Grillen: Woher kommt die Kohle?

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Kaum ist es warm geworden, frönen die Deutschen wieder ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung: Sie grillen. Die meisten Menschen setzen dabei noch auf Holzkohle, die dem Grillgut das holzig-rauchige Aroma verleiht. Doch: „Der deutsche Markt für Grillholzkohle weist zurzeit kein Wachstum auf“, sagt eine Sprecherin der Pro Fagus GmbH, dem einzigen indus­triellen Hersteller von Holzkohle in Deutschland. Der Trend gehe zum Gasgrill. Dies liege unter anderem daran, dass es im Bereich des klassischen Grills kaum Innovationen gebe und Rezepte immer komplexer würden.

Das Unternehmen mit rund 170 Beschäftigten und Sitz in Bodenfeld im Weserbergland gehört der Beteili­gungs­­gesellschaft Borromin Capital Ma­nagement. Es verarbeitet etwa 100.000 Ton­nen Holz im Jahr. Dabei entstehen etwa 25.000 Tonnen Holzkohle für den privaten Verbraucher. ProFagus erwirtschafte so etwa 40 Millionen Euro Umsatz im Jahr, wie die Sprecherin mitteilte.

Auf den Säcken an der Tankstelle, im Baumarkt oder im Supermarkt lässt sich nicht immer erkennen, woher die Ware stammt oder was für Holz zur Herstellung genutzt worden ist. Pro Fagus nutzt eigenen Angaben zufolge ausschließlich Hölzer aus nachhaltiger Waldwirtschaft und aus einem Umkreis von maximal 150 Kilometern. „Wir verarbeiten nur heimische Buche aus PEFC- oder FSC-zertifizierten Wäldern.“ Auch Resthölzer aus Sägewerken und solche, die für den Möbelbau uninteressant seien, werden von dem Mittelständler verwendet: „Wichtig ist, dass kein Baum extra für uns gefällt wird.“

Ein internationales Produkt

Nach vorläufigen Zahlen des Statis­tischen Bundesamtes sind im letzten Jahr 107.671 Tonnen Holzkohle nach Deutschland importiert worden, im Vorjahreszeitraum waren es 123.322 Tonnen. Ein Großteil wird davon zum Grillen verwendet. Den Angaben zufolge stammen die schwarzen Brocken aus Dutzenden von Ländern.

Neben Pro Fagus gibt es in Deutschland nach den Worten von Hubert Röder, Professor an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf noch ein paar kleinere Hersteller. Beispielsweise ein paar Köhlereien, unter anderem im Schwarzwald. Im Ausland sei die Herstellung wesentlich günstiger als in Deutschland.

Genügend Restholz zur Produktion von Grillkohle ist nach Darstellung von Röder, der zu nachhaltiger Waldwirtschaft forscht, auf jeden Fall vorhanden: „Aktuell geht die Nachfrage nach Durchforstungsholz durch die Industrie in Deutschland eher zurück, und es gibt ein hohes Aufkommen an Schadholz durch Trockenheit und Borken­käfer.“ Damit sei die Versorgungslage mit Energieholz (Durchforstungsholz und Restholz) sehr gut. Auf entsprechende Siegel wie FSC und PEFC oder Naturland könne sich der Verbraucher mit Blick auf die nachhaltige Herstellung der Holzkohle in der Regel ver­lassen.

Immo Fischer, Sprecher des World Wide Fund for Nature (WWF), betont, der Umstand, dass Händler und Hersteller in der Europäischen Union aktuell nicht nachweisen müssten, dass Grillkohle aus legalen Quellen stammt, sei für den Waldschutz ein Desaster. „Durch dieses Schlupfloch können selbst aus illegalem Einschlag stammende Hölzer, wenn sie erst zu Kohle verarbeitet wurden, legal in die EU gelangen.“

Die alte Holzhandelsverordnung weise leider einige solcher Lücken auf. In Deutschland werde auch Grillkohle verkauft, darunter solche mit Tropenholz aus Hochrisikoländern wie Nigeria. Das habe der WWF in mehreren Marktanalysen nachgewiesen. „Dass wir für unsere Würstchen auf dem Grill die letzten Regenwälder verfeuern, ist ein unhaltbarer Zustand.“

Umwelt- und Naturschützer setzen auf die neue Entwaldungsverordnung der EU, die bis Ende des Jahres vollständig umgesetzt werden muss. Sie schließe mehrere blinde Flecken der alten Verordnung, auch bei der Holzkohle. „Händler und Hersteller müssen nun nachweisen, dass bestimmte Produkte nicht mit Waldumwandlung, Waldschädigung oder illegalem Einschlag in Verbindung stehen. Damit wird auch der Import von Grillkohle aus zerstöre­rischen Quellen untersagt und die Sorgfaltspflicht der Unternehmen entlang der Lieferkette gestärkt“, sagt Fischer.

Nach Einschätzung der deutschen Tochter des amerikanischen Unternehmens Weber-Stephen Products , auf die der Kugelgrill zurückgeht, erlebt der Produzent auf den Märkten einen Übergang von der Mehrheit der Griller, die Holzkohle verwenden, hin zu Gas. In den nordischen Ländern, in denen die Grillkultur sehr ausgeprägt sei, werde zum Beispiel überwiegend Gas verwendet, während in den süd- und osteuropäischen Ländern Holzkohle vorherrsche, obwohl jedes Jahr mehr Menschen einen Gasgrill kauften.

Für Holzkohle gibt es Alternativen wie etwa Briketts aus Kokosnuss­schalen, Olivenkernen, Maisspindeln oder schnell nachwachsendem Bambus. Solche Alternativen nutzen Reststoffe, die bei der Lebensmittelproduktion ohnehin anfallen. Dadurch müssen für diese Kohle keine zusätzlichen Bäume gefällt werden, was die Umweltbilanz deutlich verbessert. Auch Bambus zeichnet sich durch sehr schnelles Wachstum aus, weshalb Bambuskohle prinzipiell eine nachhaltige Option sein kann.

„Herkunft ist wichtig“

Doch WWF-Sprecher Fischer betont: „Jedoch warnen wir davor, blind auf das Material zu vertrauen. Nur weil die Kohle aus Kokos oder Bambus besteht, ist sie noch lange nicht unbedenklich.“ Wichtig sind Herkunft und Hintergrund dieser Rohstoffe: Werden Kokospalmen oder Bambus in gedüngten Monokul­turen angebaut, nachdem Regenwald gerodet wurde, leidet die Ökobilanz trotz des alternativen Materials, wie Fischer hervorhebt.

Wurden Olivenkerne oder Nussschalen bisher von der lokalen Bevölkerung beispielsweise zum Kochen genutzt, fehle der Rohstoff jetzt vor Ort und müsse ersetzt werden. Auch bei Alternativprodukten empfiehlt er, auf die entsprechenden Siegel zu achten.