Es mag eine reichlich weltfremde Vorstellung sein, dass das Priestertum nach dem Verständnis der römisch-katholischen Kirche als eine „Ganzhingabe“ nicht nur in der Zölibatsverpflichtung seinen Ausdruck findet, sondern auch darin, dass zwischen dienstlichem Tun und privater Lebensführung nicht zu unterscheiden sei. So aber wird in der Theologie gelehrt und im Recht der Kirche kodizifiert.
Wenn nun das Kölner Landgericht der Auffassung ist, dass schwerste sexuelle Gewalt durch einen kirchlichen Amtsträger der Institution nicht zuzurechnen sei, dann mag dies als Ergebnis einer „objektiven Betrachtung“ wohl durchgehen.
Hoffnung auf eine höchstrichterliche Korrektur
Doch hat das Erzbistum zur Abwehr von Haftungsansprüchen eine Position vorgetragen, die in krassem Widerspruch zu seinem Selbstverständnis als Insititution steht – einem Selbstverständnis, von dem es gegenüber dem Staat und der Gesellschaft unter Berufung auf das grundgesetzlich geschützte Selbstbestimmungsrecht der Kirche weidlich Gebrauch macht. Das Arbeitsrecht oder auch der Versuch des Kölner Erzbischofs Rainer Maria Kardinal Woelki, die Priesterausbildung konkordatswidrig an eine kirchliche Hochschule zu verlagern, lassen grüßen.
Von einer Justiz wie der 5. Zivilkammer des Kölner Landgerichts haben Betroffene offenkundig nichts zu erwarten. Andere Kammern an anderen Gerichten haben in anderen, aber womöglich vergleichbaren Fällen anders entschieden. Daher bleibt nur der Gang in die Revision und die Hoffnung auf eine am Ende höchstrichterliche Entscheidung über die Einschlägigkeit von Amtshaftungsansprüchen.
Doch bis dahin dürften noch Jahre ins Land gehen – wenn überhaupt. Was bleibt, ist die Kaltschnäuzigkeit der Kirche, die je nach Gefahr die Argumentation wechselt wie ein Chamäleon die Farbe.