WM | Pfannenstiel: “Ab der K.-o.-Phase werden die Stadien voll sein”

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Die Vorrunde der Klub-WM ist vorbei. Hitze, Unwetter und zahlreiche leere Plätze haben die Schlagzeilen bestimmt. Ein Ex-Bundesliga-Manager und USA-Experte zieht Bilanz.

Gigantische Stadien, horrende Preisgelder und jede Menge Glamour – der Weltverband Fifa wollte mit der umgestalteten Klub-WM einen neuen Goldstandard im Fußball setzen. Nach der Vorrunde des nun 32 Teams umfassenden Wettbewerbs haben aber vor allem Wetterkapriolen sowie Hunderttausende leere Sitzschalen die weltweiten Schlagzeilen bestimmt.

Der Gipfel war diesbezüglich das Vorrundenduell des argentinischen Topklubs River Plate mit den Urawa Red Diamonds aus Japan. Während sich beide Fangruppen direkt hinter den Toren die Seele aus dem Leib schrien, herrschte im Rest des Stadions vor allem eines: gähnende Leere. Nur knapp 12.000 Zuschauer fanden den Weg ins avantgardistisch anmutende Lumen Field, der gigantischen Arena im Herzen von Seattle. Beinahe 60.000 Plätze des Stadions, das sonst vor allem durch American Football bekannt ist, blieben frei.

Derartige Bilder sorgten besonders in Europa für Spott und Zweifel daran, ob die vermeintlich so stark gestiegene Begeisterung der Amerikaner für “Soccer” zwei Jahre vor Ausrichtung der Weltmeisterschaft wirklich echt ist. Lutz Pfannenstiel hat dazu eine klare Meinung. “Ich sehe das relativ entspannt. Die Gruppenphase ist eher ein Vorgeplänkel, und bei den Spielen der großen Mannschaften wie Bayern, ManCity oder Real – und auch bei den Südamerikanern – war schon viel los in den Stadien”, erklärt der 52-Jährige t-online.

Er beobachtet die Entwicklung des Fußballs in den USA aus nächster Nähe, ist seit knapp fünf Jahren Sportdirektor des St. Louis City SC aus der dortigen Major League Soccer (MLS). Pfannenstiel sagt zu spärlich besetzten Tribünen bei einigen Klub-WM-Partien, vornehmlich in großen Stadien mit über 80.000 Plätzen: “Wenn der Oberrang mal unbesetzt war, hat das nichts mit der generell großen Begeisterung der Amerikaner für Fußball zu tun.” Seine Prognose: “Spätestens ab der K.-o.-Phase werden die Stadien voll sein.”

Dafür zieht der ehemalige Torhüter unter anderem die Zuschauerstatistik seines eigenen Teams heran: Seit dem Einstieg in die MLS im Jahr 2023 ist jedes Heimspiel in der Liga ausverkauft. Allerdings hat der Energizer Park auch nur 22.500 Plätze.

Für das insgesamt überschaubare Zuschauerinteresse an der Klub-WM – sieben von elf Stadien bewegen sich im Bereich von 50 Prozent Auslastung und weniger – macht Pfannenstiel einen anderen Faktor verantwortlich. “Momentan haben wir ein Überangebot an Fußball in den USA”, erklärt der ehemalige Bundesliga-Manager, der von 2018 bis 2020 bei Fortuna Düsseldorf arbeitete.

Parallel zur Klub-WM läuft der Ligabetrieb der MLS weiter. Zudem wird seit Anfang Juni der Gold Cup – das nord- und mittelamerikanische Äquivalent zur Europameisterschaft – in den USA ausgespielt. Mit dabei sind mit den US-Boys, Kanada und Mexiko die Gastgeber der kommenden WM.

Übertragen auf Deutschland wäre das so, als ob die Bundesliga parallel zu einer Klub-WM weiterspielen würde – und das Land außerdem Gastgeber einer ebenfalls parallel laufenden Europameisterschaft wäre. In einer Nation, in der Fußball die Sportart Nummer eins ist, wäre das ein nahezu unvorstellbares Szenario.

Auch wenn die Sportlandschaft in den USA deutlich fragmentierter ist, konstatiert Pfannenstiel: “Alle Wettbewerbe haben ihre Berechtigung, nur müsste man das besser aufteilen – wobei das natürlich schwierig ist. Der Gold Cup ist wie die EM für Nationalteams eine sehr große Sache; die MLS läuft von Februar bis Dezember, ist also sehr lang, und entsprechend müssen die Spiele terminlich durchgedrückt werden; und die Klub-WM ist der Testlauf für die WM im kommenden Jahr.”