Warum der Durchbruch noch ausbleibt

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Um Luftverkehr klimafreundlicher als bisher zu betreiben, muss möglichst schnell mehr nachhaltiges, nicht aus Erdöl hergestelltes Kerosin produziert werden. In der EU sind daher Fluggesellschaften seit Anfang des Jahres dazu verpflichtet, mindestens zwei Prozent ihres Bedarfes mit dieser Art von nachhaltigem Kerosin, dem sogenannten Sustainable Aviation Fuel (SAF), zu decken. Eine gute Nachricht aus dem jüngsten SAF-Report des am Frankfurter Flughafen beheimateten hessischen Kompetenzzen­trums für Klima- und Lärmschutz im Luftverkehr (CENA): Nicht nur diese erste SAF-Quote der EU von zwei Prozent im laufenden Jahr ist voraussichtlich erfüllbar, sondern im Grunde auch die von der EU vorgegebene Steigerung auf sechs Prozent Beimischungsquote von 2030 an.

Allerdings fordert die EU zugleich, dass von 2030 an mindestens 1,2 Prozent des genutzten SAF sogenanntes E-Fuel sein muss. Das wird rein synthetisch hergestellt und ist nahezu zu 100 Prozent CO2-frei. Das auf Biomasse basierende SAF reduziert die CO2-Emissionen im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin nur um rund 80 Prozent. Das Problem ist allerdings, dass der mithilfe von Solarstrom aus Wasserstoff und Kohlendioxid hergestellte E-Sprit bisher nur in homöopathischen Dosen verfügbar und noch dazu rund zehnmal so teuer wie herkömmliches Kerosin ist. Daher stellt die CENA-Studie im Resümee fest, dass diese E-Fuel-Vorgabe der EU für die Airlines und die Treibstoffanbieter von 1,2 Prozent mit den derzeitigen weltweiten Kapazitäten nicht realisierbar ist. Zu diesem Schluss sind zuvor auch Airlines wie die Lufthansa gekommen und mahnen die EU, keine solchen unerfüllbaren Quoten vorzugeben.

Politik sollte Risiken für Unternehmen reduzieren

Langfristig führt allerdings für die Luftfahrt kein Weg an diesem E-Fuel vorbei, von dem etwa die Ineratec aus Karlsruhe im Frankfurter Industriepark ­Hoechst jährlich rund 2500 Tonnen produzieren will. Hält man sich allerdings vor Augen, dass allein am Frankfurter Flughafen etwa 15.000 Tonnen Kerosin am Tag in die Flugzeugtanks gepumpt werden, wird klar, wie gering diese Menge ist. Auch der im CENA-Ausblick berechnete Bedarf an SAF in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zeigt, dass die Produktion vor allem von CO2-neutralem E-Fuel nicht schnell genug hochfährt: Allein für Europa haben die Autoren der Studie einen SAF-Bedarf von 3,1 Millionen Tonnen im Jahr 2030 errechnet. Im Jahr 2040 ist demzufolge mit einem Bedarf von 20 Millionen Tonnen zu rechnen. 2050 könnte sich der Bedarf bereits bei rund 48,4 Millionen Tonnen bewegen, wenn die zugrunde gelegten Wachstumsprognosen der Studie eintreten.

Diese basieren auf einem angenommenen Kerosinverbrauch im Jahr 2024, der dem des Verbrauchs im letzten Vor-Corona-Jahres 2019 in der EU entspricht. Dazu geht die Studie von einem durchschnittlichen Wachstum des Luftverkehrs von 1,5 Prozent aus. Ungeachtet des Rückstands bei E-Fuels ist SAF von entscheidender Bedeutung für die Luftfahrt und damit auch für den Luftverkehrsstandort Hessen im Bemühen, von 2050 an klimaneutral zu fliegen.

Im Ausblick hält die Studie der CENA einen Luftverkehr ohne fossiles Kerosin für machbar, allerdings nur dann, wenn die Produktion im industriellen Maßstab weiter zunimmt und auch bei E-Fuels gelingt. Dabei werde aber zunächst der nachhaltige Treibstoff auf der Basis biogener Masse die entscheidende Rolle spielen. Weil aber auch Bioabfälle nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, müsse auch der Markthochlauf von E-Fuel gelingen. Der sei aber nur zu erreichen, wenn die Politik die Risiken für Unternehmen reduziere, die als „first mover“ den Schritt zur Großproduktion wagen. Beimischungsquoten, wie sie die EU vorgebe, reichten dazu nicht aus. Derzeit stehen Kosten von rund 7695 Euro je Tonne E-Fuel 734 Euro für eine Tonne fossilen Kerosins gegenüber.