Streit über annullierte Wahl blockiert Regierungsbildung

20

Der amtierende rumänische Präsident, Klaus Johannis, hat als erster Vertreter seines Landes Russland direkt für die Beeinflussung der nach der ersten Wahlrunde annullierten Präsidentschaftswahl verantwortlich gemacht. „Die vielfältigen Aktionen dieser Art können nicht von einzelnen Akteuren, einer Gruppe oder einer Partei ausgeführt werden. Sie erfordern staatliche Ressourcen. Diese Verhaltensmuster sind im Dienstleistungsbereich bekannt, und man weiß, wer auf diese Weise handelt. In diesem Fall war es Russland“, sagte Johannis über die massive Cyberkampagne zugunsten des Rechtsradikalen Călin Georgescu, der die annullierte erste Runde überraschend gewonnen hatte.

Auch wenn Fachleute eine russische Urheberschaft der teuren Kampagne über soziale Medien wie Tiktok für plausibel halten: Seit der Entscheidung des Verfassungsgerichts vor zwei Wochen lieferte Bukarest bislang keine Erklärung, wer hinter der ausländischen Einmischung stehen soll. Nun erklärte Johannis während einer Pressekonferenz am Mittwochabend in Brüssel, auf diplomatischer Ebene sei es „äußerst kompliziert, mit dem Finger zu zeigen und zu sagen: Sie waren es.“

Liberale fordern sofortiges Amtsende von Johannis

Auf die Frage, warum trotz länger vorliegender Geheimdiensterkenntnisse über russisches Interesse nicht früher gehandelt worden sei, antwortete der Präsident, die Dienste dürften keine eigenen Politiker ausspionieren. Sonst lande man wieder dort, wo man „vor 1989“ gewesen sei. Johannis erklärte außerdem, die rumänische Wahlbehörde habe Tiktok während des Moratoriums am Wahlwochenende aufgefordert, die Kampagne für Georgescu zu stoppen. Die chinesische Plattform habe diese Aufforderung jedoch ignoriert. Vor Beginn des Europäischen Rats forderte der rumänische Präsident ein koordiniertes Vorgehen gegen hybride Angriffe, da „kein Land diese Probleme allein lösen kann“.

Johannis verteidigte zudem sein Vorhaben, bis zu einer Wiederholungswahl im Frühling 2025 im Amt zu bleiben, als von der Verfassung gedeckt. Der Streit über das Ende von Johannis’ Amtszeit ist eng mit der Regierungsbildung nach der Parlamentswahl am 1. Dezember verbunden. Die proeuropäische Antikorruptionspartei USR, deren Vorsitzende Elena Lasconi mit Georgescu in der Stichwahl um das Präsidentenamt stehen sollte, forderte als eine Bedingung für die Regierungsteilnahme den Abtritt von Johannis zum regulären Ende seiner Amtszeit an diesem Samstag.

Drücken sich Parteien um Regierungsverantwortung?

Am Donnerstag kam es in der Regierungsbildung zu einem noch drastischeren Rückschlag. So erklärte der amtierende Ministerpräsident, Marcel Ciolacu, von der postkommunistischen sozialdemokratischen Partei PSD, auf die abermalige Führung einer Regierung zu verzichten. „Sie können nichts mit sogenannten Partnern machen, die es ‚satt‘ haben, mit Ihnen am Tisch zu sitzen und die das Gefühl haben, sich (durch die Zusammenarbeit mit der PSD, d. Red.) ‚schmutzig‘ zu machen“, schrieb Ciolacu auf Facebook.

Noch am Mittwoch wurde damit gerechnet, dass Ciolacu notfalls ohne die USR mit der einst von Johannis geführten PNL, der Ungarnpartei UDMR und Abgeordneten der nationalen Minderheiten eine nach eigener Aussage „proeuropäische“ Regierung bildet. Nun gab der bisherige Regierungschef den Versuch auf, ein solches Bündnis mit knapper Mehrheit zu schmieden, und erklärte, stattdessen einer „rechtsgerichteten Regierung“ ins Amt zu verhelfen.

Das würde eine Minderheitsregierung der EVP-Mitgliedsparteien PNL und UDMR und der liberalen USR implizieren. Ob die USR, die als Bedingung auch die Reform des seit Längerem als PSD- und PNL-nah geltenden Verfassungsgerichts nannte, dabei Hand bietet, blieb bislang offen. Beobachter vermuten, angesichts nötiger Entscheidungen zum Sparen sei die Übernahme von Regierungsverantwortung derzeit nicht attraktiv.