Klimawandel
Was Hitze mit uns Menschen macht
Aktualisiert am 01.07.2025 – 05:00 UhrLesedauer: 4 Min.

Schlaflose Nächte, Kreislaufprobleme, höhere Aggressivität: Wie Hitzewellen Körper, Psyche und sogar ganze Volkswirtschaften belasten.
Die Hitze hat Deutschland in diesen Tagen fest im Griff. Bei fast 40 Grad, wie sie in dieser Woche unter anderem im Westen und Südwesten erwartet werden, ist Vorsicht geboten. Besonders für bestimmte Menschen können die Temperaturen lebensbedrohliche Folgen haben. Mit zunehmender Erderwärmung werden solche Hitzewellen häufiger und intensiver – und die Risiken größer.
Hitze bedeutet für den menschlichen Körper Schwerstarbeit. Denn der Organismus ist bemüht, seine Temperatur konstant um die 37 Grad zu halten, denn dann arbeiten die meisten Zellen, Proteine und das Immunsystem optimal. Bei extremen Schwankungen sind solche Prozesse gestört. Steigt die menschliche Körpertemperatur über 42 Grad oder sinkt sie unter 32 Grad, kann das tödlich sein.
Eine Faustregel heißt: Gefährlich wird es, wenn der Körper unter bestimmten Bedingungen mehr Wärme aufnimmt, als er wieder abgeben kann. Denn dann gerät die Körpertemperatur außer Kontrolle und steigt rasch an. Diese Grenze ist sehr individuell und hängt mit Lebensalter, Gesundheitszustand, Aktivität und Gewöhnung zusammen. Bei über 30 Grad hat der Körper vieler Mitteleuropäer deutlich mehr Stress, sich selbst wieder zu kühlen, als bei niedrigeren Temperaturen.
Das Herz-Kreislauf-System ist bei Hitze stark belastet. Menschen mit chronischen Vorerkrankungen in diesem Bereich sollten deshalb besonders vorsichtig sein. Mit steigendem Lebensalter verlangsamt sich die Regulierung der Körpertemperatur und es gibt weniger Schweißdrüsen – die körpereigene Klimaanlage funktioniert also schlechter.
Da ältere Menschen außerdem seltener Durst verspüren, besteht die Gefahr, dass sie austrocknen. Schon ein bis zwei Prozent zu wenig Wasser im Körper können nach Angaben des Malteser-Hilfsdienstes zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Schwindel führen. Auch bei Babys und Kleinkindern ist Flüssigkeitsmangel ein Risiko und die Schweißproduktion geringer.

Gerät die Schwitz-Kapazität des Körpers an Grenzen, kommt es zum Wärmestau: Die Körpertemperatur steigt schnell – oft innerhalb von 10 bis 15 Minuten – auf über 40 Grad oder mehr. In der Folge schwillt das Gehirn an und es kommt zu Kopfweh, Bewusstseinsveränderungen oder Bewusstlosigkeit – ein Fall für den Rettungsdienst.
Bei einem Hitzekollaps wiederum kommt es zu einem Abfall des Blutdrucks. Die Folge ist eine verminderte Gehirndurchblutung, die von einem Schwächegefühl über Übelkeit und Schwindel bis zur Bewusstlosigkeit führen kann. Auch das ist ein Notfall.
Laut Deutscher Gesellschaft für Neurologie (DGN) erhöht Hitze auch das Risiko für neurologische Erkrankungen. Eine im “European Heart Journal” veröffentlichte Studie deutscher Neurologen kommt zu dem Schluss, dass aufgrund zunehmender nächtlicher Hitze das Schlaganfallrisiko signifikant gestiegen ist.
Ja. In den Jahren 2023 und 2024 sind nach Schätzung des Umweltbundesamts und des Robert Koch-Instituts mutmaßlich jeweils etwa 3.000 Menschen hitzebedingt gestorben – vor allem Menschen über 75 Jahren mit Vorerkrankungen wie Demenz, Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen.
Bleibt es über mehrere Tage in Folge heiß, ohne nächtliche Abkühlung, steigt die Sterblichkeit dem Umweltbundesamt zufolge weiter an und erreicht ein nach etwa drei bis vier Tagen gleichbleibend hohes Niveau.
Fallen die Temperaturen auch nachts nicht unter 20 Grad, spricht man von tropischen Nächten. Weil der Körper sich nicht ausreichend von der Hitze erholen kann, sind oft Schlafstörungen die Folge – und die wiederum können psychische und geistige Folgen haben.
Hitze kann aggressiver machen – was wiederum Konflikte verstärkt. Eine japanisch-südkoreanische Studie – veröffentlicht im Yale Journal of Biology and Medicine – kommt zu dem Schluss, dass das Risiko für Todesfälle durch Übergriffe pro Grad Anstieg der Umgebungstemperatur um 1,4 Prozent ansteigt.