Volkswagen, Thyssen, Bosch – wenn in Deutschland über Wirtschaftskrise und Stellenabbau geredet wird, stehen die großen Industriebetriebe im Fokus. Unter erheblichem Druck stehen aber auch mittlere und kleine Unternehmen. Das zeigt der neue Datev-Mittelstandsindex, über den die F.A.Z. vorab berichtet. Der Umsatz dieser Unternehmen, die gemessen an der Anzahl rund 99 Prozent der Unternehmen hierzulande ausmachen, sank im November zum Vorjahresmonat um 4,7 Prozent. Der Mittelstandsindex basiert auf den anonymisierten Umsatz- und Geschäftsdaten, die Datev, der IT-Dienstleister der steuerberatenden Berufe, erfasst und verarbeitet.
Die Umsätze der kleinen und mittleren Unternehmen haben sich zuletzt schwächer entwickelt als die Erlöse in der Gesamtwirtschaft. Allerdings war das Bild im November nicht einheitlich. Der Umsatz der mittleren Unternehmen (bis 249 Beschäftigte) wuchs im November zum Vorjahr um 2,5 Prozent. Die Datev-Analysten bezeichneten das als „Lichtblick“. Bei den kleinen Unternehmen (bis 49 Beschäftigte) stabilisiert sich die Lage etwas, die Umsatzlücke zum Vorjahr schrumpfte den dritten Monat in Folge. Die Kleinstunternehmen (bis neun Beschäftigte) sind davon jedoch weit entfernt. Hier haben sich die Umsatzrückgänge weiter verschärft und betragen nun 6,8 Prozent zum Vorjahr.
Datev Mittelstandsindex: Umsatz
Im Vergleich zum Oktober gab es zwar eine minimale Verbesserung, der erwartete Aufschwung durch das Vorweihnachtsgeschäft blieb aber aus. Der Einzelhandel machte im November schlechtere Geschäfte als im Oktober. Datev-Vorstandschef Robert Mayr sieht keine Trendwende. „Die leichte Umsatzerholung bei den mittleren Unternehmen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kleinst- und Kleinunternehmen nach wie vor mit teils hohen Umsatzrückgängen zu kämpfen haben.“ Die Lage der Kleinstunternehmen sei Anlass für große Sorgen.
Lohnentwicklung liegt weiter oberhalb der Inflationsrate
Die finanziellen Spielräume der Unternehmen werden geringer, weil die sinkenden Umsätze mit höheren Löhnen einhergehen. Im November fiel der Anstieg auf Jahressicht zwar schwächer aus als in den Vormonaten. Mit einem Plus um 3,8 Prozent liege die Lohnentwicklung aber weiter oberhalb der Inflationsrate und sei ein wesentlicher Kostentreiber der Unternehmen. Für die Beschäftigten entwickeln sich die steigenden Löhne zum zweischneidigen Schwert. Sie verdienen zwar mehr, die Beschäftigung ging aber den dritten Monat in Folge leicht zurück.
Der von Arbeitsmarktexperten prognostizierte Anstieg der Arbeitslosigkeit scheint damit zumindest bei den kleineren Unternehmen schon begonnen zu haben. Derzeit sind in Deutschland 2,77 Millionen Menschen arbeitslos. Im kommenden Jahr könnte die Marke von drei Millionen Arbeitslosen fallen. Die erhoffte konjunkturelle Belebung am Jahresende bleibt bislang aus. Im Dezember ist der Ifo-Geschäftsklimaindex auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020 gesunken, vor allem weil die befragten Unternehmen noch pessimistischer ins neue Jahr blicken.
Wie dünn die Luft für etliche Unternehmen inzwischen ist, belegt die steigende Zahl der Insolvenzen. Für 2024 erwartet die Bonitätsauskunft Creditreform 22.400 Unternehmensinsolvenzen, ein Viertel mehr als im vergangenen Jahr. Auch hier zeigte sich: Der größte Teil der Insolvenzen entfällt in diesem Jahr auf kleine Unternehmen. Acht von zehn der betroffenen Firmen beschäftigten höchstens zehn Beschäftigte. Die Aussichten für das kommende Jahr sind nicht besser. „Die Insolvenzwelle wird sich im Jahr 2025 verstetigen“, sagte Creditreform-Geschäftsführer Bernd Bütow.