Kretschmer wirbt beim BSW um Stimmen

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Einen Tag vor der Ministerpräsidentenwahl in Sachsen hat der bisherige Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) weiter nach Stimmen gesucht. Neben ihm wollten AfD-Landes- und Fraktionschef Jörg Urban kandidieren sowie der parteilose Matthias Berger, der durch ein Direktmandat für die Freien Wähler in den Landtag eingezogen ist.

Urban und Berger ließen am Dienstag in Dresden noch offen, ob sie schon im ersten Wahlgang antreten werden. In ihm braucht ein Bewerber, um gewählt zu sein, die absolute Mehrheit von 61 Stimmen. Die Minderheitskoalition von CDU und SPD kommt nur auf 51 Stimmen, wobei die CDU 41 Abgeordnete stellt und die SPD zehn.

CDU und SPD gaben sich am Dienstag sicher, dass Kretschmer spätestens im zweiten Wahlgang gewählt wird, wenn die einfache Mehrheit ausreicht. Die BSW-Fraktionsvorsitzende Sabine Zimmermann sagte, ihre Fraktion habe noch nicht entschieden, wie sie abstimmen werde. Am Dienstagmittag wollte Kretschmer in der BSW-Fraktion für sich werben. Das BSW stellt 15 Abgeordnete.

Auch Berger hatte am Dienstagmorgen ein Gespräch in der BSW-Fraktion. Er plädiert für eine Expertenregierung. Diesen Vorschlag hatte auch die BSW-Bundesvorsitzende Sahra Wagenknecht schon ins Spiel gebracht.

Zimmermann deutete an, dass das BSW nicht geschlossen abstimmen werde. „Eine Ministerpräsidentenwahl sollte man nicht unter Fraktionszwang stellen“, sagte sie. Eine Abstimmung mit Wagenknecht habe es in der Frage des Wahlverhaltens der BSW-Abgeordneten nicht gegeben. Die Linksfraktion, mit sechs Mitgliedern die kleinste im Landtag, hat sich ebenfalls noch nicht festgelegt, wie sie abstimmen wird.

AfD-Fraktionschef Jörg Urban sagte, es werde keine Stimme für Kretschmer aus seiner Partei geben, da sich der CDU-Politiker „dem Linksblock“ ausliefere. Auch die Grünen bleiben dabei, Kretschmer nicht zu wählen. Man habe der CDU vorgeschlagen, die Wahl zu verschieben, um eine deutliche demokratische Mehrheit im Vorfeld zusammenzubekommen, doch das sei abgelehnt worden, sagte die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert. Sollte Kretschmer nicht im ersten Wahlgang gewählt werden, so wäre es töricht, am selben Tag in den zweiten Wahlgang zu gehen, sagte sie.

Grüne wollen mit Nein stimmen können

Die Grünen wollen zu Beginn der Landtagssitzung am Mittwoch eine Änderung des Wahlverfahrens beantragen. Danach soll die Möglichkeit geschaffen werden, mit Nein gegen alle Bewerber zu stimmen. Bisher gibt es nur die Möglichkeit von Enthaltungen, die jedoch bei der Wahl nicht mitgezählt werden. Schubert begründete den Vorstoß damit, dass die Grünen einen „Kemmerich-Moment“ verhindern wollten – der FDP-Politiker war 2020 im Thüringer Landtag mit den Stimmen der AfD gewählt worden, die ihren eigenen Kandidaten nicht wählte.

Die Grünen gehen davon aus, dass die AfD für Berger stimmen könnte, der dann mit Stimmen des BSW und Abweichlern aus anderen Parteien bei vielen Enthaltungen gewählt werden könnte. Die Möglichkeit der Neinstimmen könnte das verhindern. Die CDU will am bisher geltenden Wahlverfahren festhalten und hat einem Gutachten der Grünen ein eigenes Gutachten entgegengestellt.

Berger sagte, sein Modell einer Expertenregierung ziele darauf, neue Wege in der Politik zu gehen und „völlig neu zu starten“. Besonders das BSW erlebe er als offen für neue Modelle. Wenn Stimmen der AfD eine Rolle bei seiner möglichen Wahl spielen sollten, „dann ist es eben so“. Am Morgen hatten CDU und SPD den Koalitionsvertrag unterzeichnet.