Netanjahus alter Traum erfüllt sich

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Zu Beginn des Krieges gegen Iran habe er den Israelis versprochen, dass die iranischen Atomanlagen „auf die eine oder andere Weise zerstört werden“, sagte Benjamin Netanjahu kurz nach den amerikanischen Angriffen in der Nacht zum Sonntag. „Dieses Versprechen wurde gehalten.“

Für Israels Ministerpräsidenten sind die amerikanischen Bombardierungen dreier Atomanlagen in Iran die Erfüllung eines alten Traums. Über Jahrzehnte warnte der 75 Jahre alte Politiker vor einer iranischen Atombombe und forderte, diese Möglichkeit müsse verhindert werden – notgedrungen am besten mit militärischen Mitteln, gemeinsam mit den USA. Er sprach im amerikanischen Kongress und in der Generalversammlung der Vereinten Nationen, mahnte und drohte.

Israel ging im Laufe der Jahre offenbar mit verschiedenen Mitteln gegen Irans Atomprogramm vor: Iranische Atomforscher wurden ermordet, Zentrifugen durch ein Computervirus lahmgelegt. 2012 stand eine von Netanjahu geführte Regierung angeblich schon einmal kurz davor, Iran anzugreifen. Aber der damalige amerikanische Präsident Barack Obama lehnte das ab.

Das Atomabkommen mit Iran im Jahr 2015 während Obamas Präsidentschaft war für Netanjahu ein Tiefpunkt, Trumps Ausstieg daraus 2018 eine Verheißung. Aber auch Trump setzte zu Beginn seiner zweiten Amtszeit vor allem auf eine diplomatische Lösung des Konflikts mit Iran – zum Verdruss Netanjahus.

Netanjahu preist die Vereinigten Staaten

Am 13. Juni griff Israel schließlich ohne amerikanische Beteiligung Iran an. Nach einigem Hin und Her schloss Trump sich der Attacke nun an. Netanjahu pries den amerikanischen Verbündeten für diese Entscheidung jetzt ausgiebig. Seit Kriegsbeginn am Freitag vor einer Woche habe Israel „Erstaunliches geleistet“, sagte er in einer englischen Videoansprache, die in der Nacht veröffentlicht wurde. „Aber bei der heutigen Aktion gegen Irans Atomanlagen war Amerika wirklich unübertroffen. Es hat etwas geschafft, was kein anderes Land auf der Welt schaffen konnte.“

In einer etwas später veröffentlichten hebräischen Videoansprache hob Netanjahu hervor, dass die USA „in voller Abstimmung“ mit der israelischen Armee gehandelt hätten.

Auch Oppositionspolitiker lobten die amerikanischen Angriffe, bei denen wohl mehrere bunkerbrechende Bomben eingesetzt wurden. Yair Lapid sprach von einer „historischen Nacht für den gesamten Nahen und Mittleren Osten“ und dankte dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump. Ebenso Benny Gantz, der auf der Plattform X schrieb, die Welt sei jetzt ein sicherer Ort.

„Frieden durch Stärke“

Netanjahu telefonierte nach den amerikanischen Angriffen mit Trump, den er in seinen Statements mit ausgiebigem Lob bedachte. Trump und er selbst sagten oft: „Frieden durch Stärke“, verkündete Netanjahu und führte aus: „Zuerst kommt die Stärke, dann kommt der Frieden.“ Die amerikanischen Angriffe könnten dazu beitragen, die Region in eine Zukunft des Wohlstands und des Friedens zu führen. Netanjahu dankte Trump, auch im Namen des israelischen Volkes und „der Kräfte der Zivilisation“.

Die Zeitung „Haaretz“ zitierte am Morgen einen „israelischen Offiziellen“ mit der Aussage, Israel sei nun „bereit, über ein Abkommen zu verhandeln“. In den vergangenen Tagen hatten Vertreter der Regierung in Jerusalem Verhandlungen mit dem Regime in Teheran noch ausgeschlossen. Außenminister Gideon Saar hatte am Mittwoch gesagt, die Angriffe würden fortgesetzt, bis Israel seine Ziele erreicht habe.

Die unmittelbare Reaktion aus Iran erfolgte am Sonntagmorgen. Gegen acht Uhr ertönten wieder Warnsirenen in weiten Teilen Israels. Kurz darauf schlugen mehrere Raketen ein. 27 Geschosse waren laut israelischen Angaben in zwei Salven aus Iran abgefeuert worden. An mehr als zehn Orten im Zentrum und im Norden Israels seien Raketen oder Raketenteile niedergegangen, hieß es in Medienberichten. In der Stadt Haifa schlug offenbar eine fehlgeleitete Abwehrrakete ein. Unter anderem wurde ein Altersheim beschädigt. Von mehr als 80 Verletzten landesweit war die Rede. Kurze Zeit darauf verkündete die israelische Armee, sie fliege neue Angriffe im Westen Irans.

Schon in der Nacht hatte Israel seinen Luftraum geschlossen und die Flüge ausgesetzt, mit denen im Ausland gestrandete Israels seit einigen Tagen zurückgebracht werden. Nach den amerikanischen Angriffen wollte man für Gegenschläge gewappnet sein. Was jetzt geschehe, liege in den Händen Irans, sagte der in „Haaretz“ zitierte Regierungsmitarbeiter. Sollte Teheran sich dazu entschließen, als Vergeltung amerikanische Militärbasen in der Region anzugreifen, sei Israel bereit, den Krieg auszuweiten.