Rückenschmerzen durch Stress – so beugen Sie vor.

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Stress, Druck und emotionale Überlastung bekommen häufig auch die Muskeln zu spüren: Sie verkrampfen. Schmerzen sind die Folge.

Vor allem der Nackenbereich und der Rücken sind von stressbedingten Verspannungen betroffen. Wer sich jetzt schont und auf Bewegung verzichtet, läuft Gefahr, dass die Beschwerden chronisch werden.

Stress setzt eine Vielzahl verschiedener Stresshormone frei, darunter Adrenalin und Cortisol. Der Körper ist in Alarm- beziehungsweise Reaktionsbereitschaft. Der Herzschlag beschleunigt, die Muskeln spannen sich an, der Atem geht schneller.

Während sich das Nervensystem der Steinzeitmenschen nach Flucht oder Kampf wieder beruhigen konnte, fehlt uns heute im Alltag oft die nötige Regeneration für den Abbau der Stresshormone. Die möglichen Folgen kennen viele: Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Nacken- und Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Kopfschmerzen bis hin zu Depressionen.

Nicht nur die Nationale Versorgungsleitlinie “Nicht-spezifischer Kreuzschmerz” berücksichtigt die Zusammenhänge zwischen psychischen Belastungen und Rückenschmerzen. Auch die Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde, Neurologie, Orthopädie und Unfallchirurgie aus Deutschland und der Schweiz betonen, dass das Wechselspiel zwischen Psyche und Körper bei medizinischen Beschwerden immer Berücksichtigung finden sollte.

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Seien Menschen dauerhaft Stressfaktoren und psychischen Belastungen ausgesetzt, ohne adäquat darauf zu reagieren, könne sich dies in körperlichen Symptomen äußern. So würden sich beispielweise Depressionen und Rückenleiden oft gegenseitig bedingen.

“Schmerzen in Nacken und Rücken sind meist ein multifaktorielles Problem”, sagt auch Professor Bernd Kladny, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie m&i-Fachklinik in Herzogenaurach.

Professor Dr. Bernd Kladny
(Quelle: GLASOW,FOTOGRAFIE)

Professor Dr. Bernd Kladny ist stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU) und Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie, m&i-Fachklinik Herzogenaurach. Der Orthopäde und Unfallchirurg war maßgeblich an der Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz beteiligt.

“Anhaltende Fehlhaltungen am Arbeitsplatz, Bewegungsmangel, eine geschwächte Muskulatur, Stress in Beruf und Privatleben sowie lange Beschäftigung mit dem Handy: All das sind Faktoren, die ein gesundes Zusammenspiel der Muskeln stören und häufig zu Verspannungen und Schmerzen führen.”

Verspannte Muskeln seien zudem schlechter durchblutet – was die Beschwerden meist zusätzlich verstärke. Sei die Rückenmuskulatur geschwächt, fehle zudem eine wichtige Stütze für die Wirbelsäule – was ebenfalls Rückenschmerzen fördere und verstärken könne.

Allein die Beschäftigung mit dem Handy ist laut Kladny eine enorme Belastung für die Nackenmuskulatur: “Der Kopf wiegt zwischen vier und fünf Kilo. Neigen Sie diesen nach vorne, erreichen Sie durch die Hebelverhältnisse leicht ein Gewicht von bis zu 20 Kilogramm, das Ihr Nacken halten muss. Das entspricht dem Gewicht eines Getränkekastens.”

Gerade im Homeoffice ist es zudem so, dass das Arbeiten an Küchen- oder Wohnzimmertisch meist alles andere als ergonomisch für Rücken und Nacken ist. Zusätzlicher Stress und innere Anspannung lassen die Muskeln zusätzlich verspannen. Fehlen dann Bewegung und Entspannung für Muskeln und Geist, entstehen Verspannungsschmerzen.

Wer bei Verspannungsschmerzen nicht reagiert, riskiert ein Dauerproblem. “Werden die Verspannungen nicht durch Bewegung gelockert und der Stress beziehungsweise die psychische Belastung nicht reduziert, besteht die Gefahr, dass die Schmerzen chronisch werden”, warnt Kladny.

Der Orthopäde empfiehlt im ersten Schritt eine Kombination aus Bewegung, regelmäßige Muskellockerung und -dehnung sowie das Erlernen von Entspannungstechniken sowohl für die Muskeln als auch für die Psyche. Um Stress abzubauen sind regelmäßige Pausen und Ich-Zeiten hilfreich. Wer merkt, dass er an seine emotionalen Grenzen kommt, sollte sich nicht scheuen, zusätzlich psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

“Regelmäßige Bewegung ist eine der wichtigsten Maßnahmen gegen Muskelverspannungen und Stress. Sind Sie aktiv, stärkt und lockert das die Muskeln, nährt die Gelenke und Bandscheiben, wirkt aufhellend auf die Psyche, kräftigt das Herz-Kreislauf-System und baut Stresshormone ab”, sagt Kladny.

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Um den akuten Schmerz zu lindern und um in Bewegung kommen zu können, empfiehlt der Orthopäde Wärmebehandlungen und wenn nötig entzündungshemmende Schmerzmittel, etwa mit dem Wirkstoff Ibuprofen. “Wärme fördert die Durchblutung und lockert die Muskulatur. Schmerzmittel können Ihnen eine bessere Beweglichkeit in der Akutphase der Verspannung ermöglichen.”

Im Alltag helfen kleine Übungen, die Nacken- und Rückenmuskulatur zu entspannen. Recken, Strecken und Dehnen ist ebenso wohltuend wie das Kreisen von Schultern und Kopf. “Was auch immer Sie an Lockerungsübungen und Bewegung durchführen, tun Sie dieses zwischendurch immer wieder – besonders wenn Sie viel am Schreibtisch sitzen”, sagt Kladny.