrauen und Angestellte, die sich – zuweilen zögerlich – mit dem Gedanken anfreundeten, dass es auch anders gehen könnte. Darüber hinaus stellten die Magazine gewöhnliche Frauen als aktive Unterstützerinnen der Bewegung dar, was in der NYT weitgehend fehlte.
Auch stilistisch gab es Unterschiede: Während die NYT häufig distanziert berichtete und Feministinnen als modische Kuriosität präsentierte, betteten Frauenzeitschriften deren Forderungen in persönliche Geschichten, Ratgebertexte oder Leserinnenbriefe ein. Selbst manche radikale Positionen wurden durch narrative Strategien, die Zweifel und Skepsis ernst nahmen, für ein konservatives Lesepublikum anschlussfähig gemacht, weil sie als persönliche Sicht und nicht als politische Parole daherkamen.
Dabei wurden sie in einem Ton präsentiert, der Nähe zur Leserschaft herstellte. Auf diese Weise boten Frauenzeitschriften ein Forum für neue Ideen über Ehe, Mutterschaft und Gleichberechtigung – und das zwischen Tipps zur perfekten Tarte und Haushaltsorganisation. So wurden Kochrezepte zum Türöffner für die zweite Welle des Feminismus.
Doch warum fanden feministische Anliegen überhaupt Eingang in mutmaßlich unpolitische Zeitschriften? Dies lag nicht etwa an ideologischen Sympathien der Zeitschriftenverlage mit der Bewegung, sondern an antizipierten Publikumserwartungen. Die Redaktionen dieser Magazine orientieren sich an „imagined audiences“, ihren eigenen Vorstellungen über Publikumsinteressen. Die „imaginierte Leserin“ war neugierig, aber nicht radikal; modern, aber familiär verankert. Feministische Themen boten die Chance, ein modernes Frauenbild zu präsentieren – ideal für eine Werbekundschaft, die neben Küchengeräten auch Versicherungen oder Reisen verkaufen wollte.
Die Redaktionen handelten also keineswegs aus politischer Überzeugung, sondern aus kommerziellem Kalkül. Auch wenn besonders radikale Forderungen deshalb außen vor blieben, war es ein Feminismus mit weichen Kanten, aber großem Verbreitungsgrad. Die Magazine trugen dazu bei, die politischen Anliegen der Frauenbewegung salonfähig zu machen, indem sie diese in einem eher unpolitischen, aber alltagsnahen und persönlichen Rahmen präsentierten.