Senkung der Stromsteuer ist nicht vom Tisch

9

Die Koalition aus Union und SPD diskutiert weiter über die Senkung der Strompreise. Die Frage, ob die Stromsteuer über das produzierende Gewerbe hinaus für alle Verbraucher auf das europäische Mindestmaß reduziert werden soll, stehe auf der Agenda des nächsten Koalitionsausschusses, heißt es aus Regierungskreisen. Demnach soll am Mittwoch besprochen werden, ob andere Ausgaben im Haushalt verzichtbar sind, um Spielraum für weitere Entlastungen bei den Energiepreisen zu schaffen. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) dämpfte jedoch die Erwartungen: „Wenn wir mehr machen könnten, würden wir mehr machen, aber wir müssen auch einen Blick auf den Bundeshaushalt haben“, sagte er in einem Video auf der Online-Plattform Instagram.

Entgegen der Ankündigung im Koalitionsvertrag ist im Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 bislang nur eine Verlängerung der Vergünstigung für das produzierende Gewerbe vorgesehen. Diese kostet den Bund in diesem Jahr 3,7 Milliarden Euro. An Einnahmen aus der Stromsteuer sind 5,9 Milliarden Euro veranschlagt – die großteils wegfallen würden, wenn die Stromsteuer für alle Verbraucher deutlich gesenkt würde.

DSGVO Platzhalter

Das Aufschieben der Stromsteuersenkung hatte heftige Kritik von Wirtschaftsverbänden, aber auch von Klimaschützern hervorgerufen. Die eigentlich geplante Senkung um 1,95 Cent je Kilowattstunde hätte für einen durchschnittlichen Haushalt zu einer jährlichen Entlastung von knapp 50 Euro netto geführt. Mit 2,05 Cent je Kilowattstunde werde der für die Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors dringend benötigte Strom weiterhin deutlich höher besteuert als fossiles Gas, auf welches 0,55 Cent Steuern fällig würden, kritisierte der Energiekonzern Eon .

In der Aufregung der vergangenen Tage ging jedoch fast ein wenig unter, dass die schwarz-rote Koalition eine andere Entlastung bei den Strompreisen plant: Die Netzentgelte sollen durch einen staatlichen Zuschuss sinken. „Ab 2026 planen wir eine spürbare Absenkung der Übertragungsnetzentgelte“, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium von Katherina Reiche (CDU). Einen solchen Zuschuss hatte auch die Ampel schon einmal geplant; musste ihn nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) allerdings wieder streichen. Auch nun ist eine Finanzierung über den KTF mit rund 6,5 Milliarden Euro jährlich vorgesehen. Der Fonds speist sich aus den Einnahmen aus der CO2-Bepreisung und jetzt auch mit jährlich zehn Milliarden Euro aus dem neu geschaffenen Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz. Am 30. Juli will das Kabinett die Eckwerte für die Haushaltsplanung 2026 beschließen.

Wie lassen sich die Kosten der Energiewende senken?

Der Entlastungsbedarf bei den Netzentgelten könnte in den kommenden Jahren noch steigen. Die Denkfabrik Agora Energiewende geht davon aus, dass bis zum Jahr 2045 Zuschüsse von 197 Milliarden Euro nötig sind. Grund ist, dass der für die Energiewende erforderliche Netzausbau immer teurer wird. Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber planen mit Investitionen in Höhe von 560 Milliarden Euro bis 2045, der Großteil davon im kommenden Jahrzehnt. Schon innerhalb der kommenden zehn Jahre könnten die Netzentgelte der Verbraucher laut Agora-Berechnungen um bis zu 30 Prozent steigen.

Zur Senkung der Maßnahmen schlägt Agora in einem Papier, welches der F.A.Z. vorliegt, drei Maßnahmen vor: Wo immer möglich, sollten ab dem Jahr 2030 Freileitungen statt Erdkabel installiert werden. Der Bund könnte sich zudem über einen Infrastrukturfonds an den vier Übertragungsnetzbetreibern beteiligen, um die Finanzierungskosten zu senken. Und schließlich wird die Einführung dynamischer Netzentgelte für flexible Verbraucher gefordert, um die Netze zu entlasten. Diese wäre eine Art Weiterentwicklung der zeitvariablen Netzentgelte, für die sich flexible Verbraucher sogenannter steuerbarer Verbrauchseinrichtungen schon heute entscheiden können und dafür finanziell belohnt werden.

Mit dem vorgeschlagenen Maßnahmenpaket ließen sich die geplanten staatlichen Zuschüsse um bis zu 80 Prozent senken und die netzbezogenen Kosten auf der Stromrechnung auf dem heutigen Niveau halten, rechnet Agora vor. Diese betragen für Haushalte aktuell im Schnitt 35 Prozent des Strompreises beziehungsweise 13 Cent je Kilowattstunde, für einen beispielhaften Industriekunden 5 Cent. Dazu gehören neben den eigentlichen Netzentgelten auch die Offshore-Umlage sowie der Aufschlag für besondere Netznutzung.