Gianni Infantino verdrängt die Wirklichkeit

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Die ersten Partien der Klub-WM sind gespielt. Gianni Infantino lobt sein Herzensprojekt als Erfolg. Die Realität sieht jedoch anders aus.

Als er vor mehreren Jahren eine Reform der Klub-WM durchdrückte, schwärmte Gianni Infantino von einem “neuen Meilenstein für den Weltfußball”. Vor dem Start seines Herzensprojekts am vergangenen Wochenende betonte er dann noch einmal, dass eine “neue Ära des Fußballs” angebrochen sei.

Am Dienstag teilte die Fifa dann mit, dass mehr als 340.000 Menschen die ersten drei Spieltage in den Stadien (acht Partien) verfolgt hätten – angeblich ein großer Erfolg. Was erst einmal gut klingt, ist in Wirklichkeit genau das Gegenteil.

Infantino verdrängt die Realität. Denn die Zuschauerzahlen sind gemessen an den Erwartungen alles andere als ein Erfolg. Zu den insgesamt 12 Spielen bisher hätten 804.739 Fans kommen können, 433.065 waren da. Das entspricht einem Zuschauerschnitt von 36.089 Personen – und damit einer Stadionauslastung von nur 53,81 Prozent. Großer Andrang der Fans sieht anders aus.

Zumal es die Debatten um leere Stadionränge schon vor dem Turnier gab. Um vorzusorgen, verkaufte die Fifa laut “The Athletic” Tickets an das Miami Dade College für das Eröffnungsspiel im US-Bundesstaat Florida. Die Studenten zahlten laut dem Bericht 20 US-Dollar (rund 17,40 Euro) und erhielten dafür fünf Tickets. Das sind vier Dollar pro Karte. Ganz sicher: Für diesen Ramschpreis wären WM-Tickets in einer Sekunde weg. Bei der Klub-WM blieben dennoch ein paar Plätze frei.

Fans spekulierten auf Social Media zudem, ob die Fifa bei einigen Spielen Tickets nur für eine Seite des Stadions verkauft, um es im TV voller aussehen zu lassen. Zutrauen würden viele dem Fifa-Präsidenten so etwas allemal, was allein schon für sich spricht. Infantino hat längst den Ruf, dass ihm jedes Mittel recht ist, um die Klub-WM gut dastehen zu lassen. In Wahrheit sind die leeren Ränge eine Ohrfeige für Infantino.

Der Misserfolg begann bereits bei der Sponsorensuche (mehr dazu lesen Sie hier). Während für die Herren-WM im kommenden Jahr und die Frauen-WM 2027 reihenweise Partner verkündet werden konnten und schon jetzt feststehen, wollte lange keine große Firma bei der Klub-WM einsteigen. Ende Oktober 2024 erlöste dann der chinesische Elektronikkonzern Hisense die Fifa rund acht Monate vor Turnierbeginn und stieg als erster Sponsor ein. Von Attraktivität kann also nicht die Rede sein.

Hinzu kommt: Es ist zwar nett, dass sich die Bayern zum Auftakt gegen Auckland City über ein 10:0 freuen durften. Es erinnert aber auch an eine erste Runde im DFB-Pokal, wenn sich ein Viertligist freut, dass der deutsche Rekordmeister vorbeikommt. Für die kleinen Teams ist das eine Ehre, keine Frage. Aber: “Historisch”, wie Infantino bei der Auslosung betonte, ist das nicht.

Zumal dieses Turnier für die Spieler eine zusätzliche Belastung in den Sommermonaten bedeutet. Als “brutal” bezeichnete der Bundestrainer Julian Nagelsmann diese sogar. Einige Spieler des BVB und der Bayern – und auch von anderen Klubs – haben erst die Bundesliga gespielt, dann die Nations League, nun die Klub-WM, und dann beginnt nur einen Monat später bereits die neue Saison. Und im nächsten Jahr? Da steht eine Weltmeisterschaft an. Eine richtige. Wie sollen sich die Profis da regenerieren? Quasi gar nicht. Es drohen Verletzungen und ein möglicher Ausfall beim Turnier im kommenden Jahr.