Top 50 Medikamente: Diese Beipackzettel überfordern Patienten

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Beipackzettel sollen helfen – doch viele schrecken eher ab. Eine neue Auswertung zeigt, bei welchen häufig eingesetzten Medikamenten viele Deutsche verzweifeln.

Wenn Patienten ihre Medikamente nicht richtig einnehmen, liegt das auch an komplizierten Packungsbeilagen. Eine aktuelle Analyse der Onlineapotheke mycare.de bestätigt: Viele sind sprachlich so anspruchsvoll, dass Laien kaum folgen können.

Dafür hat das Team die Beipackzettel der 50 meistverschriebenen Medikamente in Deutschland untersucht. Bewertet wurde die Verständlichkeit mit dem sogenannten Lesbarkeitsindex (LIX). Je höher dieser Wert, desto schwerer ist ein Text zu lesen.

Der Durchschnitt der untersuchten Beipackzettel liegt der Auswertung zufolge bei einem LIX-Wert von 47,04 – das entspricht bereits einem gehobenen Sprachniveau. Sechs Beilagen übersteigen sogar die Schwelle von 50. Damit gelten sie laut Definition als Sachliteratur.

Am schwersten verständlich ist laut Analyse die Packungsbeilage von Ibuflam/-Lysin (Ratiopharm 400 mg), einem Schmerzmittel gegen entzündungsbedingte Beschwerden wie Gelenk- oder Zahnschmerzen. Sie erreicht einen LIX-Wert von 53,68. Fast die Hälfte der Wörter sind lang (mehr als sechs Buchstaben), und auch die durchschnittliche Satzlänge ist mit 8,14 Wörtern überdurchschnittlich hoch.

Auf Platz zwei folgt das Medikament Thyronajod 75 Henning (ein Kombinationspräparat zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen) mit einem LIX-Wert von 51,43. Weitere komplizierte Beipackzettel betreffen unter anderem

Es geht aber auch anders: Besonders verständlich sind laut Analyse die Beipackzettel von Allopurinol Indoco, Candecor und Candesartan – 1 A Pharma. Die Beilage von Allopurinol Indoco hat einen LIX-Wert von nur 41,41 – bei einer durchschnittlichen Satzlänge von 4,68 Wörtern. Auch der Anteil langer Wörter liegt mit 36,7 Prozent deutlich unter dem Durchschnitt. Diese klare Sprache hilft vor allem älteren oder chronisch kranken Patienten, die besonders auf gute Verständlichkeit angewiesen sind.

Neben der Sprache spielt auch der Umfang eine Rolle. So umfasst die Beilage des Herz-Kreislauf-Medikaments Eliquis volle 13.902 Wörter, die des Diabetesmittels Jardiance immerhin 13.031. Andere, wie die des Blutdruckmittels Amlodipin Dexcel, begnügen sich mit rund 1.100 Wörtern. Das ist ein Unterschied um mehr als das Zehnfache – und kann entscheidend dafür sein, ob Patienten eine Beilage überhaupt lesen.

Das Problem ist: Verstehen Patienten den Beipackzettel ihres Medikaments nicht, kann das zu einer falschen Einnahme und potenziellen Gesundheitsrisiken führen. Im Gegensatz dazu könnten einfach formulierte Informationen dazu beitragen, das Vertrauen in die Therapie zu stärken und letztlich auch Behandlungserfolge verbessern, erklärt Martin Schulze, Apotheker und Leiter der pharmazeutischen Kundenberatung bei mycare.de.

Vielen Patienten wäre bereits geholfen, wenn die Schrift größer wäre oder es farbliche Hervorhebungen gäbe. Und: Verständliche Sprache in der Arzneimittelkommunikation sollte keine Ausnahme, sondern Standard sein.