Israel geht gegen Iran ähnlich vor wie gegen die Hizbullah

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Als die iranischen Raketen auf dem Weg nach Israel Leuchtstreifen am libanesischen Abendhimmel zogen, krachten Freudenschüsse in den südlichen Vorstädten von Beirut, einer Bastion der Hizbullah. Die Anhängerschaft der von Iran gelenkten Schiitenorganisation feierte den Vergeltungsschlag des Regimes in Teheran. Es hatte aber auch Schadenfreude geherrscht, nachdem die Islamische Republik von einem israelischen Großangriff erschüttert wurde. Daraus sprach der Frust darüber, dass die iranische Führung ihrem libanesischen Vasallen untersagt hatte, in dessen Krieg mit Israel die Prunkstücke des Raketenarsenals einzusetzen. Jetzt erlebe Iran am eigenen Leibe, was der Hizbullah widerfahren sei, hieß es nun.

Tatsächlich weisen die israelischen Militärkampagnen einige Parallelen auf. In beiden Fällen wurde nicht nur Infrastruktur getroffen, mit Blick auf Iran etwa Nuklear- und Raketenanlagen oder Militärstützpunkte. Die israelische Luftwaffe versetzte außerdem der Militärführung heftige Schläge. In beiden Fällen zeigte sich auch, dass der israelische Geheimdienst den Feind massiv durchdrungen hat. Die Folge sind erfolgreiche Sabotageakte. Im September 2024 detonierten Tausende mit Sprengstoff präparierte Funkfernmelder, sogenannte Pager, in den Händen von Hizbullah-Kämpfern und -Kadern.

Mossad hatte Drohnen und Raketen in Iran hergestellt

Jetzt gaben die israelischen Regierungsmitarbeiter an, der Auslandsgeheimdienst Mossad habe in der Nähe der iranischen Hauptstadt Teheran eine Fertigungsstätte für explosive Drohnen und Raketen einrichten können, die gegen die iranische Luftabwehr zum Einsatz gekommen seien. Außerdem konnten durch die engmaschige israelische Aufklärung wichtige Kommandeure der Hizbullah und des iranischen Militärs aufgespürt und getötet werden.

Israelische Regierungsmitarbeiter berichteten im Zuge der Kampagne gegen Iran, es sei gelungen, die Luftwaffenführung der Revolutionswächter in einen Bunker zu locken. Kampfflugzeuge bombardierten daraufhin das Treffen. Ähnliches passierte der Führung der Radwan-Kräfte, der wichtigsten Eliteeinheit der Hizbullah.

Iran und sein wichtigster arabischer Alliierter sind auch in einer ähnlichen Lage. Für Teheran bedeutet das nichts Gutes. Ähnlich in Libanon, wo es keine Luftabwehr gibt, kann die israelische Luftwaffe auch in Iran inzwischen fast nach Belieben schalten und walten. Und es sieht nicht danach aus, als würden die Luftangriffe gestoppt werden. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat angekündigt, der Krieg gegen Iran werde fortgesetzt, solange es nötig sei, um die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm auszuschalten.

Wehrlose Hizbullah

In Libanon kommt es seit Monaten trotz einer Waffenstillstandsvereinbarung regelmäßig zu israelischen Luftangriffen. Die Hizbullah ist den andauernden Bombardements wehrlos ausgesetzt. Ein Gegenschlag würde einem Selbstmord der Organisation gleichkommen, heißt es aus dem libanesischen Sicherheitsapparat. Unter Beobachtern in Beirut herrscht außerdem Besorgnis, eine neuerliche Eskalation könne dazu führen, dass Israel zivile Infrastruktur angreift.

Auch Iran, das über weit größere militärische Schlagkraft verfügt, scheint im Luftkrieg mit Israel unterlegen zu sein. Noch hat sich die israelische Regierung auf Schläge gegen das iranische Atomprogramm und das Militär beschränkt und es unterlassen, etwa iranische Öl-Anlagen anzugreifen.

Netanjahu hat den Bluff des Regimes und der Hizbullah durschaut und in beiden Kriegen mit harten Schlägen die Initiative ergriffen und Eskalationsdominanz erlangt. Sowohl das Regime in Teheran als auch die Hizbullah haben ihre Abschreckungsfähigkeit verloren – und beide hatten diese und sich selbst zuvor überschätzt. Trotz vollmundiger Drohungen, einen zerstörerischen Feuersturm zu entfesseln, hatte die Hizbullah versucht, die militärische Konfrontation zu begrenzen – und war trotz der zurückhaltenden Luftkriegsführung durch die unablässigen israelischen Angriffe massiv geschwächt worden. Ein begrenzter Krieg, so die Lehre aus dem Fiasko im Krieg gegen Israel, lässt sich nicht gegen einen Gegner führen, der entschlossen zuschlägt und die Eskalation nicht scheut.

Iran scheint jetzt in einem ähnlichen Dilemma zu stecken. Revolutionsführer Ali Khamenei muss aufpassen, durch die iranischen Gegenschläge nicht einen noch verheerenderen Krieg zu provozieren, in den womöglich die Vereinigten Staaten hineingezogen würden. Ein solcher könnte zu einer existenziellen Bedrohung für das iranische Regime werden.

Für Teheran ist es zugleich schwierig, nach den demütigenden israelischen Schlägen einen gesichtswahrenden Ausweg aus der militärischen Konfrontation zu finden. Die Hizbullah hatte lange vergeblich darum gerungen, bis sie faktisch kapitulierte. Derzeit sieht es so aus, als würde der israelisch-iranische Schlagabtausch weitergehen – und Iran wie auch die Hizbullah immer weiter geschwächt werden.