Unruhen in Los Angeles – Proteste setzen sich trotz Nationalgarde fort

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Die ersten Soldaten der Nationalgarde sind in Los Angeles eingetroffen. Die Proteste im Stadtteil Downtown haben sich dennoch fortgesetzt; auch ein wichtiger Highway war zeitweise blockiert. Verteidigungsminister Pete Hegseth droht, Soldaten der Marines zu entsenden.

In den Innenstadt von Los Angeles zünden Demonstranten selbstfahrende Autos an.

Reuters

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Helikopter kreisen am Nachthimmel, vermummte Demonstranten halten «Fuck Trump»-Schilder in die Höhe und versuchen ein Gebäude zu stürmen, Hunderte Polizeibeamte stehen an jeder Strassenecke. Die Spannungen in der Innenstadt von Los Angeles, insbesondere rund um den Sitz des Los Angels Police Department und mehrerer Bundesgebäude, hielten in der Nacht auf Montag an. Demonstranten zündeten Feuerwerkskörper an, unzählige Polizeisirenen heulten. Wenn man wolle, könne man früher auschecken, sagte die Rezeptionisten in einem Hotel in der Innenstadt entschuldigend.

Steine, Tränengas und Gummischrot auf dem Freeway

Die ersten drei Tage der Proteste haben in «Downtown» ihre Spuren hinterlassen: zahlreiche Autobahnabfahrten in die Innenstadt sind abgesperrt, mehrere Gebäude sind komplett mit Graffiti besprüht, Rauch hing in der Luft. Das Chaos beschränkte sich jedoch weitgehend auf den Stadtteil Downtown, der nur einen kleinen Teil von Los Angeles ausmacht. Mit 3,8 Millionen Einwohnern ist LA die zweitgrösste Metropole der USA. Flächenmässig macht die von den Protesten besonders betroffene Innenstadt nicht einmal zwei Prozent der Stadtfläche aus.

Im Versuch, die Innenstadt von Demonstranten zu räumen, erklärte die Polizei am Sonntagabend Versammlungen in dem ganzen Stadtteil für illegal. Alarme auf Smartphones informierten die Bevölkerung darüber. In der Folge können die Beamten jeden, der sich dennoch auf den Strassen der Innenstadt aufhielt, festnehmen.

Die am Freitag begonnen Proteste hatten sich am Sonntag trotz Präsenz erster von Präsident Donald Trump entsandten Nationalgardisten fortgesetzt. Die Demonstranten zündeten unter anderem selbstfahrende Robotaxis an.

Im Laufe des Tages weiteten sich die Proteste vom Detention Center in der Innenstadt auf den angrenzenden Freeway 101 aus. Mehrere Hundert Demonstranten drangen auf die Hauptverkehrsader, die sich durch ganz Los Angeles zieht, vor. Die kalifornische Highway Patrol versuchten, die Protestierenden zurückzudrängen. Daraufhin begannen einige, von einer Überführung aus Steine auf die Beamten auf dem Freeway zu werfen. Diese reagierten mit Tränengas und Gummigeschossen.

Hegseth versetzt Marines in Alarmbereitschaft

Die Proteste waren ausgebrochen, nachdem die Migrationspolizei ICE in Los Angeles vergangene Woche zahlreiche Razzien durchgeführt hatte. Die Beamten suchten unter anderem in Kirchen und Schulen, sowie an Orten, an denen Tagelöhner Gelegenheitsjobs suchen, angeblich nach Migranten ohne Aufenthaltstitel, um diese ausser Landes zu bringen. Die Proteste hatten am Freitag auf dem Parkplatz des Heimwerkermarkts Home Depot im Stadtteil Paramount begonnen, der dafür bekannt ist, das sich dort Tagelöhner auf Arbeitssuche tummeln.

In Kalifornien leben so viele Papierlose wie sonst nirgendwo in den USA, gemäss Schätzungen des Pew Research Center von 2022 sind es rund 1,8 Millionen Personen. Sie machen demnach rund 7 Prozent der Arbeiterschaft des Gliedstaats aus.

Nach dem Ausbruch der Proteste in Paramount hatte Präsident Donald Trump am Samstagabend überraschend 2000 Soldaten der kalifornischen Nationalgarde nach L.A. beordert – entgegen dem ausdrücklichen Wunsch von Gouverneur Gavin Newsom. Am Sonntagvormittag waren die ersten Militärs in LA eingetroffen. Am Nachmittag kam auch Newsom in die Stadt, um sich ein Bild von den Entwicklungen zu machen. Er wolle persönlich beobachten, wie Kalifornien auf die anhaltenden Zuwanderungsrazzien und Proteste reagierte, sagte er.

Für Montag und Dienstag waren bereits weitere Demonstrationen angekündigt. Die Spannungen drohen weiter eskalieren: Der Verteidigungsminister Pete Hegseth schrieb am Sonntag auf der Plattform X, dass die Marines im nahe gelegenen Militärstützpunkt in Twentynine Palms in Alarmbereitschaft versetzt worden seien und notfalls die Nationalgarde unterstützen würden.

Newsom bezeichnete diese Drohung, Marines auf amerikanischem Boden einzusetzen, als «gestörtes Verhalten». Die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, verurteilte die Randale und Gewalt, die von einigen Demonstranten ausgingen. Aber sie kritisierte auch Donald Trump dafür, die Spannungen angeheizt zu haben.