Zehn Jahre Haft für syrischen Folterknecht

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Wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen hat das Hanseatische Oberlandesgericht am Mittwoch den Syrer Ahmad H. zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er hatte als Mitglied der regimetreuen Schabiha-Miliz zwischen 2012 und 2015 an einem Checkpoint in Damaskus junge Männer festgenommen, geschlagen und sie zu Zwangsarbeit verpflichtet. Letztere wertete das Gericht als Versklavung. Auch war er an Folterungen beteiligt.

Dem Gericht zufolge war H. für seine Aggressivität und Brutalität berüchtigt. Die Bundesanwaltschaft warf dem Mann in 21 Fällen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen vor und hatte elf Jahre Haft gefordert. Der 47 Jahre alte Angeklagte hatte die Vorwürfe bestritten, seine Verteidiger hatten auf Freispruch plädiert.

H. war im Frühjahr 2016 als Asylsuchender nach Deutschland eingereist und hatte Schutz erhalten. Ein Mitbewohner einer Unterkunft erkannte ihn dann als Mitglied der Miliz, die mit dem Regime des gestürzten Machthabers Baschar al-Assad verbündet gewesen war. Daraufhin war H. im August des vergangenen Jahres in Bremen festgenommen worden. Vor Gericht berichteten später mehrere Opfer von Misshandlungen durch H. Das Gericht hörte mehr als 25 Zeugen an.

Nicht das erste Urteil

Laut Bundesanwaltschaft soll H. in einem Fall im Herbst 2014 zusammen mit anderen Milizionären und Mitarbeitern des syrischen Militärischen Geheimdienstes an einem Checkpoint vielfach auf einen Zivilisten eingeschlagen und -getreten haben. H. packte demnach das Opfer an den Haaren und knallte seinen Kopf auf den Bürgersteig.

Die Schabiha-Miliz hatte der Bundesanwaltschaft zufolge die Aufgabe, zusammen mit der Abteilung 227 des syrischen Militärischen Geheimdienstes in dem Damaszener Stadtviertel Al-Tadamon, in dem H. tätig war, oppositionelle Bestrebungen zu unterdrücken. Ziel sei es gewesen, die damalige Protestbewegung mithilfe von Sicherheitskräften bereits zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu unterbinden und die Bevölkerung einzuschüchtern, so die Bundesanwaltschaft. Hierzu seien überall im Land tatsächliche oder vermeintliche Oppositionelle ohne Rechtsgrundlage festgenommen, inhaftiert, gefoltert und häufig getötet worden. Allein an zwei Tagen im Jahr 2013 sollen in dem Viertel bei Massenexekutionen mindestens 47 Zivilisten ermordet worden sein.

Von deutschen Gerichten wurden bereits mehrfach Syrer wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu langen Haftstrafen verurteilt. Im Januar 2022 war vom Koblenzer Oberlandesgericht ein Urteil im weltweit ersten Prozess wegen Staatsfolter in Syrien ergangen. Damals wurde mit Anwar R. ein führender Mitarbeiter eines syrischen Geheimdienstes wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft verurteilt. Er wurde unter anderem wegen Folter, vielfacher Morde, gefährlicher Körperverletzung und sexualisierter Gewalt schuldig gesprochen. Seinen einstigen Mitarbeiter Eyad A. hatte das Gericht bereits zuvor wegen Beihilfe zur Folter in mindestens 30 Fällen zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt.