Trump und der „großartige“ Merz: Erstes Treffen in Washington

17

Üblicherweise eröffnet Präsident Donald Trump das Gespräch mit seinem Besucher im Oval Office. Diesmal richtet Friedrich Merz aber zuerst das Wort an den Gastgeber. Der Bundeskanzler präsentiert das Geschenk aus Deutschland: ein golden gerahmtes Faksimile der Geburtsurkunde Friedrich Trumps, Donald Trumps Großvater, der 1869 in der Pfalz geboren wurde und mit 16 Jahren in die Vereinigten Staaten auswanderte. Trump bedankt sich mit einem Handschlag: Der Rahmen werde einen „Ehrenplatz“ erhalten.

Vor dem Antrittsbesuch des Kanzlers in Washington hatte man in Berlin vor allem jene Themen durchgespielt, bei denen es zu Unstimmigkeiten mit Trump kommen könnte. Nach dem Eklat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und dem unangenehmen Besuch des südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa im Oval Office wollte man vorbereitet sein.

Doch von Misstönen ist am Donnerstag keine Spur. Gleich zu Beginn gratuliert Trump Merz zu einer „großartigen Wahl“ und nennt ihn einen „sehr respektierten Mann“, mit dem er schon viel telefoniert habe. Später legt er nach: Merz sei zwar „schwierig“, doch das sei ja gut. „Sie würden nicht wollen, dass ich Sie als einfach bezeichne“, scherzt der Präsident an den Kanzler gewandt. Merz sei ein „großartiger Vertreter Deutschlands“. Man wolle eine gute Beziehung beider Länder – und alles Übrige werde sich finden. „Wir werden einen guten Handelsdeal finden“, verspricht Trump und streift damit beinahe beiläufig das große wirtschaftliche Streitthema der EU mit den Vereinigten Staaten. Immerhin fügt Trump hinzu, dass eine solche Einigung am Ende bei der EU liege.

Trump wendet sich zum ersten Mal gegen Musk

Auch beim heiklen Thema der Verteidigungsausgaben bleibt die Unterhaltung der beiden Männer freundlich. Ein Journalist fragt, ob Deutschland in Verteidigungsfragen genug tue. Trump gibt zurück, es sei „positiv“, dass Deutschland mehr Geld für Verteidigung ausgebe. Es dürfte dem Gastgeber gefallen, dass Merz für das von Trump ausgegebene Ziel offen ist, fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Danach geht es weiter mit Lob. Als Merz einige Sätze auf Deutsch sagt, macht Trump ihm das nächste Kompliment: Ob Merz genauso gut Englisch spreche wie Deutsch? Es scheint, als könne an diesem Tag nichts mehr schief gehen.

Dabei verfängt sich Trump nach etwa zwanzig Minuten wieder in einer länglichen Ausführung zur innenpolitischen Lage. Gleich zu Beginn hat er wieder von den Tausenden Migranten gesprochen, die unter seinem Vorgänger Joe Biden ins Land gelangt seien. Er macht einen Schlenker: In Deutschland habe es ja ähnliches gegeben. Doch es kommt nicht zu einem Kommentar von Merz.

Später wendet sich Trump zum ersten Mal öffentlich gegen seinen Langzeitfreund Elon Musk: Er sei „enttäuscht“ von dessen Kritik an seinem „großen, wunderbaren Gesetzespaket“, das Musk jüngst als eine „Abscheulichkeit“ bezeichnet hatte.

Am Ende geht es nochmal um die Ukraine

Merz wird angesichts des vielen Lobs am Ende sogar ein bisschen mutig. Er sitzt im Oval Office im Weißen Haus in Washington. Neben ihm der derzeit herausforderndste Gesprächspartner der westlichen Welt für einen Bundeskanzler: Trump. Doch nach einer halben Stunde, gespickt mit allerlei Freundlichkeiten des Gastgebers gegenüber dem Kanzler, kann Merz einigermaßen sicher sein, dass er nichts mehr zu befürchten hat.

Also spricht er noch mal über die Ukraine. Vorher hatte Trump die Kriegsparteien Russland und Ukraine mit zwei Kindern verglichen, die kämpften, die man eine Weile kämpfen lassen, dann aber trennen müsse. Ob er das Bild teile, wird Merz von einem der mitgereisten deutschen Journalisten gefragt. Er macht nicht den Fehler, am Ende der so freundlichen halben Stunde den zu seiner Linken sitzenden Präsidenten zu kritisieren.

Aber Merz sagt, dass die Opfer, von denen zuvor Trump gesprochen hatte, von den Russen getötet worden seien. Merz meint die zivilen Opfer. Solche hätten die Ukrainer nicht zu verantworten. Der einzige Widerspruch Trumps besteht in dem ruhigen Hinweis, er habe von militärischen Opfern gesprochen. Merz bringt den Satz unter: „Meine persönliche Meinung ist klar: Wir stehen auf der Seite der Ukraine und versuchen, sie immer stärker zu machen, nur um Putin dazu zu bringen, diesen Krieg zu beenden.“

Der Kanzler war mit dem Ziel gekommen, die Beziehungen zu Trump zu vertiefen. Zumindest was den Auftritt vor der Presse im Oval Office angeht, scheint das gelungen. Neben dem eigentlichen Gastgeschenk, dem Faksimile der Geburtsurkunde von Trumps deutschem Großvater, hatte Merz noch andere Freundlichkeiten im Gepäck. Er erinnert daran, dass man unmittelbar vor dem Jahrestag des D-Day stehe, also der Landung amerikanischer Truppen in Europa zum Niederringen der Nationalsozialisten. Als Trump etwas scherzhaft zu Merz sagt, das sei kein guter Tag für dessen Land gewesen, antwortet der Kanzler, es sei die Befreiung gewesen.